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Der Hyundai i20 sieht schneller aus, als er (mit dem 100-PS-Motor) ist

Verhalten optimistisch

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Angesichts guten Raumnutzung für Gepäck und Passagiere, der hohen Qualität bei Materialien und Interieurgestaltung sowie dem deutlich verbesserten Karosseriedesign kann Hyundai beim i20 optimistisch bleiben - höchstens gebremst vom verhaltenen Temperament des 1,4-Liter-Ottomotors

Malaga (Spanien), 20. November 2014 – Im B-Segment zählen Preis und Nutzwert viel, Image wenig. Dennoch ist Design auch für Kleinwagen ein wichtiger Kaufgrund. Deshalb hat Hyundai die Optik beim neuen i20 deutlich verändert und verkauft ab Dezember optimistisch die ersten Exemplare der zweiten i20-Generation. Kann der neue Kleinwagen auch mit dem etwas verhaltenen, da nicht aufgeladenen Motor noch einen Stich gegen die wortsinn druckvolle Konkurrenz machen – oder lohnt sich vielleicht das Warten auf die bald kommenden Antriebe mit Abgasturbinen-Verdichter?

Mit 4,04 Meter ist das Auto sieben Zentimeter länger als der Klassenbestseller VW Polo, der für den Innenraum entscheidende Radstand ist sogar zehn Zentimeter länger. So bietet der Hyundai viel Platz für diese Klasse: 326 bis 1042 Liter Kofferraum sind deutlich mehr als beim Polo. Nach dem Umklappen der Rücksitze ergibt sich eine fast ebene und vor allem stufenlose Ladefläche. Auch im Fond ist viel Platz, vor allem vor den Knien bleibt mehr Raum als in Kleinwagen üblich. Ach ja, und vier Türen sind Serie – auch nicht selbstverständlich.

Adieu Tristesse. Sogar ein Schiebedach gibt es

In puncto Nutzwert darf man Hyundai also ebenfalls ein Kompliment machen. Und gleich noch eines obendrauf: Das Cockpit sieht gut aus, die Materialien befriedigen durchgehend. Ab der gehobenen Ausstattung Trend kann man das serienmäßige "Comfort Gray" – ein Schwarzton – aufpreislos gegen Braun, Beige oder Graublau austauschen: Adieu Tristesse. iPhones und Samsung-Galaxy-Handys kann man in eine optionale, Strom führende Halterung auf dem Armaturenbrett einklipsen und zur Navigation nutzen. Wermutstropfen: Die Halterung gehört zur gehobenen Ausstattung. Das Gleiche gilt auch für das schöne, große Glasschiebedach. Es ist außerdem nur im Paket verfügbar und das kostet volle 2000 Euro. Und auch die Hightech-Ausstattungen – es gibt deutlich weniger als beim Polo oder gar beim neuen Mazda 2 – sind meist nur für die höheren Versionen verfügbar.

Ein nicht aufgeladener 1,2-Liter-Ottomotor wird in zwei Leistungsstufen mit 75 und 84 PS angeboten. Darüber hinaus gibt es einen neu entwickelten 1,4-Liter-Ottomotor ohne Aufladung mit 100 PS und zwei Diesel mit Abgasturboaufladung mit 75 oder 90 PS. Wir wählten den 1,4-Liter-Ottomotor und stellen fest: Schaltarbeit am angenehm zu bedienenden Sechsgang-Getriebe ist unbedingt erforderlich, ein Temperamentsbolzen ist der Motor nämlich nicht. Am Fahrzeuggewicht kann's nicht liegen, denn mit 1135 Kilo ist der i20 1.4 exakt so schwer wie der Polo 1.2 TSI. Vielmehr muss er sich im Fahrgefühl (unfairerweise) mit dem 1.2 TSI mit 110 PS aus dem Polo messen, der dank Turbolader deutlich bessere Fahrleistungen, und vor allem viel mehr Fahrspaß bietet. 175 Nm Drehmoment bietet der 1.2 TSI, beim Hyundai i20 sind es nur 134 Nm. Da bleibt als Trost nur, dass am Hyundai mangels Lader theoretisch auch weniger kaputtgehen kann.

Weniger Leistung bedeutet aber nicht mehr Zurückhaltung – jedenfalls auf dem Papier. Im Datenblatt stehen 5,5 Liter, beim Polo 1.2 TSI sind es nur 4,8 Liter je 100 Kilometer. Im Zyklus macht sich sicher auch das Fehlen einer Stopp-Start-Automatik bemerkbar. Die gibt es im i20 nur in den blue-Versionen des 1.2 und des 1.1 CRDi. Immerhin gibt es Aussicht auf Besserung: 2015 will Hyundai dem i20 einen Dreizylinder-Turbo mit wahlweise 100 oder 120 PS spendieren. Der performt hoffentlich besser und verbraucht weniger. Für das erste Halbjahr 2015 ist zudem eine zweitürige Version des i20 zu erwarten, und Ende des Jahres eine weitere Variante – ob es sich um einen Kombi handeln wird, verrät Hyundai noch nicht.

Fast schon sportlich

Zum uninspirierten Antritt des i20 passt die eher indirekte Lenkung. Die Lenkunterstützung ist hier anders als beim größeren i30 [1] nicht einstellbar. Das Fahrwerk gibt sich dagegen fast schon sportlich-straff, der i20 bleibt von Kurven ziemlich unbeeindruckt.

Abgesehen vom verhaltenen Fahrspaß gibt es rationale Argumente, die für einen i20 sprechen, das Preis-Leistungs-Verhältnis etwa. Man sollte ja nicht vergessen, dass der Motor nur im Vergleich so müde wirkt und Fahrspaß außerdem für viele potenzielle Kunden ein niederrangiges Kriterium ist. Nur 11.950 Euro kostet die viertürige 75-PS-Version mit elektrischen Fensterhebern vorn, Zentralverriegelung ohne Fernbedienung, weißer Karosserie und nichts darüber hinaus. Für einen vergleichbaren, aber nur zweitürigen Polo zahlt man schon 13.425 Euro. Erst als "Classic" erreicht er in der Ausstattung ein zeitgemäßes Niveau mit Klimaanlage, Radio und ein paar Dingen mehr. Dann geht es aber erst bei 13.450 Euro los. Der gefahrene i20 1.4 in der Version Trend ist für unseren Geschmack schon zu üppig ausgestattet und kostet 15.750 Euro. Zum Vergleich: Ein Polo 1.2 TSI mit 110 PS gibt es nur in Topausstattung – für 17.925 Euro.

Anreise, Verpflegung und Probefahrt gingen auf Kosten des Herstellers


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https://www.heise.de/-2460941

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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Basisangebot-Hyundai-i30-1-4-im-Fahrbericht-1793565.html