Test: Opel Grandland X

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Der Opel Grandland X war gewissermaßen ein Vorbote. Nicht etwa, weil an irgendeiner Stelle herausragend innovativ ist, sondern weil er in Zusammenarbeit mit PSA entstand, bevor die Franzosen Opel im vergangenen Jahr übernahmen. Im Test erwies er sich als braver Alltagsbegleiter, sieht man einmal von einem Umstand ab. Doch der lässt sich einfach umgehen.

Ohne Allrad

Der Grandland X ist ähnlich lang wie ein VW Tiguan und damit größer als ein Peugeot 3008 und kleiner als ein 5008. Mit beiden teilt er sich die Plattform, womit eines klar ist: Es handelt sich um einen Modeartikel, der wie viele Konkurrenten eine Tauglichkeit für unbefestigte Wege andeutet, aber nicht einmal Allradantrieb bietet. Das wird sich auf dieser Plattform erst ändern, wenn ein E-Motor die Hinterachse antreibt. Ob und wenn ja wann der Opel mit dieser Option angeboten wird, steht nicht fest. Vorläufig bleibt es beim Frontantrieb, was der anvisierten Kundschaft in den meisten Fällen wohl reichen wird. Sie wählen ein solches Modell meist vermutlich auch, um einfacher einsteigen zu können. Ich bin kein Fan dieses Formats, habe aber auch schon schlechtere Argumente für eine Autowahl gehört.

Angeboten wird der Grandland X derzeit mit drei Motoren: Einem Benziner mit 130 PS, den es mit Schaltgetriebe und Sechsgang-Automatik gibt. In letzterer Konfiguration erfüllte der Grandland X zum Testzeitpunkt nur die Abgasnorm Euro 6b, alle anderen Motoren die Euro 6d-TEMP. Die beiden Dieselmotoren erfüllen diese Norm schon. Der 1,5-Liter leistet 130 PS und bietet 300 Nm, der Zweiliter 177 PS und 400 Nm. Der kleine Diesel wird wahlweise mit Schaltgetriebe oder Achtgang-Automatik verkauft, der große nur mit der Automatik. Letzterer stand uns zur Verfügung.

Leichtes Spiel

Der 177-PS-Diesel hat mit dem Grandland wie erwartet sehr leichtes Spiel, obwohl er erheblich schwerer ist als der Benziner. Mehr als 200 Kilogramm trennen die beiden, was nicht nur an Motor und Getriebe liegt, sondern auch daran, dass Opel den großen Diesel an eine der beiden teuersten Ausstattungen koppelt, die dann eine Menge Schnickschnack mitbringen. Der elastische Bereich ist groß, die Schaltstrategie der Automatik kommt der Charakteristik zusätzlich entgegen. Mit 9,1 Sekunden im Standardsprint und einer Höchstgeschwindigkeit von 214 km/h deuten bereits die Werksangaben darauf hin, dass das SUV mit dieser Maschine sehr gut bestückt ist. Das zeigt sich auch im Alltag, in dem der Testwagen eine sehr agilen Eindruck hinterließ. Allerdings stößt hin und wieder die Traktion an ihre Grenzen.

Mit der Achtgang-Automatik waren indes nicht alle Fahrer zufrieden. Wer den Grandland X eher ruhig bewegt, wird wenig bis nichts am Getriebe auszusetzen haben. Soll es schneller gehen, braucht es hin und wieder einen Moment, um die richtige Übersetzung zu finden. Das ist nicht dramatisch schlecht, geht aber noch besser. Noch etwas mehr geht auch beim Thema Geräuschdämmung. Der Grandland X ist zwar nicht wirklich laut, ein VW Tiguan allerdings leiser.

Opel verspricht im WLTP Werte zwischen 4,8 und 4,9 Litern, je nach Reifenformat. Wir kamen mit einer 235/50 R19-Bereifung auf minimal 5,4 Liter. Im Schnitt waren es bei uns 6,7 Liter und damit mehr, als wir mit einem Audi Q5 mit 190-PS-TDI verbraucht haben. Allerdings verleitete der Grandland X durch sein handlicheres Format viele Fahrer auch eher zu einer flotten Fahrweise. Das scheint nicht nur vielen Fahrern in unserer Redaktion so zu gehen: Der Langzeitzähler zeigte beim Start unseres Tests 7,1 Liter an.

TMC

Die Zusammenarbeit mit PSA wird oberflächlich nicht sichtbar, im Detail allerdings schon. Äußerlich gleicht beispielsweise das Infotainmentsystem dem in anderen Opel-Modellen, doch das Navi gleicht dem aus PSA-Fahrzeugen. Ich finde die Opel-Lösung, wie sie beispielsweise im Astra verbaut ist, intuitiver zu bedienen, letztlich wird man sich bei längerem Gebrauch auch mit dem TomTom-Aufsatz zurechtfinden. Dass dieses Verkehrsdaten via TMC bezieht, wirkt etwa so attraktiv wie das Angebot an einen iPhone-Besitzer, alternativ auch eine Telefonzelle nutzen zu dürfen. Zumal der Naviaufsatz immerhin 890 Euro kostet.

Da das serienmäßige Radio R 4.0 IntelliLink bereits Android Auto und Apple CarPlay bietet, kann die Frage, wo man sparen kann, sehr einfach beantwortet werden: Das große Navi ist sein Geld ebenso wenig wert wie das Soundsystem von Denon. Letzteres tönt ähnlich edel wie das namenlose HiFi-System, mit dem BMW in der Vergangenheit jene Käufer strafte, die sich auf die euphemistischen Beschreibungen des Herstellers verlassen hatten: nämlich gar nicht. Wer sich die 1650 Euro für Navi und Soundsystem spart, fährt nachher nicht schlechter.

Unübersichtlich

Auch der Bordcomputer verlangt etwas Geduld, bis man hinter die Bedien-Logik gekommen ist. Dann wirkt es so, als wenn sich – entgegen des ersten Eindrucks – doch jemand etwas bei der Programmierung gedacht hat. Auf manch einen mag das Kombiinstrument mit Rundinstrumenten angesichts der Display-Flut in diesem Bereich veraltet wirken. Es hat aber den Vorteil, dass es sich einwandfrei ablesen lässt – egal wie die Sonne steht. An anderer Stelle geht Opel mit der Zeit: Die Rundumsicht ist so schlecht wie in vielen Konkurrenten. Für eine relevante Zahl an Käufern ist das offenbar nicht mehr wichtig, mich würde das im Alltag extrem stören. Die Rückfahrkamera hilft beim Einparken, nicht jedoch beim Abbiegen.

Gute Opel-Tradition sind inzwischen die optionalen Sitze mit dem Gütesiegel der „Aktion gesunder Rücken“ (AGR). In der durchaus umfangreichen Preisliste gibt es meiner Ansicht nach kein Extra, das auch nur ansatzweise ein so gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat. Die 390 (Fahrersitz) bzw. 685 Euro (beide Vordersitze) sollte sich jeder Grandland-Käufer gönnen.

Teurer Diesel

Der große Diesel ist im Grandland ein kostspieliger Spaß. Mindestens 37.720 Euro verlangt Opel dafür, was auch daran liegt, dass es den Zweiliter-Selbstzünder nur mit den beiden teuersten Ausstattungslinien gibt. Der 130-PS-Diesel ist mit Automatik rund 2500 Euro günstiger, der Benziner mit Automatik mehr als 6000 Euro. Da letzterer in Peugeot 3008 und 5008 einen ausreichend flotten Eindruck gemacht hat, erscheint uns der Zuschlag für den 177-PS-Diesel doch sehr üppig. Wer ein Schaltgetriebe vorzieht, bekommt einen gut ausgestatteten Grandland mit dem Basisbenziner auch ohne großes Verhandlungsgeschick für deutlich unter 30.000 Euro.

Damit steht Opel in dieser Klasse nicht schlecht da, auch wenn das direkte Umfeld reichlich Alternativen bietet. Wer es innen gern weniger konventionell mag, kann für eine ähnliche Summe auch den größeren Peugeot 5008 bekommen, der die gleiche Basis wie der Grandland nutzt. Ein VW Tiguan kostet etwas mehr, ist allerdings auch wertstabiler. Dazu kommen interessante Angebote von den Importeuren. Der erfolgreiche Nissan Qashqai oder der feine Mazda CX-5 zählen zu den bedenkenswerten Angeboten in diesem Segment. BMW spielt mit X1 und X2 finanziell ebenso in einer anderen Liga wie Volvo mit dem XC40. Das nach der Kompaktklasse hierzulande derzeit am zweithäufigsten georderte Fahrzeugformat bietet inzwischen also eine breite Auswahl. Opel dürfte gute Chancen haben, sich seinen Anteil zu sichern.

Opel hat eine Überführung übernommen, der Verlag alle restlichen Kosten dieses Tests.