Keine Antwort ist? Genau: Keine Antwort!

Keine Antwort ist letztlich auch keine Antwort. Kommunikationsträgheit ist für uns alle von Nachteil. Das zu durchbrechen ist aber unglaublich schwer.

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Von
  • Michael Keller

Keine Antwort ist letztlich auch keine Antwort. Kommunikationsträgheit ist für uns alle von Nachteil. Das zu durchbrechen ist aber unglaublich schwer.

Kommunikation ist für die meisten von uns ein echtes Grundbedürfnis. Das ist einfach tief im Menschen verankert: Wir wollen uns mit anderen austauschen. Oftmals müssen wir es sogar, um uns abzustimmen und so gemeinsam mehr zu erreichen. Möglichkeiten gibt es viele, beispielsweise bei einem persönlichen Treffen, während eines Telefonats, per E-Mail oder via Nachrichten in sozialen Medien.

Dabei haben insbesondere die elektronischen Kommunikationsformen in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen (WhatsApp, Microsoft Teams, Zoom, Instagram, Twitter, LinkedIn und viele mehr lassen grüßen). Verbunden mit der Entwicklung des Smartphones und damit der Möglichkeit, ständig und überall online zu sein, entstand allmählich der tägliche Kommunikationswahnsinn. Im Arbeits- und Privatleben wollen unzählige Nachrichten auf unterschiedlichen Kanälen unsere Aufmerksamkeit. Die einen freut es, die anderen nervt es.

Nicht erst seit Corona beobachte ich dabei eine unschöne Sache. Man könnte es Kommunikationsträgheit oder Kommunikationsfaulheit nennen. Die Pandemie hat das nach meinem Eindruck nur verstärkt, vorhanden war das aber, zumindest bei manchen Zeitgenossen, schon vorher.

Was meine ich damit? Nun, wer im Privatleben auf Nachrichten von Freunden oder Familie nicht beziehungsweise nicht sofort reagiert, kann schon mal den Eindruck erwecken, es gäbe zwischenmenschliche Probleme. Kann sein, muss aber nicht. Die Menschen interpretieren dann in die fehlende Reaktion viel zu viel hinein. Oder auch nicht. Auf jeden Fall ist zusätzliche Kommunikation erforderlich, um das aufzuklären. Herrlich!

Im Arbeitsumfeld entwickelt das nochmals eine ganz andere Qualität als ein fehlender Like auf das Katzenbild der besten Freundin. Wer hier beispielsweise eine Frage per E-Mail stellt, macht das hoffentlich nicht aus bloßer Langeweile beziehungsweise als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nein, das ist es nun wirklich nicht. Es wird eine Antwort benötigt, damit man selbst weiterarbeiten kann. Nur kommt diese Antwort nicht.

Jetzt hat man zusätzliche Arbeit, seine eigenen E-Mails irgendwie nachzuhalten und nach einer gewissen Zeit nochmals nachzufragen. Kommt dann doch eine Antwort, ist folgender Inhalt sehr beliebt: "Sorry, ich habe keine Ahnung. Muss das erst klären. Melde mich. Gruß". Schön.

Man darf davon ausgehen, dass "keine Ahnung" bei Eingang der ursprünglichen E-Mail auch schon ein bekannter Zustand war. Und ein Termin, an dem die Rückmeldung erfolgen wird, würde einem für die eigene Planung auch schon helfen. Aber bloß nicht zu viel auf einmal verlangen. Die Antwort muss fürs Erste reichen und den eigenen Euphorie-Speicher zumindest auf 5% füllen. Nach meiner Beobachtung gibt es das nicht nur bei E-Mails. Entgangene Anrufe werden beispielsweise häufig nicht mehr beantwortet, selbst wenn auf die Mailbox gesprochen wurde.

Aus Interesse habe ich mit verschiedenen Personen darüber gesprochen, was die Ursachen sind. Einige Antworten konnte ich mir natürlich vorher schon denken. Zu den Klassikern zählt: "Ich erhalte auf zu vielen unterschiedlichen Kanälen Nachrichten. Den Überblick habe ich schon vor langer Zeit verloren. Ist halt so.". In Ordnung. Oder auch nicht. Das will ich jetzt in Hinblick auf Arbeitszeit, die Position im Unternehmen und der damit verbundenen Vergütung zumindest bei einigen mal lieber nicht kommentieren.

Eine wirklich überraschende Aussage war: "Wenn ich nicht antworte, impliziert das ja, dass ich nicht zuständig bin, kein Interesse oder keine Zeit habe.". Wow. Aus der bloßen Tatsache, dass man nicht antwortet, kann der oder die Anfragende aus drei verschiedenen Gründen wählen. Zu einem beliebigen Zeitpunkt, zum Beispiel 3 Sekunden nach Versand hat man immerhin auch keine Antwort. Echte Wahlfreiheit also. Bei E-Mail füge ich dann als Ursache mal noch irrtümliche Einstufung als Spam, möglicher Verlust bei der Zustellung oder schlichtweg übersehen hinzu. Dann kann man sich seine Erklärung aus 6 Optionen wählen, was zumindest für etwas Abwechslung sorgt.

Wie könnte man das besser machen? Eine Antwort auf eine Anfrage ist in jedem Fall notwendig. Und das nach möglichst kurzer Zeit. Ein Tag ist sicherlich in Ordnung. Was man nicht nach einem Tag beantworten kann, dazu sollte man einen Termin nennen können, zu dem man aussagefähig ist. Ansonsten wirft das ein schlechtes Licht auf die eigene Zeitplanung. Vielleicht sogar auf das eigene Unternehmen, weil ein Unternehmen in seiner Gesamtheit oftmals auf die Qualität des einen Kontakts reduziert wird, den man mit diesem Unternehmen hatte. Also Obacht.

Wer zu einer Rückmeldung nach einem Tag nicht (mehr) in der Lage ist, ist entweder in Urlaub (Abwesenheitsassistent?) oder schlicht an zu viel Kommunikation beteiligt. Die hat er oder sie sich sicherlich nicht selbst auferlegt, sondern von Außen bekommen. Das entwickelt sich meist schleichend, ist aber bis auf Verlust von Nerven und einigem mehr immerhin kostenlos. Der Weg daraus ist typischerweise konfliktreich, außer man Tritt direkt die Flucht an und wechselt beispielsweise den Job. Dann ist es erst einmal wieder etwas ruhiger.

Auch die Änderung der Kommunikationsform kann hilfreich sein: Statt zehn E-Mails hin- und herzusenden kann schon ein einziges Telefonat helfen.

Zudem gibt es viele gute Werkzeuge und Plattformen, um Zusammenarbeit zu vereinfachen. Ich denke da an Confluence, GitHub und andere. Hier kann man eine direkte Verbindung zum Gegenstand der jeweiligen Diskussion herstellen und selbige transparent für andere führen.

Auch die Idee der FAQs ist in bestimmten Situationen eine tolle Lösung. Aber auch hier bleibt es dabei: Am Ende ist immer eine Antwort auf eine Frage erforderlich.

In diesem Sinne, bleibt strukturiert und organisiert
euer Michael ()