Alle Jubeljahre

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Von
  • Henning Behme

IBM hat den PC erfunden und Microsoft das World Wide Web. Das eine ist so falsch wie das andere - und dennoch sind beide Aussagen ein bisschen richtig.

Zwar tauchte das Wort „personal computer“ schon 1962 in der New York Times auf, aber erst 1982 war der noch nicht zum Akronym mutierte PC „person of the year“ des Time-Magazins. Kurze Zeit davor, am 12. August 1981, hat IBM den ersten PC eigener Fertigung vorgestellt, fast genau zehn Jahre nachdem Intel mit dem 4004 den ersten Mikroprozessor hatte zeigen können. In den Siebzigerjahren hatte es schon diverse PCs gegeben: vom Urvater Xerox Alto 1973 über den Altair 8800 im Jahre 1975 und den Commodore PET sowie Apples erste Rechner in der zweiten Jahrzehnthälfte. Gleichzeitig mit dem IBM-PC betrat der Xerox Star die Weltbühne, mit so revolutionären Eigenschaften wie Bitmap-Grafik, einer grafischen Benutzerschnittstelle und der von Douglas Engelbart 1963 erfundenen Maus.

All diese heute selbstverständlichen Errungenschaften haben nicht geholfen: Xerox blieb lediglich die Rolle des Apple-Inspirators, denn die Macs der Achtzigerjahre - mit GUI, Maus et cetera - hatten deutlich mehr Erfolg als Xerox. Noch mehr konnten IBM und die zahllosen Kloner davon profitieren, dass in den Büros und zu Hause immer mehr Menschen einen eigenen Rechner haben sollten oder wollten.

Die ersten Personal Computer, oft Home Computer genannt, waren zwar mehr Bausätze als fertige Produkte, aber sie boten die Gelegenheit, selbstbestimmt mit der Maschine umzugehen. Und wer frühe Fotos von Steve Jobs und seinen Mitstreitern sieht, denkt nicht ganz zu Unrecht an Gegenkultur. Davon kann heute keine Rede mehr sei, allenfalls dass Technikfeindschaft und Einkauf übers Internet sich schlecht vertragen.

Zurück zum WWW des ersten Absatzes. Hätte es die PCs und deren dank Microsofts Betriebssystem weltweit gleiches Gesicht nicht gegeben, müssten Abermillionen vielleicht heute noch vor dem Fernseher versauern (Bruce Springsteen sang schon vor Jahren: „57 Sender, und nirgends gibt’s ’was“), statt im Internet auf Wissens- und Einkaufstour gehen zu können. Erst die Verfügbarkeit des Netscape-Navigator-Vorläufers Mosaic für Windows hat dem Web Massentauglichkeit „eingehaucht“ und den Modemverkauf gefördert.

Der Erfolg von PC und WWW beruht auf offenen Spezifikationen. Kloner konnten IBM-Kompatible bauen, und das Hypertext-Transferprotokoll sowie HTML lagen als offene Bücher vor. In die Zukunft gedacht hat aus der Perspektive des Jahres 2031 vielleicht IBM tatsächlich den PC erfunden. Und Microsoft das WWW.

Im Jubiläumseifer nicht vergessen: Eric Allman hat den zu Recht eher berüchtigten als berühmten Mail Transfer Agent Sendmail ebenfalls schon im Jahre 1981 geschrieben. (ole)