Amuse-Gueule

Fast zwei Jahre nach der Alpha-Version hat Microsoft nun die ersten Beta-Versionen seiner zukünftigen Betriebssysteme unter Entwicklern verteilt. Der Windows Vista Client und der Longhorn Server beinhalten einige Neuerungen, die im Lichte großer Ankündigungen in den letzten Jahren aber eher als Appetithäppchen zu verstehen sind.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Dr. Holger Schwichtenberg

Während der für den Erscheinungstermin Ende 2006 geplante Client den endgültigen Produktnamen „Windows Vista“ erhalten hat, besitzt der erst für ein Jahr später geplante Server noch den Codenamen „Longhorn Server“. Auch der Client meldet sich übrigens nach der Installation noch mit Longhorn. In der Installationsroutine und der Versionsnummer 6.0.5112 sind die beiden Betriebssysteme derzeit gleich.

Nicht enthalten in der Beta ist die .Net-basierte Kommandozeilenschnittstelle „Microsoft Shell“ (MSH) und die Programmierschnittstelle WinFX; sie liegen noch als separate Beta-Programme vor. Das WinFX-Paket enthält zudem die Services-orientierte Kommunikationsinfrastruktur Indigo. Beide Pakete wurden für die Recherche demzufolge nachträglich installiert. Client und Server beinhalten den IE 7.0, nicht jedoch den IIS 7.0. WinFX und IE 7.0 werden im Folgenden in zwei größeren Kästen vorgestellt.

Als Plattformen hat Dell der Redaktion kurzfristig zwei EM64T-Systeme aus der Precision-380-Reihe zur Verfügung gestellt. Das jeweils vorinstallierte 64-Bit-XP unterstützte die Hardware klaglos, die Beta-Installationen, weder die 32-Bit- noch die 64-Bit-Versionen, wollten dem guten Beispiel folgen. Unter anderem mochten sie den Dual-Core-Modus der CPU sowie die Netzkarte nicht und mit den Multimedia-Eigenschaften kamen sie auch nicht klar. Das sind aber eindeutig Einschränkungen, die dem Beta-Stadium geschuldet sind. Hinsichtlich der Hardwareanforderungen verkündet Microsoft, dass es noch zu früh sei, um dazu eine Aussage zu machen. Derzeit laufe Vista auf allen „typischen Maschinen der letzten zwei Jahre“ [a].

Wie bereits in der Alpha-Version angekündigt, verwendet das neue Windows zur Installation eine Image-Technik. Auf der CD befindet sich im Wesentlichen eine rund 800 MByte große Imaging-Datei (.wim). Es fällt positiv auf, dass Microsoft die textbasierte Installationsroutine durch eine grafische Oberfläche ersetzt hat, über die der Benutzer die Festplatten partitionieren und formatieren kann. Wenig begeistert hingegen die Installationsgeschwindigkeit: Trotz der Image-Technik zeigt sich das System erst nach 35 Minuten. Das ist weit entfernt von den 15 Minuten, die Microsoft einmal angestrebt hat.

Anders als bisher hat der Benutzer aber während der Installation seine Ruhe: Die Routine fragt weder Regionaleinstellungen noch Netzwerkkonfiguration ab. Hierzu muss er nach dem Aufspielen die Einstellungen in der Systemsteuerung anpassen. Nach den 35 Minuten ist die Beta aber noch nicht ganz fertig. In einem weiteren Installationsvorgang versucht Vista aus dem mitgelieferten „Driver Supplemental Pack“ Treiber aus dem Windows XP-Zeitalter für diejenigen Geräte zu installieren, für die noch keine Vista-Treiber existieren. Derzeit unterstützt Vista noch keine Aktualisierung älterer Betriebssysteme, sondern bietet nur an, die vorhandenen Ordner einer anderen Systeminstallation in einen Ordner „Windows.Old“ zu verschieben.

Seit rund 2 Jahren ist bekannt, dass Microsoft Windows eine neue Benutzeroberfläche mit Namen AERO (Abkürzung für Authentic, Energetic, Reflective, Open) überstreifen will. Jetzt sind davon erste Anzeichen zu erkennen. Vom dem AERO-Glass-Modus mit halbdurchsichtigen Fensterleisten und der dreidimensionalen Darstellung der offenen Anwendungen (Windows Desktop Manager) profitiert nur, wer über eine DirectX-9-fähige Grafikkarte mit passendem Treiber gemäß dem „Longhorn Display Driver Model“ (LDDM) besitzt. Mit dem Werkzeug Tweakvista [b] kann der Anwender den Glass-Effekt und andere AERO-Einstellungen steuern.

Die in der Alpha-Version viel gepriesene vertikale Informationsleiste mit Namen „Sidebar“ fehlt. Dies entspricht den Gerüchten, dass Microsoft diese Funktion zur Disposition stellt. Beim Klick auf „All Programs“ im Startmenü ist man erstmal irritiert, denn die Symbole klappen nicht mehr zur Seite heraus, sondern bilden eine Baumstruktur im Startmenü selbst. Wem das nicht gefällt, kann sich in den Eigenschaften des Startmenüs die klassische Ansicht zurückholen.

Wesentlich verändert präsentiert sich auch der Windows Explorer: andere Symbole für Ordner und Dateien, eine neue Liste zur Anzeige des Standorts, eine neue Symbolleiste mit Zoom-Funktion, eine Favoritenliste (Navigation Pane) zwischen dem Verzeichnisbaum und der Dateiliste sowie eine große Vorschauansicht (Preview Pane) unten oder rechts. Die gewohnte Menüleiste ist verschwunden. Die holt sich der Benutzer sich mit dem Eintrag „Show Classic Menü“ zurück, der sich in einem Auswahlmenü hinter dem dritten Symbol in der Symbolleiste verbirgt. In dem gleichen Auswahlmenü steuert der Benutzer auch Navigation und Preview Pane.

Letztere zeigt Dateiinformationen und gegebenenfalls eine Vorschauansicht (bei Bildern und Dokumenten). Der Bereich lässt sich in seiner Größe verändern, und die Menge der dargestellten Metainformationen ist abhängig von der jeweiligen Fläche. Das „Explorer Property System“ ermöglicht die Modifikation vieler Dateimetainformationen direkt im Explorer. Welche Metainformationen eine Datei im Explorer preisgibt, welche davon änderbar sind und wie sich ein Dokument in der Vorschauansicht darstellt, definiert der Entwickler der zugehörigen Anwendung durch Implementierung der neuen Schnittstelle System.Windows.Explorer.IPropertyStore.

Das Property System ist ein guter Ansatz, aber man merkt Vista hier deutlich noch die Beta-Phase an: In dem Dialog, der nachfragt ob man eine bestehende Datei durch eine andere überschreiben möchte, zeigt Vista eine Vorschau des Dokuments an, nicht aber das wirklich entscheidende Erstellungsdatum der beiden Dateien. Beim Kopieren von Verzeichnissen und Dateien gibt es nun die Anzahl der zu kopierenden Dateien und die Übertragungsgeschwindigkeit zu sehen.

Die Dateieigenschaften können zum Gruppieren oder Stapeln dienen. Grundsätzlich sind sich beide Funktionen ähnlich. Während beim Gruppieren der Explorer jedoch die Dateien nach Zwischenüberschriften ordnet, fasst die Stapel-Funktion gleichartige Dateien zu virtuellen Ordnern zusammen.

Den vollständigen Artikel finden Sie in der aktuellen Printausgabe der iX. (wm)