Aufholbedarf

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Von
  • Jürgen Seeger

Das Weihnachtsgeschäft 2000 blieb weit hinter den Erwartungen der PC-Industrie zurück, die Prognosen für 2001 werden laufend nach unten korrigiert.

Dabei hatte man sich so viel Mühe gegeben. Die 1-Gigahertz-Schallmauer war endlich genommen, die RAM-Preise wieder auf ein erträgliches Niveau gesunken. Da hätten die Käufer eigentlich Schlange stehen müssen. Standen sie aber nicht. Die PC-Hersteller sitzen auf Beständen für mehrere Wochen, bei Erscheinen dieses Heftes dürfte der Preiskampf zur Lagerräumung voll ausgebrochen sein.

Unsere Schwesterzeitschrift c’t hat in einer Online-Umfrage (Ergebnisse in c’t 1/2001) herausgefunden, dass es für die meisten Befragten alle möglichen Gründe gab, mit dem Neukauf eines PC zu liebäugeln. Das magische Gigahertz fiel eher unter die Rubrik ‘ferner liefen’. Dabei bezog sich die Umfrage auf die Privatnutzung, und nichts braucht mehr Performance als Spiele.

Im kommerziellen Bereich stellt sich die Lage noch drastischer dar: Wenn Office-Paket und Webbrowser mit Antwortzeiten von weniger als 0,3 Sekunden bedienbar sind, fehlt der Bedarf an mehr Rechenleistung. Dann geht es allenfalls um Abschreibungsfristen. (Von rechenintensiven Anwendungen wie Bildbearbeitung und Compiler-Läufen einmal abgesehen, aber das ist nur für wenige interessant.)

Eine Umfrage ganz anderer Art führte Symantec vor einem Jahr in Großbritannien durch. Das Ergebnis: Computerbenutzer verlieren zunehmend die Nerven im Umgang mit dem PC. Rund 30 Prozent der Benutzer hätten ihren Rechner schon einmal physisch angegriffen, 67 Prozent gaben an, bei der Arbeit am Rechner frustriert zu sein.

Was vielleicht auf den ersten Blick kaum zusammenhängt, könnte auf mögliche Auswege für die Branche verweisen. Wenn das ‘schneller, höher, weiter’ nicht mehr als Kaufargument ausreicht, wie wäre es zur Abwechslung mit einem schlichten ‘besser’? Einem Endgerät (ich sage aus guten Gründen nicht PC), das dem Anwender zu Hause und in der Firma nicht ständig die Zeit stiehlt mit Um- und Neukonfigurationen, Einspielen von Patches et cetera? Oder, um nicht einseitig auf der Hardware-Industrie herumzuhacken, mit einer neuen Software-Version, die statt 33 neuer Features zehn weniger hat, aber dafür einfacher zu bedienen ist und stabil läuft?

Dann klappts vielleicht auch wieder mit dem Weihnachtsgeschäft. Und möglicherweise sogar mit der Erschließung neuer Käuferschichten wie den vielzitierten Rentnern als Internet-Surfer. (js)