Basisarbeit

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Henning Behme

Wundervoll ist das World Wide Web anzusehen. Wundervoll auch die Eigenschaften, die es denen bietet, die es ihrerseits entwickeln. Voller Wunder vor allem dann, wenn man die Besonderheiten verwendet, die Hersteller von Web-Editoren in ihre Lieblinge eingebaut haben. Ob das in Kommentaren versteckte zusätzliche Elemente sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Schließlich handelt es sich hier um Zusätze, nicht um die Basis aller Web-Dokumente (HTML x.x, in der Praxis vielleicht auch schon CSS).

Kreativität darf sein. Das gilt sogar für Netscape und Microsoft, die mit ihren Browsern den größten Teil des Web-Viewer-Marktes bedienen. Ob oder - zusätzliche Elemente sind erlaubt -, auch Active Server Pages und Server-side-JavaScript.

Das große Aber heißt: Standards implementieren. Und genau das tun die beiden Hersteller nicht. Für Netscape und Microsoft hieße das: die vom World Wide Web Consortium vorgegebenen Empfehlungen im Communicator und Internet Explorer zu berücksichtigen. HTML 4.0, CSS Level 1, XML 1.0 sowie die noch in Entwicklung befindliche Extensible Style(sheet) Language und CSS 2, das gerade fertiggewordene Document Object Model (DOM) und die standardisierte Version von JavaScript (ECMAScript). All dies sollte Grundlage jedes Browsers sein. Ist es aber nicht.

Wer nur einmal versucht hat, mit Cascading Style Sheets zu arbeiten - oder mit dynamischem HTML beide Browser bedienen wollte -, weiß ein garstiges Lied davon zu singen, was das für Arbeit bedeutet. Der Refrain geht etwa so: mit beiden großen Browsern auf mehreren Systemen die eigenen Seiten testen und frustriert festellen, daß dasselbe nicht dasselbe ist.

Im August haben betroffene Entwickler in den USA genug davon gehabt und eine Organisation gegründet, die das Implementieren grundlegender W3C-Empfehlungen fordert. Das Web Standards Project (WaSP) hat sich zum Ziel gesetzt, 'diese grundlegenden Standards zu unterstützen und auch die Hersteller von Webbrowsern zur Unterstützung dieser Standards aufzufordern, um für alle einen einfachen und günstigen Zugang zu Web-Technologien zu ermöglichen' (http://www.webstandards.org/missiondeu.html).

Zu den Initiatoren des Projekts gehören mit Tim Bray, Koautor der XML-Spezifikation, und Todd Fahrner, der an den CSS-Spezifikationen mitgearbeitet hat, zwei in der Web-Szene Bekannte. Das allein wird sicherlich nicht reichen, um dem Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen, so sehr der ihm - und uns - zu wünschen ist. Auch die Tatsache, daß mit Thomas Caspers ein Deutscher im Steering Committee sitzt, ist nicht mehr als ein Indiz für internationale Betroffenheit.

Was nötig wäre: Netscape und Microsoft unter Druck setzen. Gespräche zwischen WaSP und beiden Herstellern haben bereits stattgefunden. Was theoretisch auch möglich wäre: Firmen wie die Telekom, die die Browser massenhaft verbreiten, fordern nicht nur die Einhaltung der genannten Standards, sondern machen den Vertrieb solcher Software davon abhängig. Absurde Vorstellung. (hb)