Das Runde ins Eckige

Es ist wieder soweit: Die Fußball-Weltmeisterschaft steht vor der Tür - und dieses Mal sogar im eigenen Land. Wir sind Gastgeber und werden bestimmt auch Weltmeister ... oder?

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Kai König

Wahre Fußballfans wollen nicht nur die WM-Spiele sehen, sondern auch sonst alles Wissenswerte über das Kultereignis erfahren. Woher aber bekommt man denn nun die total wichtigen und geheimen Insider-Informationen zur WM? Lässt man die offensichtlichen und offiziellen Domains in der genaueren Betrachtung explizit aus, stellt servingo.de einen guten Startpunkt dar. Dieser Server ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördertes Forschungsprojekt anlässlich der WM 2006, das Erkenntnisse über Service- und Logistikfragen zur Begleitung von sportlichen Großprojekten sammeln und bieten soll. Nach der Anmeldung stehen den Nutzern Informationen zu Stadien, Städten und Unterkünften zur Verfügung, und syndizierte Nachrichtenfeeds von Drittanbietern wie Kicker.de steuern Neuigkeiten aus der Welt des Fußballs bei.

Hat man sich genug über die Rahmenbedingungen zur WM informiert, ist der nächste Schritt, das nötige Equipment für Juni und Juli anzuschaffen. Und in diesem Genre finden sich wahrlich unglaubliche Websites. Vor allem die Blog-Szene hat es sich zur Aufgabe gemacht, über mögliche und unmögliche Dinge zu berichten. Noch relativ harmlos kommt ein Fanausrüster daher. Hier gibt es von Trikots über Bälle bis hin zu verschiedensten Werbemitteln eine Unmenge an Krimskrams zur WM. Die leiblichen Freuden sollen allerdings auch nicht zu kurz kommen - shopblogger.de berichtete im März über die limited Edition der WM-Grillsaucen zur Fußball-WM. Wann sonst stehen Deutschland und Holland einträchtig nebeneinander?

Das Fontblog hat sogar eine eigene Serie von Blogposts, die sich nur mit so genannten WM-Trittbrettfahrern beschäftigt. Darunter verstehen die Autoren Unternehmen oder Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die mit der Brechstange eine Verbindung zur Fußball-WM gesucht und - mehr oder weniger - gefunden haben. Hier ist das Who-is-Who der deutschen Nahrungsmittelindustrie (von Frühstückscerealien bis hin zur Wurst für die Hosentasche) ebenso vertreten wie ein Waschmittel mit beiliegender Fan-Fahne. Ob die Marketing-Strategen dieser Unternehmen wirklich glauben, dass damit der Produktverkauf ins Unermessliche gesteigert wird? Nun ja, wenn man Beate Uhse glauben darf, wohl schon.

Selbstredend muss ein echter Fan all die Spiele einer Fußball-WM, die sich bekanntlich über mehr als vier Wochen hinzieht, in irgendeiner Form organisatorisch verwalten: Die Fußballgegner müssen aus dem Haus, genug Bier organisiert und im heimischen Garten eine Leinwand für den extrem lichtstarken Projektor gebucht sein - ist ja schließlich ziemlich lange hell im Sommer. Was hilft da besser als das Fußball-WM-Plug-in für Outlook? Die Firma Procomp hat eine Software entwickelt, die auf einfache Art und Weise einen Import aller wichtigen WM-Termine in Microsofts Kalendersoftware durchführt. Bequemer gehts kaum.

Nachwuchs, ob Fussball- oder nicht, muss Schulung bekommen. Wie sich Zweit- bis Viertklässler Fach-, Medien- und Sozialkompetenz aneignen können, lässt sich dort nachlesen. Fächerübergreifend lernen die JungkickerInnen unter anderem, (Fussball-)Texte und Bilder auf einer Website zu veröffentlichen.

In Sachen Fankultur darf der FC Deutschland 06 nicht fehlen. Besucher dieser Site sollten allerdings darauf achten, den Fußball nicht zu ernst zu nehmen, denn hier landet mehr oder weniger alles, was an anderer Stelle zum Thema Fußball nicht geschrieben oder gezeigt wird. Im gleichen Kontext ist der brandaktuelle Artikel über die deutsche Torwartfrage zu sehen: - Olli Kahn kommt dabei nicht wirklich gut weg (’tschuldigung an alle Kahn-Fans für die Aufführung dieser URL).

Nach dem Abstecher in die Welt der Satire ein Blick auf die Vorbereitungen einer anderen Nation: Fußball-Deutsch für Briten. Der Unispiegel berichtete über eine Serie von Postkarten, die dem britischen Fußballfan die gebräuchlichen deutschen Begriffe für alltägliche Spielsituationen nahe bringen soll. Die Kartenserie ist wirklich gut gemacht und über die im Artikel enthaltene Fotostrecke abrufbar, leider enthält der Text keine Informationen über Erfolg und/oder Misserfolg der Kampagne. Schlimmer kann die WM-Historie zwischen Deutschland und England ja kaum mehr werden, nachdem die Rache für Wembley beim Elfmeterkrimi der WM 1990 vollzogen wurde.

Eine immerhin witzige Community-Site bietet nicht viel mehr Möglichkeiten, als sich einen Platz im Station zu suchen und internationale Kontakte zu Leuten aus aller Welt zu schließen, die in den Rängen neben einem sitzen, sowie ein paar kleine Spielchen und das übliche Merchandising. Dennoch ist die Site einen Besuch wert. Für Fußball-Interessierte mit politischem Bezug bietet sich hingegen Lizas Welt an. Hier kommentiert die Autorin Politik und Fußball weltweit, und es ist immer wieder erstaunlich, welches umfassende Netz sich zwischen beiden Themen spannen lässt.

Apropos weltweit: Als Neuseeland-Exilant weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schwierig es sein kann, in Deutschland oder in Europa stattfindende Fußball-Großereignisse am anderen Ende der Welt zu verfolgen. Dem engagierten Fußballfan bleiben leider nicht viele Möglichkeiten, durch aktive oder wenigstens moralische Unterstützung die Geschicke seiner Lieblingsmannschaft zu beinflussen.

Am offensichtlichsten und erfolgreichsten scheint zunächst der Besuch einer Sportsbar oder des belgischen Pubs in Wellington. Das Problem ist allerdings, dass diese in der Regel nicht geöffnet sind, wenn die Spiele der Fußball-WM in Deutschland stattfinden.

Eine Lösung könnte Shift TV sein. Dieses Unternehmen bietet als Lösung einen digitalen Videorekorder an, mit dem man online deutsche TV-Programme aufzeichnen und sich den Mitschnitt der Sendungen dann als Videodateien herunterladen kann. Ein Rekorder mit 30 Minuten Aufnahmekapazität ist kostenlos, möchte man diesen auf 10 Stunden erweitern, berechnet der Anbieter für die Dienstleistung knapp 10 Euro pro Monat. Wer zum richtigen Zeitpunkt gebucht und programmiert hat, kann die Videodateien am Morgen im Büro herunterladen und auf der firmeneigenen Projektionsleinwand mit seinen beiden deutschen Kollegen vor Ort anschauen. Prost! (ka)