Der Tragödie ...

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Henning Behme

... zweiter Teil muß ja nicht der letzte sein. Fragt sich auch, aus wessen Sicht es sich um ein Trauerspiel handelt. Die Rede ist natürlich von Java beziehungsweise von Microsoft. Davon, daß nach einer Entscheidung von Richter Ronald Whyte in San Jose die Redmonder Softwarefirma erst einmal das Java-Kompatibilitätslogo nicht nutzen darf.

Wichtiger für das Ende des Stückes sind allerdings die Windows Foundation Classes (WFC), denn bei ihnen handelt es sich nicht um irgendwelche Klassen. Vielmehr sind sie die konsequente Fortsetzung von Bill Gates' Statement, daß Java nur eine Sprache sei. Die haben seine Entwickler genutzt und Windows-spezifische Ergänzungen vorgenommen, die - aus Sicht der Konkurrenz: leider - bewirken, daß mit ihrer Hilfe geschriebene Programme Suns Portabilitätsvorgaben (jenes Write Once, Run Anywhere) nicht mehr erfüllen, sondern nur auf PCs lauffähig sind, die über eben jene Klassenbibliotheken verfügen.

Darüber stillschweigend hinwegzugehen wäre ebenso falsch, wie nur Entrüstung ob dieses Verbrechens an der Portabilität zu zeigen. Es liegt, wie sich Java-Guru James Gosling gegenüber developer.com ausgedrückt hat, in der Hand der Entwickler, ob sie das erweiterbare Swing-Toolkit oder die WFC benutzen.

Unabhängig davon, was von beiden die bessere Wahl ist (denn das spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle), werden all diejenigen, die Java-Programme auf PCs schreiben, darüber entscheiden, ob Portabilität - gibt es ein Leben außerhalb von Windows? - eine Bedeutung hat. Angesichts der Bequemlichkeit, die die WFC bieten, dürften Entwickler verständlicherweise - mehrheitlich und nicht unbedingt bewußt - hehre Ziele, die gegebenenfalls nicht einmal die eigenen sind, hintanstellen und eine implizite Entscheidung fällen. Und dann ist Java wirklich nur noch eine Programmiersprache.

Was für diejenigen bleibt, die Java als Idee und Markt außerhalb der Windows-Welt verfolgen wollen (Sun, IBM ...), ist, entweder eine Kampagne zu starten, die Programmierer davon überzeugt, wie wichtig die Portabilität ihrer Software ist - auch wenn sie für PCs gedacht ist (ein fast aussichtsloses Unterfangen); oder aber die Windows-Welt aus Java-Sicht aufzugeben und andere Betriebssysteme zu pushen. Viel aussichtsreicher erscheint das nicht. Letzter Ausweg: Anti-Trust-Klagen?

Euphorie ist immerhin ein Marketing-Instrument. Bei der IBM heißt es in einer Pressemitteilung zum gemeinsamen Java-OS-Vorhaben mit Sun: Neue Ära in der Betriebssystemwelt angebrochen. Und bei der JavaLobby wird diskutiert, ob Sun für ein Linux-JDK sorgen sollte.

Kann es wirklich nur eines geben? (hb)