Drehkreuze

In den Anfängen des kommerziellen Flugverkehrs waren Flugreisen etwas Besonderes – und nicht gerade billig. Heute ist ein Flug ins Ausland manchmal preiswerter als die Taxifahrt zum Flughafen. Dementsprechend haben sich Flughäfen gewandelt, um den Bedürfnissen des Massentourismus nachkommen zu können.

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Von
  • Kai König

Flughäfen üben auf viele eine besondere Anziehungskraft aus, symbolisieren sie doch oftmals Fernweh, Reise- und Urlaubszeit. Für Vielflieger und Geschäftsreisende ist ein Flughafen jedoch oft nur ein ungeliebtes Mittel zum Zweck und für Anwohner in der Regel ein Symbol für Lärmbelästigung. Aus welchem Blickwinkel man sich auch immer mit Flughäfen beschäftigt, das Internet ist wie so oft eine hervorragende Informationsquelle.

Was genau ist überhaupt ein Flughafen und worin liegt der Unterschied zwischen einem Flughafen und einem Flugplatz? In Deutschland werden diese Begriffe im Luftverkehrsgesetz sowie in der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung definiert und näher erläutert. Im Wesentlichen handelt es sich bei einem Flugplatz um einen behördlich zugelassenen Start- und Landeplatz für Luftfahrzeuge. Flughäfen hingegen stellen eine Untermenge der Flugplätze dar und sind rechtlich durch die Notwendigkeit eines Bauschutzbereiches in der Umgebung eines Flughafens definiert. In der Praxis sind Flughäfen große Flugplätze mit entsprechender Infrastruktur, auf denen regelmäßiger und kommerzieller Passagier- und Frachtverkehr abgewickelt wird. Das deutsche Luftrecht geht in den oben genannten Gesetzen und Verordnungen auch detailliert auf Begriffe wie Verkehrs-, Sonder-, Militär- oder Regionalflughafen ein.

Wikipedia erläutert, dass die ersten Flughäfen eigentlich Schiffshäfen waren – viele der ersten regulären Fluglinien in den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts wurden nämlich mithilfe von Wasserflugzeugen betrieben. Wasser- oder Seeflugplätze sind heutzutage eher weniger bekannt, und es gibt auch nicht allzu viele dieser Landeplätze in Deutschland – genau einen einzigen. Dabei handelt es sich um den Sedlitzer See bei Welzow, den das Internationale Flugplatzregister unter dem Kürzel EDUY führt. Eine Liste aller Verkehrs- und Sonderlandeplätze findet man bei Wikipedia.

Über die Geschichte der Wasserflugzeughäfen von Köln informiert das Historische Luftfahrtarchiv Köln. Hier erfährt man unter anderem, dass die damalige Deutsche Luft Hansa 1927 vom Wasserflugzeughafen St. Kunibert Linienflüge von Köln über Duisburg nach Rotterdam durchführte.

Die größten und bekanntesten internationalen Flughäfen in Deutschland sind Frankfurt (Rhein/Main), München (Franz-Josef Strauß), Düsseldorf International und Berlin-Tegel. Diese Reihenfolge bezieht sich sowohl auf die Anzahl der abgefertigten Passagiere als auch der Flugbewegungen im Jahr 2011. Untersucht man hingegen das Frachtvolumen, sind plötzlich jedoch auch die Flughäfen Leipzig/Halle und Köln/Bonn auf Platz zwei beziehungsweise drei zu finden. Als Grund hierfür kann man im ersten Fall vor allem den Umzug des Europa-Drehkreuzes des Logistikunternehmens DHL von Brüssel nach Leipzig/Halle im Jahr 2008 sehen. Köln/Bonn hingegen galt bislang eher als Flughafen für den Start in den Urlaub mit einer Low-Cost-Fluglinie oder einem Charter-Unternehmen, er beheimatet aber auch Europa-Hubs für die Fracht- und Kurier-Unternehmen UPS und TNT.

Interessant an Köln/Bonn ist, dass dieser Flughafen einer der circa 60 Notlandeflugplätze der NASA für das Spaceshuttle war – der einzige in Deutschland beheimatete. Der Artikel „Runter kommen sie immer“ von Marc Steinhäuser auf Zeit Online Wissen erklärt unter anderem die Anforderungen der NASA an Landebahnen für das Spaceshuttle sowie die gesetzlichen Grundlagen. Seit 1983 existiert ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA über die Bedingungen der Nutzung des Flughafens Köln/Bonn als Ausweichlandeplatz für Spaceshuttles, benötigt wurde er jedoch nie. Im Jahr 1983 besuchte allerdings das Spaceshuttle Enterprise als Huckepack-Ladung einer 747 diesen Flughafen. Einige Fotos davon finden sich auf Flickr.

Weiter oben ist bereits der Begriff Drehkreuz (im Englischen Hub) gefallen. Sowohl Passagier- als auch Frachtfluglinien nutzen in der Regel das sogenannte Hub-and-Spoke-Verfahren zur Optimierung ihrer Ressourcen. Dabei werden Passagiere und Fracht vom Abflugort zu einem Drehkreuz geflogen und von dort nach dem Umsteigen oder dem Umladen von Fracht mit regionalen Flügen an den eigentlichen Zielort gebracht. In Deutschland ist Frankfurt Rhein/Main eines der wenigen globalen Drehkreuze; der Flughafen München wurde jedoch in den vergangenen Jahren immer mehr zum Drehkreuz für die Lufthansa und ihre Partner-Fluglinien in der Star Alliance ausgebaut. Eine sehr gute Erläuterung bietet der (englischsprachige) Artikel „How Airlines Work“.

Ein sogenannter Hourglass-Hub ist der Flughafen Singapur. Darunter versteht man Drehkreuze, die als geografisch günstig gelegene Durchgangsstationen dienen. Auf einem Flug von Australien oder Neuseeland nach Europa fungieren Singapur, Hongkong oder Bangkok oftmals als Hourglass-Hubs. Den Flughafen Singapur hat eine frühere Ausgabe der Internet-Infos bereits kurz angesprochen. Wem das noch nicht genügt, der findet bei urbArAmA einen Einblick in die gelungene Architektur des neuen Terminals 3 in Singapurs Flughafen Changi.

Der Bau oder auch nur Ausbau eines Großflughafens stellt in der Regel Projektverantwortliche vor eine Vielzahl von Herausforderungen, kann er sich doch über Jahre hinziehen. Projekte dieser Größenordnung finden daher auch entsprechend selten statt. In Deutschland soll Anfang Juni der neue Flughafen Berlin/Brandenburg eröffnet werden. Der Flughafen suchte im Vorfeld Kandidaten für den Probebetrieb, um ein Chaos wie bei der Eröffnung von London Heathrows Terminal 5 zu vermeiden. Nach der Eröffnung des neuen Berliner Flughafens wird Berlin/Tegel wohl im Laufe des Jahres 2012 geschlossen werden. Den innerstädtischen Flughafen Tempelhof hat dieses Schicksal bereits 2008 ereilt. Heute ist er eine Mischung aus Parklandschaft, Konzert- und Festivalfläche sowie Industriepark. Unter Flughafen-Enthusiasten hat die Schließung von Tempelhof für Enttäuschung und Unmut gesorgt. Auf Berlin.de finden sich einige sehenswerte historische Bilder von Tempelhof, und das Blog flughafentempelhof.com berichtete detailliert über die letzten 24 Stunden des Flughafens.

Passagiere stellen eigene Anforderungen an einen Flughafen. Wichtig ist ihnen ein klares und geräumiges Terminal-Layout. Zudem verwandeln sich zumindest internationale Großflughäfen immer mehr in Einkaufsparadiese und Entertainment-Zentren, um Wartezeiten zu überbrücken. Auch hier sind die „üblichen Verdächtigen“ Flughäfen wie Singapur, Hongkong oder Tokio. Die Seite sleepinginairports.com bietet Tipps und Tricks zum geplanten (oder ungeplanten) Übernachten in Flughäfen. Hier ist etwa zu erfahren, dass man Flughäfen wie Manila oder Kiew zu diesem Zweck besser meiden sollte.

Zum Abschluss für Flughafen- und Aviation-Fans der Link zu einem Fotoalbum mit dem Titel „Coole Airports“ auf airliners.net; besonders ungewöhnlich: eine gekrümmte Lande- und Startbahn. (ka)