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Wer schon immer Schwierigkeiten hatte, sich für das Abonnement einer einzigen Tageszeitung zu entscheiden, findet heutzutage die Lösung im Web. Dort gibt es das Gedruckte auch digital und weitgehend umsonst.

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Von
  • Diane Sieger

Morgens, sieben Uhr, irgendwo in Deutschland. Herr M. ist gerade aufgestanden, frisch geduscht und möchte sich beim Frühstück über die aktuellen Geschehnisse der Welt informieren. M. quält sich aus dem vierten Stock bis ins Erdgeschoss, um dort festzustellen, dass die Zeitung nass oder zerfetzt ist oder schlicht und einfach geklaut wurde. Also zurück in die Wohnung geschleppt und wieder einmal geärgert, dass er den Weg zur Arbeit ohne die neuesten Nachrichten hinter sich bringen muss.

Ist dieses Schreckensszenario heutzutage wirklich noch notwendig? Natürlich nicht, wie der Streifzug durchs Netz schnell beweist. Denn alle großen Tageszeitungen, Wochen- und Monatsmagazine verfügen inzwischen über ein umfassendes Online-Angebot.

Zunächst ein Blick auf die großen deutschen Tageszeitungen. Die Süddeutsche Zeitung bietet beispielsweise einen Überblick über die Themen des Tages und bleibt als Online-Ausgabe wesentlich aktueller als das Printwerk. Die Themen werden ausführlich behandelt, und viele liebgewonnene Rubriken der Papierversion sind online ebenfalls zu finden, zum Beispiel Reise, Computer oder Kultur. Unter „Jobs & Karriere“ gibt es zudem einen pfiffigen Gehaltsrechner, der die Durchschnittsgehälter für unzählige Berufe verrät.

Selbst das Jugendmagazin der Süddeutschen, das früher montags als Beilage zu finden war, hat im Internet überlebt und kann mitgestaltet werden. Das weckt Erinnerungen bei allen, die mit der Jugendbeilage groß geworden sind, oder vielleicht sogar das „Montagsabo“ der Süddeutschen hatten, das ausschließlich aus der Montagsausgabe inklusive Jetzt-Magazin bestand. Wem die Informationen der Homepage nicht reichen, kann unter epaper.sueddeutsche.de die komplette Zeitung in der 1-zu-1-Ausgabe abonnieren.

Unter zwei Adressen erreicht man die Frankfurter Rundschau (FR). Die Angebote unterscheiden sich nicht sonderlich von denen der Süddeutschen, ebenso verhält es sich mit den weiteren in Deutschland publizierten Tagesprintmedien. Lediglich die Ruhrgebietszeitungen WAZ und NRZ verfügen über eine kleine Besonderheit: Da beide durch eine hohe Auflage eine große Bandbreite an Ruhrgebietsstädten abdecken, bietet das Online-Angebot die Möglichkeit, kommunale Nachrichten aus mehr als 30 einzelnen Städten abzurufen.

Aber nicht nur Tageszeitungen präsentieren sich im Internet, auch Medien mit wöchentlichem Erscheinungstermin haben die Online-Welt entdeckt. Der Spiegel etwa zeigt sich online gewohnt strukturiert und übersichtlich. Auf der Startseite finden sich die aktuellen Nachrichten in Kurzform mit Links zur ausführlicheren Berichterstattung. Neben den üblichen Kategorien des Print-Spiegels bietet die Online-Redaktion ein umfangreiches Forum, ein Artikelarchiv und ein Länderlexikon mit Informationen für Leute mit Fernweh oder länderbezogenem Wissensdurst. Als Bonbon gibt es eine internationale Seite auf englisch. Lehrerinnen und Lehrer können sich zudem interessante Artikel zu politischen Themen für den Einsatz im Unterricht herunterladen.

Nicht ganz so professionell wie der Spiegel kommt das Konkurrenzmagazin Focus daher. Die Homepage präsentiert sich in Zusammenarbeit mit MSN, und auf den ersten Blick gelangt man nicht an tagesaktuelle Informationen, sondern bleibt an Werbung für Hotmail, dem MSN Messenger und Einkaufsoptionen in riesigen Balken oberhalb und rechts der Homepage hängen. Aber wenn man sich erstmal auf die Inhalte konzentriert, sind zumindest die aktuellen Nachrichten als ganz in Ordnung einzustufen, insbesondere, weil zu vielen Artikeln aktuelle Fotos verfügbar sind. Irritiert hat, dass die Online-Suche nach bestimmten Begriffen beim Focus zuerst einen Link zu Ebay listet. Dass englische Texte und zusätzliche Serviceangebote wie die Unterrichtsmaterialien für Lehrkräfte fehlten, verwundert an dieser Stelle nicht sonderlich.

Die meisten kleineren Magazine, die mit spezifischen Themen monatlich oder seltener erscheinen, präsentieren sich im Netz in der Regel mit dem Cover und der Inhaltsangabe der aktuellen Ausgabe. Einige bieten einzelne Artikel zur Ansicht, aber vornehmlich stellen die Redaktionen Anrisse online, die Appetit auf mehr machen und zum Kauf des Magazins beim Zeitschriftenhändler anregen. Beispielhaft sei die Zeitschrift Fleckvieh genannt, obwohl die Autorin Tiere lieber in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet, als Kühe mit Schärpe behangen über einen Laufsteg tapsen sieht. Ziemlich spannend ist, dass es eine Fachzeitschrift für das Friedhofswesen gibt, die Themen wie den Geschäftsverlauf Rheinischer Friedhofsgärtnereien oder die Technik im Krematorium behandelt.

Auch Zeitschriften, die nur Mitglieder bestimmter Organisationen beziehen, gibt es online. Beispielsweise „Mensch und Tier“, die Mitgliedszeitung des Deutschen Tierhilfwerks. Bei Redaktionsschluss standen unter dem Menüpunkt „Das DTHW“ noch jeweils drei Artikel aus älteren Ausgaben zur Verfügung, die beim Leser Lust auf mehr und somit Lust auf eine Mitgliedschaft bei den Tierschützern machten. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stellt die wesentlichen Inhalte der Mitgliedszeitschrift Publik ebenfalls allen zur Verfügung, die nicht zu den regelmäßigen Empfängern der Printausgabe gehören. Zusätzlich zu gewerkschaftsinternen Themen finden sich hier viele gesellschaftspolitische Artikel, Interessantes aus Kultur und Freizeit sowie aktuelle Urteile der Arbeitsgerichte.

Neben Tageszeitungen, Magazinen und Mitgliedszeitschriften berichten Weblogs regelmäßig über Aktuelles, zum Teil aus spezifischen Themenfeldern, wie sich in einer früheren Internet-Infos-Ausgabe nachlesen lässt.

Wer einen Blick über Deutschland hinaus werfen möchte, ist bei zeitungen.de goldrichtig. Unzählige Tages- und Wochenzeitungen sowie Magazine aus dem In- und Ausland sind direkt verlinkt. Dabei finden sich hier nicht nur die klassischen deutschen und europäischen Werke, sondern auch exotische Publikationen wie „Die Woche in Australien“, das deutschsprachige Organ der in Australien lebenden Deutschen, Österreicher und Schweizer, oder „Condor“, das entsprechende Magazin aus Chile. Hier sollte eigentlich jeder fündig werden, wenn es darum geht, die URL für bevorzugte Informationen herauszufinden. Für einen nicht(west)deutschen Blick auf die Welt enthält zudem der Artikel „News ohne Grenzen“ eine Auswahl von Links zu Web-Publikationen in islamischen Ländern.

Und wem das noch nicht genügt, sollte sich bei The Paperboy umschauen. Hier gibt es Links zu nahezu allen Publikationen dieser Welt - vom Kirchheimer Teckboten bis zu den Visafric News aus Eritrea. Was man hier unter den über 6 000 gelisteten Zeitungen nicht finden kann, gibt es wahrscheinlich nicht. (ka)