H2H-Business

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Von
  • Christian Kirsch

Noch sitzen Angestellte und C[ETOFR]Os Wunden leckend auf der Konkursmasse ihrer ehemals aufstrebenden E-Commerce-Firmen, da bescheren uns Analysten und andere Fachleute den nächsten Megamarkt. Mobiler Handel, Manager-tauglich M-Commerce genannt, soll nun die Wachstumsraten, Marktanteile und später Dividenden bringen, mit denen es bisher beim Internet-Handel nicht so recht etwas geworden ist.

Und wieder springen alle fröhlich auf den Hype-Zug auf: Telekommunikationsanbieter spucken ohne Zögern den Staatshaushalt eines Entwicklungslandes für UMTS-Lizenzen aus, Handy-Hersteller rüsten auf GPRS, HSCSD und die neueste WAP-Version um. Banken, Wetterberichthersteller und Verkehrsinformationssammler passen ihre Angebote hurtig an das gerade aktuelle Format an.

Wer das eigentlich will, wo der Markt tatsächlich sein könnte, das fragt sich offenbar wieder mal niemand. Rechnungen kann ich mit dem Handy bezahlen? Endlich. Bisher konnte ich das bar, per (Online-)Überweisung oder Scheck erledigen. Jede dieser Methoden funktioniert - welche Vorteile brächte das mühsame Rumgeklicke auf dem Telefon? Dasselbe gilt für Kinokarten: Die kann ich jetzt schon via Festnetz bestellen, abholen muss ich sie ohnehin an der Kasse.

Und wenn in Zukunft jede ihre Tickets per Mobilfunk bestellt - dann ist eben die Schlange am Abholschalter so lang wie jetzt an der Kasse. Das soll der Fortschritt sein? Nein, natürlich nicht: Schließlich werden die Klingelmonster der Zukunft ja Filme und Musik direkt abspielen können, dann muss niemand mehr ins Kino oder Konzert gehen.

Der Reiz des Neuen mag einen kurzfristigen Boom bescheren. Letztlich wird es dem M- jedoch nicht anders als dem E-Commerce ergehen: Wenn die Kunden keinen Nutzen erkennen können, kaufen sie weiter im Laden ein. Ein Nutzen könnte besserer Service sein, ein anderer ein günstigerer Preis. Von beidem ist bisher nicht viel zu spüren.

Deutschlands größter TK-Konzern schafft es beispielsweise nicht, auch nur seinen eigenen Mitarbeitern Zugriff auf alle relevanten Kundendaten zu verschaffen. Wer etwa T-DSL bestellt hat, kann bei seinem Berater nicht erfahren, wie es um seinen Auftrag steht. Eine der ersten Direktbanken versah ihre Kreditkarten mit einer 800er-Notfallnummer. Praktisch, solange man sich in Deutschland aufhält. Anrufe aus dem Ausland schmetterte eine anonyme Stimme ab, ohne auf eine andere Nummer zu verweisen. Das Unternehmen Zukunft akzeptiert klaglos Kreditkartenzahlungen via Web - und stellt sich beim Bankeinzug an, als wolle ihm jemand die Unschuld rauben. Ein großer Hardware-Versender verkauft zwar von morgens bis abends, für Reklamationen muss man aber zwischen 16 und 18 Uhr anrufen. Und WAP? Mein WAP-Handy sagt: ‘Überprüfen Sie Ihre Einstellungen’, wenn mal wieder irgendwas beim Verbindungsaufbau nicht klappt, obwohl es doch eher um anderer Leute Einstellung geht.

Es gibt Gegenbeispiele: Unternehmen, die bei Fragen schnell zurückrufen, Fehler unbürokratisch korrigieren und insgesamt ihre Kunden als Könige behandeln. Und zwar unabhängig davon, ob sie nun persönlich, per Telefon, Internet oder WAP Kontakt aufnehmen. Diese Firmen werden - hoffentlich - überleben. Die anderen, deren Management jede neue Technik vor allem als schnelle Geldvermehrungsmaschine begreift und Kunden als auszunehmende Opfer, werden weiter Customer-Relationship-Management-Software kaufen, statt sich um gute Beziehungen zu ihren Kunden zu bemühen. Hype-to-Hype-Business eben. (ck)