In die Versenkung

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Kirsch

Zuerst war es nur ein leises Raunen, inzwischen pfeift es schon der eine oder andere Spatz vom Dach: 3G, die vielbesungene Mobilfunktechnik der dritten Generation, bekannt als UMTS, hebt nicht wie ein Düsenjet ab, sondern torkelt eher Albatros-ähnlich über die Startbahn.

Immerhin schaffen diese Vögel es aber wenigstens irgendwann in die Luft. Hingegen sind Sinn, Zweck und damit auch Erfolg von UMTS mittlerweile völlig unklar. Gut 50 Milliarden Euro hatten die sechs Steigerer in Deutschland für ihre Lizenzen bezahlt - angeblich in der Hoffnung, mit flotten Datendiensten das Geld schnell wieder hereinzubekommen. Inzwischen sind nur noch vier Firmen übrig: Quam ging Pleite, Mobilcom stieg aus UMTS aus und verscherbelte seine Basisstationen an E-Plus. Vodafone und T-D1 lassen durchblicken, der Starttermin im Herbst könne erneut verschoben werden. Telekom-Chef Ricke: „Von UMTS reden wir nicht mehr.“

Überraschen kann dies nur Technikversessene. Denn die Frage „Wozu“ konnte schon am Anfang der UMTS-Begeisterung niemand beantworten. War zunächst von rund 30facher ISDN-Geschwindigkeit bei der Datenübertragung und dadurch ermöglichtem Videostreaming die Rede, schrumpfte die tatsächliche Leistung schnell auf ein Zehntel zusammen - für den Fall, dass nur ein Teilnehmer in der Funkzelle steht und dort bewegungslos verharrt.

Bewegungslos allerdings muss bei aller Mobilität meistens sich verhalten, wer arbeiten will. Während die Straßenbahn durch die Kurve ruckelt, das Flugzeug mit einer Turbulenz kämpft oder der Zug über ausgeschlagene Weichen taumelt, kann niemand auf dem Winz-Display eines PDA oder gar eines Handys Sinnvolles erledigen. Dazu braucht es „stationäre Mobilität“: Beim Warten auf Züge, Busse, Bahnen oder im Stau etwa. Dort jedoch ist man bis auf wenige Ausnahmen mit WLAN und einem Notebook deutlich besser bedient als mit den fipsligen Kleinstgeräten. Zumindest, solange Webdesigner sich mit Flash-Animationen, üppigen Grafiken und Frames austoben.

Nun hielten sich die Marketingstrategen ohnehin zurück, UMTS mit Arbeiten in Verbindung zu bringen. Meistens sprachen sie von Multimediadiensten, die die neue Technik ermöglichen sollte. Nur: Wie viele Kunden hätten wie viel Geld für das Betrachten von Filmchen auf dafür nicht geeigneten Bildschirmen bezahlen müssen, um alleine die Lizenzkosten wieder einzuspielen? Und - warum sollten sie das tun?

Obwohl so recht niemand mehr von UMTS reden möchte, dürfte es doch seinen Weg machen. Und sei es nur, weil die ersten GSM-Lizenzen 2009 auslaufen. Und für eine Erneuerung werden die Telekom-Unternehmen wohl kaum noch bezahlen wollen. Spätestens dann fließt genügend Geld für die G3-Technik, weil den Kunden keine Wahl mehr bleibt. Derweil versuchen die Anbieter, sie an große Datenmengen zu gewöhnen, indem sie wie T-Online mehr und mehr aufgeblähte Dienste anbieten, die mit GPRS oder GSM nicht mehr sinnvoll nutzbar sind.

Bleibt zu hoffen, dass die technikverliebten Manager aus dem Debakel etwas lernen. Wie Daten zum Kunden kommen, ist dem letztlich herzlich egal. Ihn interessiert viel mehr das „Was“. Und da sieht es bislang reichlich dünn aus. (ck)