Landgewinnler

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Von
  • Bert Ungerer

Am 7. April ist es endlich so weit: Wir dürfen uns unsere .eu-Wunschdomain registrieren lassen, ohne dafür besondere bürokratische Hürden überwinden zu müssen. Nach einer viermonatigen Phase der allgemeinen Vorfreude (Sunrise) folgt nun der Startschuss für die Eroberung (Land Rush) eines neuen, mit viel Getöse vermarkteten Territoriums im Internet-Namensraum. Der scheint bei oberflächlicher Betrachtung überraschend eng zu sein.

Wie das zuständige Grundbuchamt, die Registry Eurid, akribisch auflistet, liegen bereits mehr als 325 000 Bewerbungen um sage und schreibe über 233 000 .eu-Domainnamen vor. Das entspricht fast der Stichwortzahl einer veritablen Enzyklopädie. Etwa zehn Prozent davon sind auch bereits aktiv im Sinne der Registry, aber nur ein Bruchteil dient auch tatsächlich schon der Kommunikation im Internet.

Es gibt keine Hunderttausende von Flüchtlingen und Vertriebenen, die ihre bisherigen Top-Level-Domains aufgeben und dringend neue Ländereien abstecken müssen. Vielmehr kommen diese Zahlen vor allem durch Massenregistrierer zustande, die sich vom späteren Domainhandel hohe Gewinne versprechen. Das Führen eines Berechtigungsnachweises für die .eu-Domain war in der Sunrise-Periode derart kompliziert, dass etliche Bewerber mit legitimen Interessen abgewiesen wurden oder es gar nicht erst versucht haben.

Offenbar haben die Mechanismen gegen Domain-Grabbing derart krass versagt, dass man die Sunrise-Phase gleich hätte weglassen können. Absurde Blüten wie die Anmeldung von Marken wie „Sex“ für Futtertröge, „MUSIC“ für Obst und Gemüse oder solchen mit geschickt platzierten Leerzeichen, die das DNS bekanntlich nicht unterstützt und die daher im Domainnamen wieder entfallen, wären dann womöglich nicht ausgetrieben.

Erfahrungsgemäß wird die nun folgende Land-Rush-Phase, die nicht nach Bürokratenart, sondern nach dem bewährten Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ funktioniert, noch genug Arbeit für Juristen mit sich bringen. Nicht nur wegen etwaiger Namensrechte: Schon streiten sich Internet-Provider darum, ob man mit der Länge seiner .eu-Warteschlange Werbung treiben darf.

Doch auch .eu-Interessenten, die ganz vorne in der Warteschlange ihres Hosters stehen, dürften am 7. April in vielen Fällen leer ausgehen. Das ist zu verschmerzen. Wer guten Inhalt oder Service im Internet zu bieten hat, wird damit Erfolg haben - egal mit welchem Domainnamen. (ole)