Manchmal mehr

Kein eindeutiges Bild vermitteln die einschlägigen Statistiken zur Gehaltsentwicklung für IT-Fachkräfte. Allgemein scheint wieder etwas mehr zur Verteilung bereitzustehen, was in der Regel aber nur Personen mit speziellen Fertigkeiten zugute kommt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Achim Born

Die Schere der Gehaltsstruktur öffnet sich weiter. Diese Entwicklung macht auch vor der Einkommensgestaltung für IT-Fachkräfte nicht Halt. Die Managementberatung Kienbaum meldete bereits im Juli vergangenen Jahres, dass die Grundgehälter der Führungskräfte unter den IT-Fachleuten um durchschnittlich 2,1 % gestiegen sind, während die der Fachkräfte um 2,0 % zulegten.

Die Ergebnisse der Vergütungsstudie „Führungs- und Fachkräfte in der DV-Branche 2004/2005“, die die Berater Ende des Jahres vorstellten, ermittelte sogar eine noch größere Diskrepanz. Hiernach sind die Gehälter der Fachkräfte im Jahr 2004 nur um durchschnittlich 2,6 % gestiegen, die Gehälter der Führungskräfte hingegen um 2,9 %. In nackten Zahlen bedeutete dies ein durchschnittliches Jahresgesamtgehalt von 93 000 € für Führungskräfte und 57 000 € für Fachkräfte.

Nach der jüngsten IT-Gehaltsanalyse der IG Metall vom März haben sich die Gehälter in der „Informations- und Technologiebranche“ im Erhebungsjahr 2004 recht unterschiedlich entwickelt. Marketing- und Beratungsprofis erzielten deutliche Zuwächse bei den Einkommen. In den Bereichen Rechenzentren, Call Center, Service-Technik und Hardware-Engineering sind dagegen die Einkommen sogar leicht gesunken.

Generell weisen beispielsweise die in der Job-Familie Beratung/Consulting aufgelisteten Tätigkeiten deutliche Gehaltssprünge auf. So nahm ein Manager auf der ersten Führungsebene im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 95 000 € knapp 14 000 € mehr mit nach Haus. Ein Seniorberater brachte es auf ein Plus von 9000 € und erzielte ein Jahreseinkommen von 68 000 €. Ein Zuwachs von circa 7000 € auf 56 000 € für einen Berater sowie 3000 € auf 43 000 € für einen Juniorconsultant sprechen gleichfalls für überdurchschnittliche Gehaltssprünge.

Softwareexperten mussten sich bis auf die Ausnahme der Projektleiter mit weniger begnügen. Während Beschäftigte dieser Jobkategorie mit 82 000 € über 4000 € mehr Jahresgehalt einstrichen, zählten erfahrene Softwarespezialisten, Software-Ingenieure und Anwendungsprogrammierer am Ende des Jahres im Vergleich zum 2003er Salär durchschnittlich 2000 € weniger.

Einkommen von Projektleitern
Jahr Alter unter 30 31 bis 40 41 bis 50
GH ZV GH ZV GH ZV
2003 45 48 65 72 71 78
2004 45 48 66 72 72 78
2005 51 54 61 68 66 75
GH = Grundgehalt, ZV = Zielvergütung, alle Angaben in tausend €, Quelle: Towers Perrin 2005

Eine ebensolche Entwicklung registrierte die IG-Metall-Erhebung für die Aufgaben im Rechenzentrum. Allein die Arbeitsvorbereiter und die Rechenzentrumsleiter durften sich 2004 über mehr Geld in der Tasche freuen. In der Hardware-Entwicklung waren es hingegen die Senior-Entwickler, die im Unterschied zu ihren Kollegen ein leichtes Plus erzielten.

Deutlich eingebrochen ist indes das Durchschnittsjahresgehalt der Entwicklungsleiter und Chefingenieure. Es betrug nach knapp 123 000 € nun nur noch etwas über 88 000 €. Nach Einschätzung der Gewerkschaftler hat sich der Trend fortgesetzt, immer mehr Anteile des Einkommens variabel zu gestalten und teilweise vom Unternehmenserfolg abhängig zu machen. Dieser Punkt wird durch die Erhebung „Entgelt in der IT-Branche 2005“ allerdings nur bedingt bestätigt. Hingegen hat sich die Spanne der niedrigsten und höchsten Firmendurchschnitt-Entgelte deutlich vergrößert.

Als Juniorberater kann man knapp 29 000 € oder 52 000 € am Ende des Jahres in den Taschen haben. In der ersten Führungsebene spannte sich das Salär sogar zwischen den Durchschnittsextrema von 64 000 € und 146 000 €. Für Operator lauten die Zahlen 30 000 € und 50 000 €, für einen Projektleiter 52 000 € oder 125 000 €.

Spanne der Jahresgehälter
Funktion Firmendurchschnitt Durchschnitts- gehalt
min max min max min maxi Mittelwert
2002 2002 2003 2003 2004 2004 2004
Juniorberater 30 48 30 46 29 52 43
Berater 37 57 37 61 36 67 56
Seniorberater 47 68 46 70 48 127 68
Chefberater 54 92 53 91 54 91 74
Manager 59 107 63 123 64 146 95
HRW-Entwickler 403 50 52 61 46 61 55
HRW-Seniorentwickler 45 57 54 63 55 68 60
Gruppenleiter Entwickler 70 79 63 80 53 81 74
Leiter Entwicklung 66 107 123 123 68 125 88
Sfw-Entwickler-Junior 33 45 27 47 24 59 39
Sfw-Entwickler 39 69 35 60 36 65 52
Sfw-Entwickler-Senior 43 78 40 78 43 72 59
Projektleiter 61 88 55 87 53 125 82
Junior-VB 36 70 47 68 36 60 44
VB 49 85 43 85 44 78 64
Vertriebsleiter 61 107 68 123 53 125 97
alle Angaben in tausend €, auf 35-Stunden-Basis, Quelle: IG Metall 2005

Diese Spanne muss allerdings nicht der wahren Gehaltsrealität entsprechen. Denn für eine Verzerrung sorgt wieder die Normierung der Entgeltdaten auf eine 35-Stunden-Woche. Dabei wissen die Studienautoren selbst, dass die tatsächlich vereinbarten Arbeitszeiten durchaus höher liegen können. In der vorliegenden Erhebung, für rund 20 000 Daten aus 47 Unternehmen der IT-Branche, gilt beispielsweise nur in 17 der beteiligten Betriebe eine 35-Stunden-Woche. Ebenso viele lassen 40 Stunden in der Woche arbeiten. Bei 13 Betrieben betrug die Regelarbeitszeit zwischen 37 und 39 Stunden pro Woche.

Eine Normierung ist mit Blick auf die Gewerkschaftstradition verständlich, gestaltet die Vergleichbarkeit zu anderen Statistiken jedoch etwas mühselig. Denn wer 40 Stunden in der Woche arbeitet, muss auf die Entgeltdaten 14,3 % aufschlagen, um einen wirklichen Vergleichswert zu erhalten. Eine 46-Stunde-Woche, wie sie die Gehaltsumfrage unserer Schwesterzeitschrift c’t für das Berufsfeld Beratung ausmachte, würde einen Zuschlag von 31,4 % bedeuten. Dies würde für Seniorberater das Jahressalär auf 89 000 € hochschnellen lassen.

Besagte c’t-Analyse (Heft 6/2005, Seite 102), die branchenübergreifend angelegt ist und hinsichtlich der 4800 ausgewerteten Teilnehmerangaben nach Treu und Glauben funktioniert, errechnete im Mittel eine Arbeitszeit von 44 Wochenstunden für IT-Experten. Nur 11 % der Teilnehmer arbeitete weniger als 40 Stunden in der Woche, 17 % aber mehr als 50 Stunden. Und nicht jede Überstunde wird bezahlt.

Beispielsweise konnten nur 55 % der Teilnehmer mit einer Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 45 Stunden ein Einkommen von 40 000 € und mehr erzielen; wenn mindestens 45 Stunden gearbeitet wird, sind dies aber bereits 66 %. Auf der anderen Seite hilft es einem Web-Master nicht, dass er eine Stunde länger als seine Kollegen in der Qualitätssicherung arbeitet. Er verdient mit 35 000 € einfach ein Drittel weniger. Dass Mitglieder der Geschäftsführung für durchschnittlich 53 Stunden in der Woche mit 84 000 € überdurchschnittlich verdienen, bestätigt hingegen die Regel wieder.

Die Ergebnisse der c’t-Gehaltsumfrage untermauern in den meisten Punkten die Erkenntnisse der Vorjahre. Beispielsweise besteht 15 Jahre nach der Wiedervereinigung zwischen Ost und West immer noch ein erkleckliches Gehaltsgefälle. Beträgt das Durchschnittssalär in den neuen Bundesländern 36 000 €, erhalten „Wessis“ 46 000 €. Im Ländervergleich führt nach wie vor Hessen mit 51 200 €, während Brandenburg mit 41 500 € bereits deutlich an das Schlusslicht der Westbundesländer Rheinland-Pfalz (41 800 €) heranrückte; Schlusslicht war Sachsen-Anhalt mit 32 700 €.

Als eine der wenigen Gehaltsstatistiken differenziert die c’t-Umfrage zusätzlich nach der Bezahlung für bestimmte Fertigkeiten. Die Daten stellen zwar wie die gesamte Untersuchung nur eine Momentaufnahme dar und sind statistisch nicht abgesichert, sie machen aber gewisse Tendenzen sichtbar. So durfte sich ein IT-Experte im Bereich Unternehmenssoftware freuen, falls er sich mit Peoplesoft-Anwendungen auskennt. Denn sein durchschnittliches Jahresgehalt betrug 61 000 €.

Da verdienten SAP-Spezialisten (52 000 €) oder Experten der Oracle-Unternehmenslösungen (48 000 €) deutlich weniger. Noch mehr bescheiden mussten sich die Spezialisten kleinerer ERP-Lösungen wie KHK oder Exware, die auf 40 000 € Einnahmen im Jahr kamen. Weiterhin gut im Geschäft sind IT-Experten, die im Mainframe/Midrange-Bereich tätig sind. Mit 55 000 € lag ihr Salär rund 10 000 € über den Gehältern von TCP/IP- oder Apache-Spezialisten, Fortran-Know-how bringt wiederum rund 10 000 € mehr im Vergleich zu Java- oder C++-Kenntnissen. Wer sich in Web-Service-Technik auskennt, erhielt im vergangenen Jahr knapp 51 000 €. PHP-Wissen war dagegen wieder fast 10 000 € weniger Wert.

Geforderte Stundensätze
Position Februar 2003 August 2003 Februar 2004 August 2004 Februar 2005
Softwareentwickler 67 64 62 60 60
Berater 75 72 70 68 69
Trainer 65 62 60 60 60
Projektleiter 77 75 71 69 71
Administrator 59 57 54 52 53
Qualitätssicherung 64 62 60 58 58
alle Angaben in €, Quelle: Gulp 2005

Eine weitere, nicht zu vernachlässigende Stellgröße für das Einkommen ist die Branchenzugehörigkeit. Eine aktuelle, von Kienbaum im Auftrage der Wirtschaftswoche durchgeführte Untersuchung ermittelte, dass ein Leiter IT/Organisation bei einer Firmengröße von 500 bis 999 Mitarbeitern in der Branche Banken/Versicherungen/Beratung (120 000 €) das meiste und in der Branche Nahrung/Genuss (104 000 €) das Wenigste verdient. Selbst die Kollegen in der Elektro/IT-Branche kommen nur auf 106 000 €. Vergleichbar verhält es sich für die Leiter Netzwerktechnik. 90 000 € erreichen allein Beschäftigte bei Banken/Versicherungen/Beratung oder im Energiebereich. Verantwortliche Netzwerker in der Elektro/IT-Branche müssen sich mit 5000 € weniger zufrieden geben.

Zu etwas anderen Schlüssen bei weniger managementmächtigen Tätigkeiten kommt eine Studie, die die Computerwoche in Zusammenarbeit mit der Vergütungsberatung Towers Perrin auf die Beine stellte. Am meisten verdienen danach im laufenden Jahr Bereichsleiter in der Halbleiterindustrie mit einem Grundgehalt von 115 000 €. Es folgen die in Softwarehäusern Beschäftigten, die IT-Dienstleister sowie Manager in der Telekommunikationsbranche mit jeweils 108 000 €.

Schlusslicht sind die Bereichsleiter der Hardware- und Anwenderfirmen, die 100 000 € im Jahr verdienen. Rechnet man jedoch die variablen und leistungsbezogenen Bestandteile ein, sind die Bereichsleiter der Softwareindustrie mit einer Zielvergütung von jährlich 144 000 € Spitze, gefolgt von denen der Halbleiterindustrie mit 139 000 € und den IT-Dienstleistern mit 137 000 €. Schlusslicht sind auch hier die Anwenderunternehmen, wo ein Bereichsleiter auf 118 000 € Zielgehalt kommt.

Mehr Infos

IT-Freiberufler optimistisch

Trotz Überkapazitäten im Beratungsmarkt blicken die Einzelkämpfer unter den IT-Experten optimistisch auf die künftige Entwicklung. Laut einer aktuellen Umfrage des IT-Projektportals www.gulp.de rechnen 48 % der IT-Freiberufler und sogar 51 % der Projektanbieter damit, dass die Honorare im IT-Projektmarkt in absehbarer Zeit wieder steigen. Gulp-Geschäftsführer Karl Trageiser sieht in diesem Ergebnis eine Bestätigung der Stundensatzanalyse seines Unternehmens aus dem Februar dieses Jahres, wonach erstmals seit drei Jahren die Honorare stabil bleiben. Die Untersuchung, die Daten von 54 000 eingetragenen Profilen von Freiberufler und 200 000 abgewickelte Projektanfragen auswertete, ergab eine durchschnittliche Stundensatzforderung von 64 € - genauso hoch wie im August 2004. Zugleich ließ sie erste Anzeichen einer moderaten Steigerung der durchschnittlichen Stundensätze erkennen.

Den Anfang machten die Projektleiter, die im Schnitt ihre Honorare um 2 € auf 71 € in der Stunde anhoben. Eine hohe Übereinstimmung unter Projektanbietern und 843 Freiberuflern gibt es zudem bei der Frage, welche fachliche Qualifikationen die Chancen der Freiberufler erhöhen. Mehr als jeder Zweite sieht hier Linux vorne. Ähnlich verhält es sich mit Java. Vor allen weiteren Konkurrenten traut man dabei C# am ehesten zu, zumindest in die Nähe der Java-Stellung zu kommen. Ein wenig knapper gestaltet sich das Umfrageergebnis bei den Datenbanken von Oracle und Microsoft.

Durchschnittlich kann ein Bereichsleiter in diesem Jahr 133 000 € Zielvergütung mit nach Haus nehmen, 8000 € mehr als 2004. Ein Abteilungsleiter kommt auf 101 000 € (94 000 €), ein Gruppenleiter auf 82 000 € (77 000 €) und ein Projektleiter auf 71 000 € (72 000 €). Hinter dem Rückgang bei letztgenannter Berufsgruppe vermuten die Berater von Towers Perrin eine mögliche Bestrafung für gescheiterte Projekte in der Vergangenheit. Denn andererseits dürfen sich unter 30 Jahre alte Projektleiter nach der Stagnation im vergangenen Jahr wieder auf ein deutliches Plus freuen. Ganz im Gegensatz zu den 31- bis 40-Jährigen oder 41- bis 50-Jährigen. Das gilt im Übrigen auch für die diesjährigen Gehälter der Projektleiter in Ostdeutschland. Die werden heuer auf ein Grundgehalt von 44 000 € (39 000 €) und einer Zielvergütung von 49 000 € (44 000 €) zulegen. Dagegen reduziert sich die Vergütung für Projektleiter in Frankfurt und München, wenngleich sie mit einer Zielvergütung von 75 000 € (Frankfurt) beziehungsweise 68 000 € (München) weiterhin deutlich höher ist.

Die Berater von Towers Perrin gehen in diesem Jahr von einem durchschnittlichen Einkommensplus von 3,1 % für die IT-Managementgehälter aus. Ungeachtet dessen würden insbesondere international tätige Firmen ihr hiesiges Personal als zu teuer erachten. Wie sich die Gehälter für IT-Experten in nächster Zeit entwickeln, hängt in jedem Fall eng mit der Nachfrage zusammen. Im Unterschied zum Branchenlobbyisten Bitkom, der 10 000 neue Stellen verspricht, rechnet die IG Metall trotz gestiegener Umsatzerwartungen und Neueinstellungen bei einigen Unternehmen nicht damit, dass sich die Zahl von derzeit etwas über 700 000 Beschäftigten in der ITK-Industrie in diesem Jahr nennenswert erhöht. Den Einstellungen steht nach Angaben der Gewerkschaftler ein Arbeitsplatzabbau im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen gegenüber. Signale für eine Erholung des Stellenmarktes möchten aber auch die Arbeitnehmervertretungen nicht in Abrede stellen. Die Beschäftigten müssten allerdings hohe Ansprüche in Bezug auf Qualifikation, Erfahrung, Belastbarkeit und Mobilität erfüllen. (wm)