Markt und Macht

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Von
  • Jürgen Seeger

Eigentlich kaum der Rede wert: Google und Sun Microsystems haben ein Kooperationsabkommen getroffen. Google soll Open Office und Java fördern, Sun im Gegenzug den Google-Toolbar. Darüber hinaus liegen Sinn und Zweck der Zusammenarbeit noch im Dunkeln, und man könnte getrost zur Tagesordnung übergehen.

Aber Halt! Geht es hier nicht um einen Schlag gegen Microsoft? Oder zumindest die Planung für solch einen Schlag? Oder zumindest die Vorbereitungen zur Planung eines Schlages? So jedenfalls die Deutung von Analysten und Kommentatoren.

Und in der Tat herrschte zwischen dem Suchmaschinen- und dem Betriebssystem-Monopolisten in letzter Zeit schlechte Stimmung. Ersterer brachte mit dem Suchwerkzeug Google-Desktop eine Funktion, die Microsoft als ultimatives Kaufargument für Windows Vista vorgesehen hat - aber erst Mitte 2006. Microsoft zog vor Gericht, um zu verhindern, dass ihr ehemaliger Vice President Kai-Fu Lee Google dabei hilft, nach China zu expandieren. Denn auch die Redmonder hätten gern ein Stück vom Internet-Suchmaschinenmarkt.

Gerade das Internet ist bekanntlich ein Spielfeld, auf dem Microsoft nicht immer eine glückliche Hand bewies. Hatte man es in den Anfängen verschlafen, bedurfte es eines Bundling mit dem hauseigenen marktbeherrschenden Betriebssystem, um den Internet Explorer zum meistverbreiteten Browser zu machen. Dienste wie MSN und die dazugehörige Suchmaschine dagegen blieben weit hinter den Erwartungen zurück.

Dennoch dürfte die vermeintliche Anti-Microsoft-Allianz von Google und Sun Microsystems den Redmondern, die Ende September ihr 30-jähriges Firmenjubiläum feierten, keine allzu großen Kopfschmerzen bereiten. Denn auf der einen Seite stehen 12 Milliarden US-Dollar Jahresgewinn, erzielt aus einem Umsatz von 40 Milliarden Dollar mit 60 000 Mitarbeitern. Auf der anderen Seite freut sich Sun Microsystems, bei knapp 3 Milliarden Umsatz endlich wieder Gewinn zu machen (200 Millionen); Google ist - zu Recht - stolz auf 1,5 Milliarden Gewinn bei einem Umsatz von 6 Milliarden (Jahresschätzung auf Basis der Halbjahresergebnisse).

Das ist zwar schon etwas mehr als die vielzitierte Redmonder Portokasse, aber wer mitgerechnet hat, bemerkt: Allein Microsofts Gewinn übersteigt den summierten Umsatz der „Anti-Microsoft-Allianz“ um mehrere Milliarden.

Erinnert sei auch daran, dass es der Microsoft-Führung kürzlich knapp 2 Milliarden Dollar wert war, einen langjährigen juristischen Streit beizulegen. Prozessgegner: Sun Microsystems1. Oder daran, dass Linux, einst gesehen als der Angstgegner der Redmonder, bislang vor allem Marktanteile auf Kosten der klassischen Unix-Derivate erobert hat.

Sicher: David hat gegen Goliath gewonnen. Aber das war auch ein ziemlich unwahrscheinlicher Ausgang der Story, sonst würde sie nicht bis heute erzählt.

So mutiert der vermeintliche Schlag bestenfalls zum möglichen Nadelstich, und der Wunsch war wieder einmal Vater des Gedankens. Gehen wir also zur Tagesordnung über.


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