Neue Bretter

Willkommen zu den App-Infos, die ab jetzt den Platz der Internet-Infos einnehmen werden. Auch die App-Infos widmen sich jeweils einem – nicht unbedingt IT-relevanten – Thema. Dieses Mal den Brettspielen.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Kai König
Inhaltsverzeichnis

In dieser ersten Ausgabe der App-Infos geht es um Umsetzungen bekannter Brett- und Gesellschaftsspiele auf Mobilgeräten wie Handys und Tablets. Der Schwerpunkt liegt allerdings nicht auf Klassikern wie „Mensch ärgere dich nicht“, „Schach“ oder „Halma“, obwohl es für sie viele Anwendungen sowohl für iOS- als auch für Android-Geräte gibt.

Im Fokus steht stattdessen eine Gattung von Brett- und Kartenspielen, die international als „European Boardgames“ bekannt sind: thematisch ansprechend aufbereitete Spiele für die ganze Familie oder strategisch angehauchte Gesellschaftsspiele für Erwachsene. Bekannte Vertreter sind „Die Siedler von Catan“, „Elfenland“, „Carcassonne“ oder „Risiko“ (5,49 € als iPad-Version). Da sich wohl kaum jemand die Mühe machen wird, einzelne URLs in sein Smartphone zu tippen, tauchen die Links in der Printversion nicht mehr im Text auf, sondern sind nur noch wie bisher in der Onlineversion der Internet-Infos im Web per Mouseklick aus dem Artikel heraus erreichbar. (Diese und die folgenden Ausgaben der App-Infos sind direkt über die iX-Homepage erreichbar.)

Mit der steigenden Verbreitung von Tablet-Geräten (vor allem ist hier Apples iPad zu nennen) hat sich für Erfinder und Verleger von Brettspielen ein neues Marktsegment eröffnet. Neben der klassischen und gegebenenfalls einer vereinfachten Kartenspiel-Variante für zwei Spieler oder einem Reisespiel bietet sich jetzt die Entwicklung eines interaktiven Spiels für ein Tablet oder ein Handy an. Hat das Spiel dann noch gelungene Einzel- und Mehrspieler-Modi, ist der Erfolg wahrscheinlich.

Am Anfang der hier getroffenen Auswahl sollen die „Die Siedler von Catan“ stehen. Dieses Spiel ist sowohl in Apples iTunes App Store in einfacher (3,99 €) und als HD-Version fürs iPad (ebenfalls 3,99 €) sowie in Google Play für Android (2,99 €) unter dem Titel „Catan“ erhältlich. Das Original-Brettspiel von Klaus Teuber erschien 1995 und wurde im gleichen Jahr zum Spiel des Jahres in Deutschland gewählt. Jeder Mitspieler übernimmt die Rolle eines Stammesfürsten, das Spielziel ist die erfolgreiche Besiedelung einer aus Hexagonfeldern bestehenden Insel. Das Prinzip basiert auf einem sich wiederholenden Zyklus aus Rohstoffgewinnung und dem Heben von Bodenschätzen, dem Handel mit Mitspielern oder mit der imaginären Außenwelt durch die Nutzung von Häfen sowie dem Bauen von Siedlungen, Straßen und Städten. Letzteres bringt den Spielern neben Siegpunkten verbesserte Möglichkeiten der Rohstoffgewinnung. Wer zuerst eine vorab vereinbarte Menge an Punkten erreicht hat, gewinnt die Partie.

Die Umsetzung für iOS ist technisch als gelungen zu bewerten. Zudem macht es Spaß, Zeit mit „Catan HD“ auf dem iPad zu verbringen. Es gibt einen Einzelspieler-Modus mit KI-Gegnern verschiedener Stärke sowie einen lokalen Mehrspieler-Modus, in dem die Teilnehmer das Gerät, auf dem das Spiel läuft, herumreichen müssen. Die Schwäche der KI-Gegner im Einzelspieler-Modus liegt vor allem in gelegentlich eher seltsamen Angeboten während der Handelsphase. Einen Mehrspieler-Modus für das Onlinespiel gibt es bislang nicht.

Es sei noch erwähnt, dass die Seefahrer-Erweiterung des Brettspiels, die den Spielspaß deutlich erhöht, auch als Erweiterung von „Catan“ über einen In-App-Kauf angeboten wird. Für Catan-Fans sollten die zusätzlichen 3,99 € zu verkraften sein.

Auch für Fans des Brettspiels, die nicht unbedingt auf dem Handy oder Tablet-Gerät spielen möchten, gibt es nützliche Apps zum Thema Catan. „Catanerator Pro“ erzeugt Spielfelder für „Die Siedler von Catan“ auf iOS-Geräten (1,59 €); „Catan Setup“ und „Bettler Settlers“ stellen kostenlos ähnliche Funktionen auf Android bereit.

Ein gelungenes Brettspiel für zwei Personen ist Dirk Henns „Rosenkönig“. Als Brettspiel vor einigen Jahren bei Kosmos in einer eigenen Reihe von Zweipersonen-Spielen erschienen, hat es nun den Weg auf iPhone und iPad gefunden (2,99 €).

Thematisch im England des 15. Jahrhunderts angesiedelt, führen die Spieler die Häuser York (weiße Rose) beziehungsweise Lancaster (rote Rose) in die Rosenkriege. „Rosenkönig“ wird auf einem 9 x 9 Felder großen Brett gespielt. Ziel ist es, die Mehrheit der Felder/Gebiete in die eigene Gewalt zu bringen. Zu diesem Zweck nutzen Spieler Machtkarten und Helden.

Die Grafiken und Musik geben die Stimmung des Brettspiels wieder und im Urlaub kann die App im lokalen Zweispieler-Modus (zumindest auf einem iPad) problemlos die traditionelle Variante ersetzen. „Rosenkönig“ integriert sich zudem in Apples Game Center und kann online gespielt werden. Im Einzelspieler-Modus ist die KI sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene eine Herausforderung; Rosenkönig-Profis hingegen werden nach einer Weile den Computer selbst auf höchstem Schwierigkeitsgrad besiegen können.

Bei „Phase 10“ für iOS (0,79 €) oder Android (0,75 €) und „Tichu“ – ebenfalls in iOS- (2,39 €) und Android- Versionen (2,27 €) verfügbar – handelt es sich um Kartenspiele. „Phase 10“ ist für Gelegenheitsspieler deutlich einfacher zu lernen, da es auf den Grundkonzepten von „Rommé“ basiert. Die Spieler müssen möglichst schnell zehn Phasen abarbeiten und in jeder dieser Etappen eine bestimmte Kartenkombination sammeln. Die Umsetzung für Handys und Tablets funktioniert gut, bietet aber keinen Modus für mehrere Spieler.

„Tichu“ ist teurer, bietet allerdings auch ein komplexeres Konzept und gut durchdachte Strategien für mehrere Spieler. Es handelt es sich um ein chinesisches Kartenspiel für vier Personen, das man ähnlich wie Doppelkopf in Zweierteams spielt mit dem Ziel, alle Karten loszuwerden und dabei möglichst hohe Punktwertungen zu erzielen. Der Mehrspieler-Modus in iOS basiert auf Bluetooth oder Game Center, die Android-Version scheint hingegen nur einen Einzelspieler-Modus zu kennen.

Wiederum die Umsetzung eines komplexeren Brettspiels für das iPad ist „Ticket to Ride“. (Die iPhone-Version heißt „Ticket to Ride Pocket“.) 2004 zum Spiel des Jahres gekürt, ist „Ticket to Ride“ thematisch im Umfeld des Eisenbahnbaus angesiedelt. Es ist einfach zu lernen (in circa 5 Minuten), bietet aber für fortgeschrittene Spieler eine große Komplexität und viele Erweiterungssets. Letztere sind als In-App-Käufe auch für die iPad-Version erhältlich. Trotz des vergleichsweise hohen Preises von 5,49 € ist diese App ein Muss für Brettspiel-Fans, was nicht zuletzt an der perfekten Umsetzung des Originals und verschiedener Mehrspieler-Optionen liegt.

Einer der bekanntesten deutschen Spieleautoren ist der Mathematiker Reiner Knizia. Sowohl in Googles Play als auch in Apples App Store finden sich verschiedene seiner Werke als elektronische Umsetzungen. Besonders erwähnenswert: „Samurai“ und „Money“. Letzteres ist ein einfach zu lernendes Kartenspiel, das allerdings jeweils nur ein Einzelner gegen KI-Gegner spielen kann (2,99 €). Bei „Samurai“ handelt es sich um ein Strategiespiel im alten Japan. Die Spieler versuchen Einfluss auf verschiedene gesellschaftliche Gruppen auszuüben, um selbst zum Shogun oder Kaiser aufzusteigen. Für den Preis von 3,99 € ein Muss für die Fans von Strategiespielen.

Einfach zu spielen sind „Take It Easy!“ (0,79 €) sowie „Das verrückte Labyrinth HD“ (3,99 €). Bei Ersterem handelt es sich um ein einfaches abstraktes Strategiespiel, bei dem der Spieler Plättchen mit Linien bestimmter Farben so in ein Spielfeld platzieren muss, dass er eine möglichst hohe Punktzahl erreicht. „Take It Easy“ eignet sich gut als Solospiel.

„Das verrückte Labyrinth HD“ ist die elektronische Umsetzung der Labyrinth-Reihe aus dem Ravensburger-Verlag. Sie bietet einzelne Puzzles, aber auch Einzel- und Mehrspieler-Modi, in denen die Teilnehmer in möglichst kurzer Zeit Schätze im Labyrinth sammeln müssen.

Zum Schluss noch der Verweis auf zwei Apps, die für Fans des jeweils umgesetzten Spiels ein Muss sein sollten: Ravensburgers „Puerto Rico“ (5,99 €) und „Carcassonne“ (7,99 €). (ka)