Orientierungs-Los

Seit es die ersten Höhlenmalereien gab, wird Informationsvermittlung immer umfangreicher. Wirkliche Abhilfe ist bis heute nicht in Sicht. Schon gar nicht durch Einführung des Computers.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel

Leider haben es auch Computer bisher nicht geschafft, ein für allemal Schluß mit nicht auffindbaren Akten zu machen oder zu verhindern, daß drei Kopien desselben Briefes angefertigt werden. Statt die produzierten Daten zu reduzieren, hat er vielmehr zur wahren Informationsflut geführt. Aber wenigstens kann der Computer dabei helfen, die von ihm in die Welt gesetzten Daten zu sortieren, aufzubewahren und - gelegentlich mit viel Glück - sogar wiederzufinden.

Dazu braucht man Datenbanken, am besten objektorientierte, weil die ganz besonders modern sind. Für alle, die sich nicht sicher sind, ob sie wirklich durchdrungen haben, was eine objektorientierte Datenbank ausmacht, bietet The Object-Oriented Database System Manifesto eine Einführung in die Thematik, die vor allem durch die gute Strukturierung der angebotenen Informationen gefällt.

Wie alles in der modernen EDV ist auch das Thema objektorientierte Datenbanken ein Opfer der Normierungsgremien geworden. Seit Galilei ist bekannt, daß es stets mehr als eine Wahrheit gibt. Die offizielle (http://info.gte.com/ftp/doc/activities/x3h7.html) kommt in diesem Fall von ANSI. Die inoffizielle, das Ergebnis der Pragmatiker also, findet der geneigte Leser bei der Object Database Management Group, dem Zusammenschluß einiger Hersteller objektorientierter Datenbanklösungen.

Nach all der Theorie nun frisch ans Werk mit neuer Technik: YOODA ist 'Yet Another OO Database', die mit der recht stabilen Version 1.2 mehr als nur Kompilierspaß bringt. Eine C++-Schnittstelle gewährt Zugang zu den Segnungen des Systems, das sich dadurch sehr gut als persistenter Aufbewahrungsort für Objekte eignet, die im Rahmen von C++-Anwendungen der dauerhaften Ablage wert scheinen. Dabei kann man die Datenbank sogar über mehrere Systeme hinweg verteilen, ohne sich um die in solchen Umgebungen bisweilen reichlich fiesen Probleme der Transaktionsbehandlung kümmern zu müssen.

Derzeit kann YOODA nur bis zu 2 GByte Daten verwalten, aber mit etwas Ordnung im Datenbestand wird das fürs erste reichen. Wer die Software in heterogenen Systemen einsetzen will, sollte wissen, daß sie über eine CORBA-ähnliche Schnittstelle verfügt. Zu bekommen ist das Wunderding für SunOS 4.1.3 und OSF/1 für Alpha-Rechner. Versionen für HP-UX, Solaris 2.3 und NextStep 3.0 sind angekündigt. YOODA entstammt der digitalen Feder von Eric Abecassis.

Für diejenigen, die mit ihren OO-Anwendungen Daten via World Wide Waiting verbreiten und so zur Steigerung des weltweiten Datenwusts beitragen möchten, ist vermutlich LINCKS ein interessanter Kandidat. Diese objektorientierte Multiuser-Datenbank kommt von der Universität Linköping (Schweden). Die Entwickler haben im wesentlichen ein Anwendungsszenario vor Augen gehabt, das die gemeinsame Nutzung kleiner Dateneinheiten optimieren soll. Ein solcher Chunk besteht aus zwei Teilen: der kleine enthält strukturierte Informationen, die die unstrukturierten Daten des großen Teils beschreiben.

Auf der Basis dieser Infrastruktur kann man mit LINCKS Daten ins Web transportieren und muß für unterschiedliche Zugriffswünsche (volles Dokument, Kurzbeschreibung mit Verweisen, Inhaltsverzeichnis et cetera) auf eine einzige Datenquelle lediglich verschiedene Sichten generieren. Die aktuelle Version befindet sich in einem recht stabilen Zustand, scheint aber schon eine Weile nicht mehr angefaßt worden zu sein.

Der letzte Kandidat kommt aus dem Land des Lächelns und hört auf den Namen MOOD. Material's Object Oriented Database verfügt über beeindruckende Eigenschaften, die das System in die Nähe von KI-Anwendungen rücken. Kurz gesagt, erlaubt MOOD die Speicherung von unregelmäßigen Daten, wie sie überall dort auftreten, wo Wissen oder Material über ein bestimmtes Problem (daher der Name) gesammelt wird. Auf der Basis dieses Bestandes erlaubt MOOD unscharfe Abfragen. Was hinter diesem geheimnisvoll klingenden Konzept steht, können Solaris- und Linux-Anwender herausbekommen, wenn sie ihre Aufmerksamkeit dem MOOD-FTP-Server zuwenden. Alle, die erst mal sehen wollen, ob es sich lohnt, so viele Bytes um die halbe Welt zu trommeln, können sich über eine 'Pseudo-Demonstration' zunächst von MOODs Vorzügen (oder Nachteilen) überzeugen.

Wer all den Versprechungen dieser Systeme nicht traut, dem sei ein in Ehren ergrautes Programm ans Herz gelegt, das nach meiner Einschätzung die ultimative Waffe gegen überflüssige Information und Datenchaos ist. Diese Geheimwaffe, die auf allen Unix-Varianten zu Haus und in semantisch ähnlicher Form auch unter dem diesjährigen Star der EDV-Szene, NT, verfügbar ist, hilft im Kampf gegen 10 MByte große MIME-Attachments ebenso wie zur Rettung überlaufender Festplatten und heißt rm. (ka)