Phone 1.9

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Kirsch

Fast wäre man versucht, mit Ernst Reuter auszurufen: „Ihr Entwickler der Welt, schaut auf dieses Handy!“ Aber bitte nicht zu genau. Denn just das, was Apple mit seinem iPhone richtig macht, flößt der Firma so viel Angst vor der eigenen Courage ein, dass sie auf halbem Wege stehen bleibt.

Der Blick in die Runde der Konkurrenten zeigt, wo das Gerät die Nase vorn hat. Das fängt bei der Hardware an: Beim Telefonieren ohne Headset schaltet sich der dabei überflüssige Bildschirm Strom sparend ab. Die für Texteingaben jenseits von SMS ohnehin nutzlose Tastatur fällt zugunsten eines größeren Displays weg.

Wichtiger aber: Auf dem iPhone läuft Mac OS X. Vermutlich abgespeckt - aber wenigstens war es vorher ein komplettes Betriebssystem. Was man von den Konkurrenten Symbian und PalmOS nicht sagen kann. Aus deren Ecke kommt zwar immer die Behauptung, Smartphones seien inzwischen gleichwertige Computer, nur eben kleiner.

Und tatsächlich ist bei ihnen vieles da, was man vom PC kennt: Office-Dateien lassen sich bearbeiten (wenn man denn mit den Minitasten klarkommt), es gibt einen Browser, einen Mail-Client, eine Termin- und Kontaktverwaltung und so weiter. Im Betrieb aber löst sich das Gerede vom Mini-PC schnell in Wohlgefallen auf. Denn das Mail-Programm mag nur die Inbox des IMAP-Servers zeigen, es kennt weder Signaturen noch Verschlüsselung. VPN-Clients fehlen oder sind so verkrüppelt, dass sie nur mit dem Server des Handy-Anbieters zusammenarbeiten. Weder Kontakt- noch Terminverwaltung kennen Kategorien, den Terminen lassen sich keine Teilnehmer zuordnen. Den meisten Anwendungen fehlt die Undo-Funktion. Das sind keine Desktop-, sondern Spielzeug-Anwendungen.

Statt aus einer erwachsenen Applikation alles zu entfernen, was nicht aufs Handy passt, stricken Symbian und Co. mühsam Halbfertiges zusammen - wie beim Betriebssystem. Apple hingegen könnte den anderen Weg gehen: Safari als Browser, Mail.app für Nachrichten, Adressbuch und Kalender ebenfalls aus Mac OS X. Ob es wirklich so kommt, wird sich zwar erst herausstellen, wenn es das iPhone tatsächlich gibt. Sicher ist bislang jedoch, dass Safari auf dem Handy läuft - quasi als Mini-Betriebssystem. Denn eine Software-Entwicklungsumgebung wird es für das iPhone nicht geben. Wer eine Anwendung für das Gerät schreiben will, möge sich auf Web-2.0-Funktionen beschränken und sein „Programm“ Safari zur Ausführung überlassen.

Irgendwie will Apple also einen Computer in seinem iPhone unterbringen - aber dann doch wieder lieber nicht: Software darf außer dem Hersteller niemand darauf installieren.

Nichts gegen Webanwendungen. Aber angesichts ihrer Beschränktheit einerseits und der Kosten, Langsamkeit und Unzuverlässigkeit mobiler Datenverbindungen andererseits sind sie nicht der Geniestreich, als den sie Steve Jobs uns präsentiert.

Zur Erinnerung: Next-Computer gab es ursprünglich nur für Universitäten. Diese Beschränkung hat damals zum vorzeitigen Hinscheiden von Jobs’ Baby beigetragen. Er sollte seinem neuen Kind nicht wieder durch Überbehüten das Leben schwer machen. Sondern lieber der Konkurrenz zeigen, wo’s langgeht.

Mehr Infos

Auf der Heft-CD

Alles zum Bauen der eigenen Notfall-CD:

  • Incident-Response-Toolkit Windows Forensic Toolchest 3.0 zum automatisierten Ausführen der Windows-Checks
  • Incident-Response-Toolkit zum automatisierten Ausführen der Linux-Checks
  • 16 Rootkit-Entferner
  • Auswahl forensischer Werkzeuge
  • Auszüge aus „Einführung in die Computer-Forensik“ (dpunkt, 2006)

(ole)