Schreib mal wieder

Nicht erst seit der Vorstellung von Apples iPad stellt sich die Frage, wie man ohne Tastatur Texte eingeben kann – vorzugsweise mit einem gewissen Komfort, den etwa virtuelle Tastaturen nicht bieten können.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Riepe

Als Kubrick seinen Film „2001“ drehte, war er etwas zu optimistisch: Computer wie HAL 9000, die mit dem Nutzer einen Dialog führen können, gehören auch heute noch ins Reich der Science-Fiction. Zwar haben Spracherkennungs- und Diktiersoftware Fortschritte gemacht. Ohne die Möglichkeit, Text manuell einzugeben, kommt man jedoch nicht aus.

Manche Anwender können allerdings keine Tastatur nutzen – entweder, weil sie in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, oder weil gar keine vorhanden ist, etwa bei einem Tablet-PC. Zwar bieten Letztere eine virtuelle Tastatur, die man mit einem Stift oder mit den Fingern bedienen kann. Sie eignet sich jedoch allenfalls für gelegentliche Eingaben. Das Schreiben längerer Texte erfordert viel Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz. Das gilt erst recht, wenn der Anwender an einem normalen Bildschirmarbeitsplatz sitzt und die virtuelle Tastatur mit der Maus bedienen muss.

Auf Tablet-PCs bietet sich als Alternative zur virtuellen Tastatur ein Programm zur Handschrifterkennung an, etwa CellWriter oder das Stylus Handwriting Input Panel (SHIP). Letzteres schickt die Eingabe zur Auswertung an einen Windows-Rechner im LAN, der die eigentliche Arbeit leistet. CellWriter arbeitet autonom, kann jedoch nur einzelne Zeichen erkennen. Außerdem benötigt das Programm eine ausgiebige Trainingsphase.

Einen interessanten Ansatz verfolgt dasher. Das Programm erlaubt eine relativ komfortable Eingabe auch längerer Texte nur mit einer Maus oder einem anderen Zeigegerät – einschließlich sogenannter Eye- und Head-Tracker, die das Steuern des Cursors mit Augen- oder Kopfbewegungen gestatten. Die Bedienung des Programms ist zunächst etwas ungewohnt, lässt sich jedoch ebenso leicht erlernen wie das Radfahren. Tatsächlich weisen beide Aktivitäten gewisse Parallelen auf: Der Anwender steuert den feststehenden Cursor durch eine sich verändernde Landschaft aus Buchstaben und Zeichen; der eingegebene Text entspricht dem zurückgelegten Weg (siehe Abbildung).

Texteingabe mit dasher verlangt ein wenig Übung, ist jedoch komfortabler als viele andere Verfahren.

Bei der Orientierung helfen die farbig hinterlegten Felder: Großbuchstaben findet man im gelben Kästchen, Ziffern im roten, Satzzeichen im grünen und Leer- und Zeilenendezeichen im weißen. Die Größe der Kästchen entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der die jeweiligen Zeichen auftreten; häufig vorkommende Wörter sind leichter einzugeben als andere. Für die Berechnung der Zeichenhäufigkeiten verwendet dasher einen Trainingstext und die Eingaben des Nutzers. Mit der Zeit passt sich das Programm daher an den eigenen Schreibstil und das verwendete Vokabular an.

Das integrierte Textfeld erlaubt es, die Eingabe nachträglich zu editieren. Außerdem kann der Nutzer den Text in einer Datei speichern oder per Cut & Paste an andere Anwendungen senden.

Eine halbwegs flüssige Texteingabe lässt sich auch mit einer einzigen Taste erreichen: per Morsealphabet – genauer gesagt, einer erweiterten Form des Codes, die zusätzliche Symbole für Groß- und Kleinschreibung, Sonderzeichen, Cursor-Steuerung und dergleichen enthält. Das erfordert etwas mehr Übung und geht nicht ganz so schnell wie mit dasher – dessen Autoren geben an, dass ein erfahrener Nutzer mit der Maus 39 Wörter pro Minute schreiben kann, während ein durchschnittlicher Morser zwischen 60 und 100 Buchstaben pro Minute schafft.

Als Übersetzer zwischen Morsetaste und Computer dienen Programme wie morseall und xcw. morseall klinkt sich in den Accessibility-Layer des Gnome-Desktop ein; die linke – oder einzige – Maustaste dient als Eingabegerät. Wer eine Zwei- oder Dreitastenmaus besitzt, kann Punkte und Striche mit der linken und rechten Taste produzieren; die mittlere, soweit vorhanden, wiederholt das letzte Zeichen.

Das Programm xcw hingegen erwartet eine Morsetaste an einer seriellen Schnittstelle. Es kann sowohl mit einfachen als auch mit automatischen Tasten umgehen. Die übersetzten Zeichen leitet es als Events an den X-Server weiter. Ähnlich wie bei virtuellen Tastaturen für X11, etwa xvkbd oder florence, muss dabei der Window Manager so eingestellt sein, dass das aktive Fenster nicht dem Mauszeiger folgt – sonst landen die Eingaben im falschen Fenster.

www.ix.de/ix1005141 (mr)