Selbstbedienung

Die Phonoindustrie wirbt für legale Musik-Downloads im Netz und fordert den gemeinen Konsumenten auf, ab sofort das Herunterladen von Musikdateien aus illegalen oder fraglichen Quellen einzustellen. Natürlich hat das WWW dazu einiges zu bieten.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Kai König

Zu Zeiten, in denen Plattenfirmen über Umsatzverluste von bis zu 20 Prozent klagen und gleichzeitig Download-Portale wechselnder Qualität aus dem Boden schießen, tut sich die Frage auf: Ist der kommerzielle Online-Download von Musik wirklich die Lösung des Problems?

Diese Frage stellte sich vor einiger Zeit auch unsere Schwesterzeitschrift c’t, die in Heft 12/2004 im Rahmen eines Artikels über die Preisgestaltung von Musik-Downloads das Projekt „50 Cent und gut“ ins Leben rief, das die Akzeptanz ungeschützter Musik-Downloads und das freiwillige Zahlungsverhalten der Kundschaft untersuchen soll. Die Ergebnisse sind in einer der nächsten Print-Ausgaben der Zeitschrift nachzulesen, voraussichtlich Mitte Oktober.

Eins lässt sich aber jetzt schon sagen: Offensichtlich ist der musikhörende Internetnutzer bereit, Geld in Online-Downloads zu investieren. Vor dem ungestörten Genuss sollte er jedoch einige Punkte klären. Beispielsweise in welchem Datenformat die Lieder auf den Computer gelangen, über welches Medium er sie wiedergeben kann und darf sowie in welche besitz- und eigentumsrechtliche Situation er sich mit Download und Kauf begibt. Informationen zu letzteren Fragen behandeln seit einiger Zeit gängige Rechts- und Jura-Portale. So schafft beispielsweise eRecht 24 in einem eigenen MP3-Bereich Klarheit über den rechtlichen Status von Musik-Downloads, Brennen und Upload von Songs.

Bei den legalen und kommerziellen Download-Portalen ist es üblich, die gekauften Songs mit mehr oder weniger störenden Restriktionen zu versehen, die sich technisch in Form eines Digital Rights Management (DRM) niederschlagen. Ein solches System kann sich durch Einschränkungen hinsichtlich des Brennens auf Audio-CDs manifestieren, könnte aber auch festlegen, dass der Anwender einen Titel nur soundsoviel Mal abspielen darf und damit eine Art Mietverhältnis zwischen Portalbetreiber und Nutzer des Songs definieren.

Als Marktführer erweist sich im Moment Apple mit seinem iTunes und präsentiert sich mit nach eigenen Angaben über 700 000 verfügbaren Songs als Stern der Szene. Die hier verfügbaren Titel sind DRM-geschützt, allerdings muss man dem Anbieter zugute halten, dass die Form des Schutzes nutzerfreundlich ist. So erlaubt Apple das Brennen einzelner Songs beliebig oft und das von Wiedergabelisten bis zu siebenmal. Auf dem hauseigenen iPod-Musikplayer lassen sich die Titel ohne Restriktionen anhören.

Wer sich ein wenig zusätzliches Taschengeld verdienen will, kann sich an Apples neuem Partnerprogramm beteiligen und einen direkten Link von der eigenen Website auf Songs oder Audiobooks des iTunes Store setzen. Kommt es darüber zu einem Verkauf, winkt eine Beteiligung von fünf Prozent.

Auch die Konkurrenz schläft nicht. Microsoft hat jüngst mit der Testversion von MSN Music seine Absicht bekundet, in den Online-Musik-Markt einzusteigen und bietet US-amerikanischen Kunden zurzeit 500 000 Titel zu je 99 US-Cent zum Herunterladen an.

Nachdem andere kommerzielle Portale lange spärlich befüllt und benutzt wurden, ziehen Anbieter wie Musicload oder Popfile nach. Als Nachteil erweist sich in vielen Fällen jedoch die Preisgestaltung, da Apple mit 0,99 Euro pro einzelnem Lied seine Inhalte fast konkurrenzlos günstig anbietet. Dazu kommt, dass die Songs der iTunes-Konkurrenz oft in spezifischen Formaten des Windows Media Player daherkommen, die sich zum einen nur über Windows-Plattformen hören und wegen des DRM-Schutzes nicht in das beliebtere MP3-Format wandeln lassen. Die Konsequenz daraus ist, dass sich die Songs nicht über HiFi-MP3-Player, MP3-fähige Autoradios oder dem beliebten iPod wiedergeben lassen - und der kleine weiße Begleiter ist nun einmal einfach schick ...

Neben den kommerziellen Portalen bieten sich dem Musikfan viele weitere Quellen für legale Musik im Netz. Ein guter Startpunkt dafür ist die Seite mp3.de. Hier browst man über ein Kategoriensystem durch verschiedene Genres wie Rock, Alternative, Dark oder Punk und kann sowohl einzelne Songs als auch komplette Alben vergleichsweise unbekannter Interpreten und Bands in der Regel kostenfrei downloaden. Die technische Qualität der Songs ist gut, und über Geschmack lässt sich bekanntermaßen ja nicht streiten. Eine Besonderheit ist der Song des Tages, der einen konkreten Titel und dessen Künstler gesondert vorstellt.

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Tonspion mit einem inhaltlich orientieren MP3-Magazin, dessen Redakteure und Informationssammler das Web nach zum Download frei verfügbaren Titeln bekannter Künstler durchforsten. Die auf diesem Server gelisteten Seiten verweisen daher oftmals auf mit Werbung und Popups zugepflasterte Sites anderer Anbieter, die im Rahmen von Werbeaktionen für einen begrenzten Zeitraum die Rechte an bestimmten Musiktiteln nutzen dürfen. Tonspion behauptet von sich, nur solche Aktionen aufzunehmen, die keine Bindung von persönlichen Informationen oder DRM-Konzepte an die Titel verlangen.

Eine andere Möglichkeit, an unterhaltsame Musik zu kommen, sind die Webauftritte der Interpreten und Bands. In vielen Fällen befinden sich dort kurze Previews zu Titeln und Alben der Künstler, in der Regel in einem nicht direkt speicherbaren Format oder von relativ schlechter Qualität. Häufig stehen jedoch auch einige wenige Titel komplett zum Download in guter Qualität bereit. Die Faustregel lautet hierbei: Je kleiner und individueller die Band, desto wahrscheinlicher findet man gut nutzbare Musikstücke. Dass man bei Gefallen das Album kauft - egal ob on- oder offline -, ist Ehrensache, oder? Mit gutem Beispiel voran geht hier die Dortmunder Band Air of December, die auf ihrer Webseite zwei komplette Songs in 128 kBit/s umsonst bereitstellt. Auf dem Portal Musicline.de, das als Plattform für elektronischen Datenaustausch und Katalogisierung der deutschen Musikbrache dient, kann man in die Preview-Version des Albums hineinhören.

Nach diesen Anregungen zum Abschluss ein Blick auf die tragbaren Begleiter als solche. Neben dem iPod gibt es natürlich diverse andere Abspielgeräte von Herstellern wie Rio, Creative Labs oder Philips, deren Geräte in der Regel preislich günstiger und in einigen Fällen hinsichtlich ihrer Features dem iPod deutlich voraus sind. Dennoch haben sie eines gemeinsam: sie sind kein iPod, und man begegnet ihnen in Bus oder Bahn viel seltener als Apples Lösung. Wer sich noch an die 80er-Jahre zurückerinnern kann, weiß vielleicht, dass tragbare Kassettenabspielgeräte immer ein „Walkman“ waren, die Marke war irgendwann egal. Ich bin schon gespannt, was man in fünf Jahren mit dem Begriff iPod assoziiert.

Ein weiteres Zeichen für die Dominanz dieses Gadget sind die unzähligen Fanseiten, das erhältliche Zubehör und die vielen Anleitung zum Basteln von Mods mit Zubehör und iPod. Für welches tragbare Musikabspielgerät finden sich im Web wohl Anleitungen wie die, aus ihm einen Radio-Piratensender zu basteln? Damit ist es nicht getan, Tools für den iPod erleichtern das Leben, und sogar IT-Unternehmen nutzen die iPod-Manie zur Verteilung von Audio-Community-Newstickern. (ka)