Sexy, aber arm

Apps entwickeln ist zwar sexy, aber die meisten App-Programmierer können von ihrer Arbeit nicht leben.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jürgen Seeger

Mit einem lässig hingeworfenen „Ich bin App-Entwickler“ ist man zurzeit an Cool- und Hipness kaum zu übertreffen. Wer Programme für Smartphones und Tablets baut, ist sogar bei den Early Adopters ganz weit vorn.

Dass App-Entwicklung beinahe schon wieder Mainstream ist, wird dabei gern übersehen. Denn die meisten neuen Programme entstehen heute für mobile Systeme; so viele, wie es für PCs erst nach Jahrzehnten gab.

Grund: Die Hürde namens „Vertriebskanal“, die jahrzehntelang zwischen Programmierer und Kunde stand, wurde niedergerissen. Apple hat mit dem App Store vorgemacht, wie Softwaredistribution in Zeiten des Internet funktioniert und man Anbieter und Kunde effektiv zusammenbringt. Keine Pappschachteln, keine Datenträger, keine Einzelhändler, nur das digitale Gut selbst.

Und Mitmachen kann jeder, der Apples Geschäftsbedingungen, amerikanische Moralvorstellungen und ein paar rudimentäre Guidelines akzeptiert. So entstand schnell ein riesiges Softwareangebot, weil Programmierer aus der ganzen Welt miteinander in Wettbewerb treten konnten. Nach nicht einmal eineinhalb Jahren waren über 100 000 Apps im Store, darunter viele kostenlos und die meisten zu Preisen im einstelligen Euro-Bereich. Google setzte für Android auf dasselbe Konzept, nur ein bisschen offener. Was den Anteil der Umsonst- und Low-Cost-Apps erhöhte.

Da kann es kaum erstaunen, dass die meisten Apps nicht einmal ihre Erstellungskosten einspielen, wie eine Erhebung des Marketing-Dienstleisters App-Promo ergab. Andere Studien bestätigen dies, im geschlossenen Apple-Umfeld ist tendenziell eher Geld zu verdienen als im offeneren Android-Ökosystem, aber eben nur für die Wenigsten genug.

Im Klartext: Kaum ein App-Entwickler kann von seiner Arbeit leben. Die Angry-Birds-Story stellt die Ausnahme dar, nicht die Regel.

Wenn Sie also meinen, das Wowereit-Motto „Arm, aber sexy“ sei doch nichts für Sie, und mit dem Ruf leben können, einer etwas drögen Tätigkeit nachzugehen – werden Sie SAP-Programmierer, entwickeln Sie Maschinensteuerungen, recyceln Sie Legacy-Programme für Vaxen. Oder warten Sie alte Cobol-Programme. (js)