Sparmaßnahmen

Mit dem Versenden von Rechnungen auf elektronischem Wege können Unternehmen Zeit, Aufwand und Geld sparen. Für die rechtliche und steuerrechtliche Anerkennung dieser „Dokumente“ gilt es allerdings, einige Spielregeln zu beachten.

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Von
  • Silke Wurch
Inhaltsverzeichnis

Ohne Rechnungen läuft im Geschäftsleben nur sehr wenig. Im digitalen Zeitalter setzen immer mehr Unternehmen auf deren elektronische Übermittlung. Viele erhalten bereits solche elektronischen Rechnungen, die man sich etwa bei Online-Bestellungen selbst ausdrucken kann oder die als PDF-Datei einer E-Mail angehängt sind. Aber welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen, um im Rechtsverkehr anerkannt zu werden?

Eine Rechnung ist nach dem Umsatzsteuergesetz grundsätzlich jedes Dokument oder eine Mehrzahl von Dokumenten, mit denen eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird (vgl. § 14 Abs. 1 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 UStDV). Die Bezeichnung der Rechnung im Geschäftsverkehr ist unbeachtlich, das bedeutet, es ist nicht entscheidend, ob die Rechnung auch als solche überschrieben ist.

Gemäß § 14 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) muss eine Rechnung, also auch eine elektronisch übermittelte, folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des leistungserbringenden Unternehmers und des Leistungsempfängers;
  • Steuernummer oder Umsatzsteuer-identifikationsnummer;
  • Ausstellungsdatum;
  • fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer);
  • Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung;
  • Zeitpunkt der Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts;
  • Entgelt aufgeschlüsselt nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen;
  • Steuersatz oder Hinweis auf eine Steuerbefreiung und
  • einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers nach § 14 b Abs. 1 Satz 5.

Diese Angaben müssen grundsätzlich in jeder Rechnung im geschäftlichen Verkehr enthalten sein. Rechnungen können auf Papier oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers, auf elektronischem Weg übermittelt werden. An die Zustimmung des Empfängers stellt der Gesetzgeber keine zu hohen Anforderungen. Zwischen Rechnungsaussteller und -empfänger muss lediglich Einvernehmen darüber bestehen, dass ersterer die Rechnung elektronisch übermitteln soll. Die Zustimmung lässt sich etwa in Form einer Rahmenvereinbarung oder im Zuge der allgemeinen Geschäftsbedingungen erklären. Sie kann ebenfalls nachträglich erteilt werden. Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

Der Vorteil einer elektronisch übermittelten Rechnung liegt auf der Hand: Der Rechnungsaussteller spart erheblichen Aufwand und Kosten beim Versenden der Rechnung. Die Nachteile sind hingegen nur den wenigsten bekannt: Zum einen kann es schwierig sein, den Nachweis über den Zugang der Rechnung zu erbringen, zum anderen können elektronisch übermittelte Rechnungen - sofern sie nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen - nicht bei der Vorsteuererklärung geltend gemacht werden. Relevant ist hier vor allem § 14 Abs. 3 UStG.

Diese Regelung geht zurück auf die europäische Richtlinie des Rates 2001/115/EG vom 20. Januar 2001 über die mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung. Die Richtlinie ist aufgrund zahlreicher Beschwerden von Wirtschaftbeteiligten ergangen und hatte den Zweck, vereinfachte und harmonisierte Vorschriften für alle Mitgliedsstaaten zu schaffen.

Nach § 14 Abs. 3 UStG sind bei elektronischer Übermittlung der Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts zu gewährleisten. Dies kann auf zwei Arten erfolgen:

  • mit qualifizierter elektronischer Signatur beziehungsweise mit qualifizierter elektronischer Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz oder
  • im EDI-Verfahren (elektronischer Datenaustausch) mit einer zusätzlichen zusammenfassenden Rechnung in Papierform oder in elektronischer Form, wenn diese zusammenfassende Rechnung mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde.

Der Begriff „Signatur“ ist nicht zu vergleichen mit der handschriftlichen Signatur, also der Unterschrift. Im herkömmlichen Rechtsverkehr besagt das Unterschriftserfordernis, dass das Schriftstück vom Aussteller eigenhändig unterschrieben sein muss. Erfüllt werden sollen hierdurch die so genannte Abschlussfunktion, die Identitäts-, die Echtheits- und die Warnfunktion.

Im Bereich der neuen Medien erfüllt die eigenhändige Unterschrift diese Funktionen jedoch nicht. Eine eigenhändige Unterschrift kann zwar auf einem Blatt Papier ausgeführt und dann als eingescannte Grafik unter eine Willenserklärung gesetzt werden. Die Unterschriftsgrafik lässt sich aber von jedem Empfänger beliebig oft vervielfältigen. Sie bietet daher keinen Schutz vor Missbrauch. Deswegen fordert § 14 Abs. 3 UStG, dass elektronisch übermittelte Rechnungen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sind.

Die elektronische Signatur kann man mit einer Art Siegel für digitale Daten vergleichen. Sie wird unter Einsatz mathematischer Verfahren mit Hilfe eines privaten kryptographischen Schlüssels erzeugt. Mit dem dazugehörigen öffentlichen Schlüssel kann die Empfängerseite die Signatur jederzeit überprüfen und damit den Signaturschlüssel-Inhaber identifizieren sowie die Unverfälschtheit der Daten feststellen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine solche qualifizierte Signatur wurden durch das Signaturgesetz (SigG) und die Signaturverordnung (SigV) geschaffen. Seit dem 5. Januar dieses Jahres gilt allerdings das „Erste Gesetz zur Änderung des Signaturgesetzes“ (http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl105s0002.pdf), das im Wesentlichen die Handhabung von Signaturen vereinfachen und damit ihren Einsatz fördern soll.

Gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG ist eine elektronisch übermittelte Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung zu versehen. Zur Erstellung der Signatur benötigt der Rechnungssteller ein qualifiziertes Zertifikat, das ein Zertifizierungsdiensteanbieter ausstellt und mit dem sich die Identität der Zertifikatsinhabers bestätigen lässt. Dieses Zertifikat kann nach § 2 Nr. 8 SigG nur auf natürliche Personen ausgestellt werden. Es ist zulässig, dass eine oder mehrere natürliche Personen im Unternehmen bevollmächtigt werden, für den Unternehmer zu signieren. Der Zertifikatsinhaber kann zusätzliche Attribute einsetzen (vgl. § 7 SigG). Ein Attribut kann zum Beispiel lauten:

„Herr Mustermann ist Handlungsbevollmächtigter des Unternehmers A und berechtigt, Rechnungen bis zu einer Höhe von 50 000 EUR Gesamtbetrag zu unterzeichnen“.

Auch Vertreterregelungen und erforderliche Zeichnungsberechtigungen, die an die Unterzeichnung durch mehrere Berechtigte gekoppelt sind, können durch Attribute abgebildet werden.

Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich allerdings beim Vorsteuerabzug. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt aber voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a ausgestellte Rechnung besitzt. Das heißt im Klartext: Nur eine elektronisch übermittelte Rechnung, die den Vorgaben von § 14 Abs. 3 UStG genügt, also mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, kann im Rahmen des Vorsteuerabzugs geltend gemacht werden. Weitere Einsatzgebiete der elektronischen Rechnungen sind im Moment für Unternehmen rechtlich nicht abgesichert.

Für Privatpersonen stellt sich ebenfalls die Frage, was sie mit elektronischen Rechnungen, beispielsweise bei ihrer Einkommenssteuererklärung, anfangen können. Manche Steuerberater neigen zur Auffassung, das Finanzamt müsse elektronische Rechnungen anerkennen, da es keine Formvorschriften für Kostennachweise gäbe. Die Oberfinanzdirektion Hannover teilt diese Auffassung zwar, verweist aber auf fehlende Rechtsgrundlagen und Vorgaben, wie in der Praxis damit zu verfahren sei. Beim derzeitigen ungeklärten Stand der Dinge wird es vermutlich von der Kulanz der jeweiligen Sachbearbeiter abhängen.

Die elektronische Übermittlung von Rechnungen setzt sowohl beim Aussteller als auch beim Empfänger einiges Wissen in Bezug auf Handhabung, rechtliche und vor allem steuerliche Gültigkeit voraus. Die vorstehenden Ausführungen bieten einen ersten Einstieg, des weiteren sei auf die Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS), die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU), die Abgabenordnung (AO) und diverse Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zu diesem Thema hingewiesen.

Für Rechnungsaussteller, insbesondere solche, die im großen Umfang Rechnungen versenden, ist die Möglichkeit einer elektronisch übermittelten Rechnung eine lohnenswerte Alternative zur bisherigen Papierrechnung. Einen Überblick über die für qualifizierte elektronische Signaturen zuständigen Zertifizierungsdiensteanbieter findet sich auf den Internetseiten der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (www.regtp.de), ebenso eine Produktübersicht für elektronische Signaturen. Weitere Informationen lassen sich beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (www.bsi.de) und beim Geschäftsbereich TeleSec der T-Systems GmbH, dem Trustcenter der Deutschen Telekom (www.telesec.de) finden. Auskünfte und Hilfestellung hinsichtlich der elektronischen Signatur geben auch die örtlichen Industrie- und Handelskammern.

Aber auch für Rechnungsempfänger können sich elektronisch übermittelte Rechnungen lohnen, einige Unternehmen - etwa die Deutsche Telekom AG - belohnen ihre Kunden mit Gutschriften oder anderen Nachlässen. Als Argument neben dem geringeren Aufwand für das Unternehmen wird auch der Umweltschutz angeführt. Gleichwohl sollten Rechnungsempfänger elektronische Rechnungen nicht leichtfertig akzeptieren, sondern darauf achten, dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Finanzämter die elektronischen Rechnungen nicht im Rahmen des Vorsteuerabzugs berücksichtigen. Eine genaue Überprüfung der Rechnung schützt außerdem vor den zunehmenden Betrugsdelikten in der digitalen Welt. Privatpersonen sollten sich vor Einreichung ihrer Steuererklärung bei ihrem Finanzamt über die Anerkennung elektronischer Rechnungen informieren.

Silke Wurch
ist Rechtsanwältin im Münchener Büro der internationalen Sozietät Hammonds.
(ur)