Speichenweise

Der Sommer kommt, die Vögel zwitschern, und die Menschen wagen sich hinter ihren Bildschirmen hervor, um die Wonnen dieser Jahreszeit zu genießen. Die bei weitem beliebteste Freizeitbeschäftigung in dem Teil Deutschlands, in dem ich lebe, ist das Fahrradfahren oder neudeutsch - Biken.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel

Wie mit allen Freizeitaktivitäten verhält es sich auch beim Drahteselfahren so, daß die Menschheit sich in zwei Gruppen einzuteilen scheint: jene mit dem alten rostigen Zweirad und die knallbunten Radfahrsemiprofis, die jede freie Sekunde ihrem Sport widmen. Während die einen meist nur bei absoluter Windstille und sommerlichen Temperaturen mit laut knarzendem Radlager dem nächsten Biergarten entgegenstreben, kann man die andere Spezies bereits kurz nach Neujahr bei stürmischem Wetter mit ihren hochtechnischen Zweirädern, knackig gekleidet, den isotonischen Durstlöscher im Gepäck, Distanzen fahren sehen, die andere Menschen nur mit dem Automobil bewältigen können.

Die nachfolgenden Ausführungen richten sich eher an die zweite Gruppe, wenngleich auch die langsamen Hollandradpiloten sicherlich den einen oder anderen amüsanten Hinweis finden werden. Hinzuzufügen ist, daß der Autor sich definitiv der ersten Gruppe zugehörig fühlt und den Biergarten für den Höhepunkt einer Radtour hält. Die meisten Links hat freundlicherweise Klaus Ditze beigesteuert, dessen Interessensgebiete offenkundig komplementär zu denen des Autors sind.

Da wäre zunächst www.radsport.net zu nennen - eine wirklich klasse gemachte Web-Seite, die alles, aber auch alles für den Radsportbegeisterten bereitstellt. Unter anderem präsentiert ein Monatskalender die jeweils anstehenden Veranstaltungen und - soweit sie in der Vergangenheit liegen - die zugehörigen Ergebnisse. Für diejenigen, die es genau wissen möchten (oder vielleicht auch nur nachsehen wollen, wen sie alles noch besiegen müssen), gibt es die aktuelle Weltrangliste. Abgerundet wird die Web-Seite durch ein Fotoarchiv, das wichtige Ereignisse festhält (meist Zieldurchfahrten oder Siegerehrungen). Wie so oft auch bei diesem Server: leider verwendet er Frames, und mir bleibt nur der Verweis auf die oberste Seite.

Ein ähnlich ausgerichteter Web- Server ist radsport-news.com. Neben der Berichterstattung über aktuelle Wettbewerbe glänzt der Server durch eine Vorschau auf zweiradrelevante Fernsehsendungen. Echte Fans finden dort unter /teams98/index.htm Informationen über alle wesentlichen Radrennteams, wer dazu gehört, wer sie trainiert et cetera. Da in dieser Kolumne so oft über Frames-basierte Seiten gelästert wird, möchte ich an dieser Stelle lobend hervorheben, daß die Radsport-Newsler vorbildlich jede Seite mit einem eigenen und vor allem sichtbaren URL versehen haben.

Wer sich - ohne allzuviel eigene Kalorien zu verbrennen - ein Bild davon machen möchte, was in einem Radrennfahrer vorgeht, kann unter www.velopages.ch/jarmann/rolf.html im Tourtagebuch von Rolf Jährmann schmökern. Rolf ist Schweizer Radprofi und fährt heuer im französischen Casino Team. Zu dem Zeitpunkt, da diese Zeilen in den Rechner gehämmert werden, beschreibt Rolf gerade sein Schicksal beim Giro d'Italia. Täglich neue Artikel von ihm vermitteln dem Leser den Eindruck, live dabei zu sein. Darüber hinaus versteht er es, seine kurzen Berichte mit dem einen oder andern interessanten radrenntechnischen Detail zu versehen, das mit Sicherheit auch für den ambitionierten Hobbypiloten interessant ist. Freimütig sind auch die Berichte über das, was er bei seinen Strapazen verdient, der gute Rolf. Ein faszinierendes Stück Web-Kultur, das auch dem Nicht-Initiierten einen Eindruck von den Strapazen und der Willenskraft dieser Pedalkämpfer vermittelt.

Eine weitere umfassende Zweiradseite ist die von Bill Mitchell. Unter www.cyclingnews.com berichtet Bill ausführlich von diversen Radrennveranstaltungen. Er selbst ist Australier und protokolliert neben internationalen Ereignissen australische Radrennen, die im Normalfall auf dieser Seite des Planeten vermutlich eher weniger Beachtung finden.

Auch Bills Site präsentiert ein Radrenntagebuch. Marcel Wüst vom Team Festina führt es und berichtet ebenfalls vom Giro d'Italia. Interessant ist es, Marcels Kommentare mit denen von Rolf zu vergleichen. Insbesondere die wenig enthusiastischen Bemerkungen zu den 'Vampiren', den Doping-Testern, sind mehr als amüsant. Außerdem gibt es bei Bill Tagebücher von Henk Vogels (www.cyclingnews.com/results/interviews/henk98.shtml), Jay Sweet (www.cyclingnews.com/results/interviews/jay98.shtml) und Scott Sunderland (www.cyclingnews.com/results/interviews/scott98.shtml).

Wer nach der Lektüre von Rolfs oder Bills Seiten Blut geleckt hat und selber mitradeln will, findet unter cyclist.simplenet.com (http://cyclist.simplenet.com) alles, was er je über Radrennteams wissen wollte. Die Informationen sind deutlich detaillierter als bei radsport-news. Einen erschöpfenden Überblick über das deutsche Telekom-Team gibt cyclist.simplenet.com/telekom.shtm.

Natürlich lassen auch Radfahrer den Vereinstrieb nicht vermissen. Der Verein der Vereine ist die Union Cycliste International (UCI). Deren Frame-loser Web-Server deckt unter www.uci.ch im wesentlichen die bereits genannten Themenbereiche ab, ist an einigen Stellen jedoch ein wenig verwirrend aufgebaut. Während die oben beschriebenen Angebote sich nahezu vollständig dem Straßenradrennsport widmen, bezieht der UCI-Server auch andere Radrenndisziplinen mit ein. Unter sport.htm beispielsweise gibt es eine ganze Sprungliste auf Sportinformationen zu Varianten wie Geländerad- und Hallenrennen. Zweifelsohne hat dieser Server das umfassendste Informationsangebot zum Thema.

Selbstredend sind auch die diversen Radsportjournale im Internet vertreten, unter www.tour-magazin.de/stuff/index1.html etwa die sehr nett gemachte Web-Seite der Zeitschrift Tour. Neben all den sportlichen Höhepunkten der oben genannten Server fällt dieser vor allem dadurch positiv auf, daß er eine Fülle von Wissensartikeln zu allen Aspekten des Radfahrens vorhält. Von medizinischen Ratschlägen über Radpflege und Fahrradtechnik bis hin zu einer An- und Verkaufsecke gibt es alles, was das Herz das aktiven Drahteselreiters höher schlagen läßt. Ambitionierte Experten können dort auch aktiv ihr Wissen mit anderen teilen, indem sie die Datenbasis durch eigene Artikel erweitern.

Natürlich gibt es auch eine Web-Seite für das Radsportereignis schlechthin - die Tour de France. Unter www.letour.fr kann der Tourbegeisterte alles nachlesen, was er über das Mammutrennen wissen muß - natürlich zweisprachig. Neben den Namen der qualifizierten Teams findet sich dort eine Landkarte mit der diesjährigen Tour und unter tour98us/particularites.html die Beschreibung aller Strecken mit ihren Schwierigkeitsgraden.

So, nach all den hochtechnischen Radrennseiten kommt hier eine eher nostalgisch anmutende: Manufactum, der einzige Versandhandel, dessen Kataloge in der literarischen Welt Beachtung finden, hat die 'Wanderer'-Räder wiederaufleben lassen. Für die jüngeren: die Bezeichnung 'Wanderer' galt als Maßstab für technisch hochwertige Fahrräder. Die Marke überzeugte schon in den zwanziger und dreißiger Jahren angesichts der außerordentlich guten Verarbeitung vom Rahmen bis zur kleinsten Fahrradkomponente. Mit dem Eisernen Vorhang kam für Wanderer die Umwandlung in einen VEB und zum Teil die Produktionsverlagerung in den Westen. 1957 war dann das Zeitalter der Fahrrad-S-Klasse beendet. Den Manufactum-Machern gebührt Lob dafür, daß sie diese Marke wieder aufleben lassen. Und obwohl in dieser Kolumne eher selten auf komplett kommerzielle Seiten verwiesen wird, einen Blick auf die neuen Wanderer-Räder über wanderer.manufactum.de/seiten/homeset.htm sollte niemand versäumen. (ka)