Und sie wiederholt sich doch

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Von
  • Christian Kirsch

Nokia hätte es wissen können. Die Firma ist schließlich alt genug – hat mit Papier angefangen, dann Gummistiefel hergestellt, später Bildschirme, und stieg mit ihren Handys zum Weltmarktführer auf. Auf diesem Weg hätte Nokia mal nach rechts oder links gucken können. Dabei hätte es die Geschichte des Fotosatzes beobachtet und womöglich rechtzeitig etwas gelernt.

Ältere können sich vielleicht noch erinnern: Es gab mal „Fotosatzmaschinen“. Riesige Kästen, kaum kleinere Tastaturen und ein grün oder bernstein leuchtender Mini-Monitor, auf dem zwischen dem Text allerhand Kryptisches stand.

Ihr Ende war besiegelt, als Sun und Frame, später Apple und Adobe, merkten, dass ein Computer alles Mögliche kann. Dazu gehören Berechnungen, Silbentrennung und geometrische Transformationen – was die Fotosatzhersteller mit ihrer proprietären Hard- und Software erledigten.

Sun OS, Mac OS, PDF und QuarkXpress, später Windows und InDesign, waren die Totengräber von Dinosauriern wie Berthold, Hell, AM und Compugraphic – kaum jemand kennt diese Firmen heute noch. Ihre dedizierten Maschinen und speziell angepassten Programme sind ersetzt durch standardisierte Hard- und Software. Übrig blieben nur die Belichter, die PDF auf Film oder Druckplatte bringen.Nokia, immerhin, hat inzwischen eines gemerkt: Symbian ist eine Krücke. Das war es schon immer, und es gab von Anfang an eine Alternative, die weniger gekostet, aber mehr geleistet hätte. Dass ausgerechnet eine Telefonfirma Linux nicht wahrgenommen hat, ist eine besondere Ironie – immerhin wurde sein Vorfahr Unix bei Bell unter anderem zur Steuerung von Telefonnetzen entwickelt.

Wer jedoch Meldungen geglaubt hatte, die Finnen würden für ihre Smartphones auf Linux umsteigen, erlebte sein blaues Wunder. Stattdessen taten sich Microsoft und Nokia zusammen. Gemeinsam wollen sie nun eine Symbian-Variante der Office-Suite erstellen. Keine Rede mehr davon, Maemo, Nokias für sein Webtablett angepasstes Linux, solle in Zukunft die eigenen Smartphones steuern.

Man kann der Firma nur wünschen, dass die ITler den Telefonfricklern die Software aus den Händen nehmen. Dann bekämen Kunden womöglich endlich ein Betriebssystem, das sich auf allen Geräten gleich verhält. Sie könnten einzelne Anwendungen austauschen und vielleicht sogar für ein Jahr alte Smartphones noch ein Update erhalten.

Letztlich sollte Nokia HTC folgen und die Software weitgehend anderen überlassen. Die Chips ätzen sie schließlich auch nicht selbst. Ein mit Qt aufgehübschtes Android, das ohne den Datenkraken Google und den wohlwollenden Diktator Apple funktioniert – das wäre womöglich für viele ein attraktives Angebot. Auch Entwickler ließen sich schnell für so eine Plattform gewinnen. Das Betriebssystem ist hinreichend bekannt und beliebt, eine IDE gibt es mit dem überall verfügbaren Eclipse bereits. Und aus dem Linux-Ökosystem stehen weitere Tools zur Verfügung, seien es eingebettete Datenbanken oder SSH. Endlich müssten Programmierer ihre Anwendung nur noch einmal schreiben. Spezielle Versionen für S60 v3 (mit oder ohne Feature Pack?), S60 v5 oder gar noch UIQ wären überflüssig.

Man wird noch träumen dürfen. (ole)