Wie im Leben

Lang ist's her, daß diese Kolumne der Spielwut gefrönt hat. Grund genug, wieder mal eine Seite dem ureigensten menschlichen Bedürfnis zu widmen. Schöngeistig wie wir sind, geht es um Spiele, die mehr mit Denken und Kreativität zu tun haben, denn mit roher Gewalt und billigen Sound-Effekten.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel

Mein persönlicher Favorit ist Empire, ein Multiuser-Strategiespiel für beliebig viele Teilnehmer. Die Grundidee ist simpel - als Chef einer Nation muß man versuchen, die eigenen Latifundien reich, gesund und zufrieden zu halten. Das Spielfeld besteht aus Sektoren, die unterschiedlich ausgeprägte Eigenschaften wie Fruchtbarkeit oder Erzreichtum haben. Jede Nation besteht initial aus einigen wenigen Sektoren und versucht, ihre Grenzen auszudehnen. Die erste Entwicklungsstufe entspricht in der Regel einer eher bäuerlichen Phase, die sich langsam industrialisiert.

All dies steuern die Spieler über diverse Parameter. So werden ganze Nationen unter anderem durch einen Faktor charakterisiert, der auf den Namen 'happiness' hört. Ist eine Nation deutlich weniger glücklich als einer ihrer Nachbarn, kann es zur Revolution kommen, und der Spieler wird in die Wüste gejagt. Eine Unzahl weiterer Rahmenfaktoren wie das Wetter, das zu Mißernten führen kann, machen Empire zu einem sehr komplexen Spiel, das sich über Monate hinziehen kann.

Dabei gibt es in der traditionellen Variante täglich ein 'Update', das die Frequenz bei der Produktion von Gütern oder bei der Berechnung von Rahmenbedingungen festlegt. Blitzvarianten führen dieses Update alle 10 Minuten aus, so daß sich hier die Spielzeit in überschaubaren Grenzen hält. Trotzdem muß man Zeit mitbringen - deswegen ist Empire in vielen Netzen verboten.

Das Spiel besteht aus einem Server und entsprechenden Clients. Für Unix gibt es Server von The Planet's Empire Archives (ftp://ftp.empire.net/pub/empire/deity - FTP-Server nicht mehr erreichbar, tri 28.05.01). Beim letzten Hinschauen hörte der Server auf den Namen empire2b2r7.tar.gz und lief auf SunOS4.x, Linux, Unixware, DEC ALPHA OSF/1, und AIX. Clients gibt es im Verzeichnis /pub/empire/player/clients/ für Unix (empclient-2.5b.tar.gz), VMS (VMS),VM/CMS (VM_CMS), Macintosh (MEC_1.0.0.cpt.hqx), Windows (wsemp102.zip) und OS/2 (empos2.zip). Die X-Clients heißen xemp und myxec. Wer keine Lust oder Möglichkeit hat, einen Server zu installieren, kann übers Internet bei empire.net Infos darüber bekommen, wann wo wer ein neues Spiel aufsetzt.

Natürlich müssen News-Groups jeweils lokal verfügbar sein ....

Ach ja, Mitfanatiker trifft man in rec.games.empire oder mittags in der Kantine. Gelegentlich ein überraschender Effekt, völlig neue Charakterzüge an seinen Kollegen kennenzulernen.

In eine ähnliche Kategorie - in der konkreten Ausprägung allerdings viel flexibler - fallen Muds (Multi User Domains), die einen beliebigen Spielplatz für den Aufbau einer virtuellen (durch Texte repräsentierten) Realität bieten. Ein guter Ausgangspunkt für die Suche nach einem passenden Mud ist The Mud Connector (http://www.absi.com/mud/). Verbinden kann man sich am einfachsten per telnet mit dem Mud seiner Wahl.

Die Spannbreite der präsentierten Mud-Wirklichkeit reicht von Spielen im eher animalischen Bereich (Hauen, Stechen, Ballern) bis hin zu kooperativen Gemeinschaften, deren primäres Ziel Lernen und Wissensvermittlung ist. Der Clou ist, wenn Mud-'Bewohner' das Mud verändern. Bei LPMuds erzeugt man Erweiterungen - zum Beispiel neue Räume oder Monster - durch Programmierung in LPC (das C des Lars Pernsjö, Autor des LPMud). Je nach Mud müssen die Mitspieler für Erweiterungen den Administrator um Erlaubnis fragen, einen Test machen, eine bestimmte Zeit Mudder sein oder ähnliches.

Wer sich in das reale Abenteuer stürzen möchte, einen eigenen Mud-Server aufzusetzen, braucht neben viel Zeit und viel Ressourcen (Platten, CPU) zwei Dinge: die Serversoftware und eine sogenannte Mud-Lib zur Erschaffung der virtuellen Welt in LPC. Beide gibt es massenhaft. Die schnellsten Server sind MudOS und LPMud. Wer sich für LPMud als Server entschieden hat, macht keinen Fehler, wenn er seine Welt mit LPMud2.4.5 aufbaut. Für diejenigen, die MudOS bevorzugen, bietet sich zum Beispiel NightmareIV an (ftp://ftp.imaginary.com/pub/LPC/lib/Nightmare - nicht mehr erreichbar, tri 28.05.01). Gute Anlaufstellen für weitere Mud-bezogene Informationen oder Tools sind bat.cs.hut.fi (hier nicht als Link hinterlegt, weil der Server in den letzten Tagen nicht erreichbar war), The Advanced Communication Technologies Laboratory, die Northeastern University's College of Computer Science sowie Winternets und Lysator ACS's FTP service.

Wer mit einem Proxy-Server arbeitet, könnte Probleme haben, ftp.actlab.utexas.edu zu erreichen.

Es läßt sich ahnen, welch komplexe Welten sich hier auftun. Wer nicht aufpaßt, wird süchtig, und ich wiederhole die Warnung der letzten Spieleseite: Wer wegen Spielens fliegt, soll sich bloß nicht bei uns melden - wir haben schon genug davon. . (ka)