Sendestation

Audio- und Videodatenströme ins Netz zu senden, ist keine Zauberkunst. Dazu muss man nicht mal einen Server einrichten: Der VLC-Player enthält alle Funktionen, die man zum Streamen braucht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Horst Eidenberger

Im Äther ist das Verbreiten eigener Inhalte lizenzierten Sendern vorbehalten. Im Netz hingegen darf es jeder. Mit der geeigneten Software lässt sich im Handumdrehen ein eigenes Programm auf die Beine stellen – etwa mit dem VLC-Player des VideoLAN-Projektes (siehe Kasten „Onlinequellen“). Er ist für zahlreiche Betriebssysteme erhältlich, darunter Linux, Mac OS X und Windows. Wer ein BSD, Solaris oder QNX einsetzt, muss den Quelltext allerdings selbst übersetzen.

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Der VLC-Player ist als Einzelanwendung nutzbar, aber auch als Browser-Plug-in oder Entwicklungsumgebung für eigene Medienverarbeitungs-Anwendungen. Er unterstützt alle wichtigen Codecs – darunter MPEG-4 Part 2 und Part 10 (H.264), Sorensen und Windows Media Video (WMV) – und Containerformate (siehe den Artikel „Turbulente Strömungen“ auf Seite 114 der Druckausgabe). Darüber hinaus bringt er Ein- und Ausgabefilter für DVB-Datenquellen, HTTP- und FTP-Download sowie fast alle Streaming-Formate mit – einschließlich Microsofts MMS.

Beim Schritt zur aktuellen Version 0.9.2 haben die Entwickler einige Änderungen an der Benutzeroberfläche vorgenommen. Denen fiel leider auch der „Streaming-Assistent“ zum Opfer, der Nutzer in wenigen, einfachen Schritten zum Erfolg führte.

Sendezentrale: Alle Streaming-Parameter lassen sich in einem Dialog einstellen. Vorgefertigte Profile erleichtern das Auswählen der Codecs und Containerformate.

Wählt der Nutzer den Menüpunkt „Medien/Streaming“, muss er zunächst den zu sendenden Datenstrom auswählen. Das Programm kann Dateien, CDs und DVDs öffnen oder Live-Streams aus dem Netz empfangen und weitergeben (Relais-Funktion). Die Windows- und Linux-Versionen erlauben es außerdem, auf angeschlossene Geräte wie DVB-Empfänger oder Kameras zuzugreifen. In welchem Format die Daten vorliegen, spielt dabei keine Rolle: Der VLC-Player führt alle notwendigen Konvertierungen automatisch durch.

Anschließend kann man im Streaming-Dialog die Versandart wählen (siehe Abbildung). Für Video-Streaming eignet sich am besten das in RFC 3550 definierte Real-Time Transport Protocol (RTP). Will der Nutzer nur einen Rechner beschicken, muss er dessen IP-Adresse eingeben. Sollen mehrere das hausgemachte Programm empfangen können, muss man eine Multicast-Adresse aus dem Bereich 225.0.0.0 bis 238.255.255.255 eintragen – die Adressbereiche 224.0.0.0/8 und 239.0.0.0/8 sind überwiegend für Spezialanwendungen wie Routingprotokolle reserviert und damit für den Anwender tabu.

Zudem ist es im Multicast-Betrieb unerlässlich, die Sendereichweite einzuschränken. Dazu dient der Time-To-Live-Parameter (TTL): Er bestimmt, wie viele Router die Datenpakete maximal überspringen dürfen („hop count“). Generell sollte man den Wert so niedrig wie möglich wählen. Der voreingestellte Wert 1 stellt sicher, dass der Medienstrom das lokale Netz nicht verlässt.

Unter „Profil“ muss der Nutzer eins der vordefinierten Sendeformate einstellen, etwa MPEG-2 oder H.264. Wählt er „Eigenes“, kann er das Containerformat („Verkapselung“) und die verwendeten Codecs und Formate für Audio, Video und Untertitel – sofern vorhanden – separat bestimmen.

Soll der VLC-Player als Empfänger dienen, muss der Zuschauer unter „Medien/Netzwerk öffnen“ lediglich das verwendete Protokoll – hier RTP – auswählen und die korrekte Adresse einstellen: seine eigene bei Unicast-Betrieb, sonst die vom Server genutzte Multicast-Adresse. Kommt es bei der Wiedergabe zu Rucklern, empfiehlt es sich, das Kästchen „Mehr Optionen anzeigen“ zu markieren und im erweiterten Dialog die Caching-Parameter zu variieren.

Seine Vielseitigkeit und einfache Bedienung machen den VLC-Player zum idealen Instrument fürs Ad-hoc-Streaming. Wer rund um die Uhr senden will, sollte sich jedoch nach einer anderen Lösung umsehen. Eine Liste geeigneter Software ist in der englischen Wikipedia-Ausgabe zu finden.

Dr. Horst Eidenberger
ist außerordentlicher Professor an der TU Wien und zertifizierter Gutachter am Handelsgericht Wien. (mr)