Bescheidener Popstar der Wissenschaft – Peter Higgs wird 85

Ein Zufall, eine Gruppenleistung, nur ein paar Wochen Arbeit – Peter Higgs redet seine Leistung auf dem Gebiet der Physik gerne klein. Für die Idee des Higgs-Teilchens hat der Schotte im Herbst 2013 den Nobelpreis bekommen. Jetzt wird er 85 Jahre alt.

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Von
  • Teresa Dapp
  • dpa

Stünde Peter Higgs heute am Anfang seiner Karriere als Physiker, würden ihm Kollegen vielleicht raten, sich einen anderen Job zu suchen. Das glaubt der Schotte jedenfalls selbst. Er sei für heutige Maßstäbe nicht "produktiv" genug, sagte er dem Guardian im Dezember – nachdem ihm gemeinsam mit dem Belgier François Englert der Nobelpreis für Physik zuerkannt worden war. Am Donnerstag (29. Mai) feiert der Vater des Higgs-Teilchens seinen 85. Geburtstag.

Peter Higgs (rechts) François Englert (links) und auf der Konferenz, auf der das CERN erste Ergebnisse zum wahrscheinlichen Nachweis des Higgs-Bosons vorstellte.

(Bild: CERN)

Er selbst will so gar nicht genannt werden. Sein Name sei eher "zufällig" mit dem Higgs-Teilchen verbunden, sagte er mitten im Nobelpreis-Rummel, es sei doch eine Gruppenleistung gewesen. Ihn selbst habe die Arbeit nur zwei oder drei Wochen gekostet, damals, 1964.

Angeblich beim Wandern in den Schottischen Highlands kam Higgs als junger Forscher an der Universität Edinburgh einer Theorie auf die Spur, die jahrzehntelang keiner beweisen konnte. Der Durchbruch gelang schließlich am Kernforschungszentrum Cern in der Schweiz. Das Higgs-Boson existiere mit einer Wahrscheinlichkeit von drei Millionen zu eins, wurde dort im Juli 2012 verkündet.

Dieses Higgs-Teilchen ist, ähnlich wie die Relativitätstheorie oder Schwarze Löcher, vielen Menschen irgendwie ein Begriff – was genau sich dahinter verbirgt, kann aber kaum jemand erklären. Es war der letzte unbekannte Baustein im Standardmodell der Teilchenphysik und löst das Dilemma, dass die Elementarteilchen in diesem Modell keine Masse haben. Der Higgs-Mechanismus funktioniert wie eine Art Sirup, die an Elementarteilchen klebt und sie abbremst, ihnen also Masse verleiht. Das Higgs-Feld zeigt sich den Physikern über das Higgs-Teilchen.

Populär wurde die Theorie unter dem reißerischen Namen "Gottesteilchen", den ein Verleger dem Higgs-Boson verpasst hatte – zum Missfallen des Atheisten Higgs und etlicher Teilchenforscher. Der Nobelpreis hat seine Forschung zusätzlich zum Trend gemacht unter Studenten. Für einen Online-Kurs über Higgs' Arbeit meldeten sich im Februar mehr als 10.000 Lernwillige an.

Lang ist auch die Liste der Preise und Ehrentitel, mit denen der Wissenschaftler ausgezeichnet wurde. Er ist Mitglied in der Gelehrtengesellschaft Royal Society und Träger des Ordens der "Companions of Honour", einer hohen britischen Auszeichnung, die für herausragende Leistungen auf verschiedenen Gebieten verliehen wird. Den Ritterschlag zum "Sir" lehnte er 1999 dankend ab. Es sei zu früh dafür gewesen, sagte er später der BBC, und sowieso wolle er so einen Titel nicht.

Peter Higgs ist ein bescheidener Mann. An seinem Popstar-Status ändert das nichts: "Wir bekommen sehr, sehr viele Anfragen für Vorträge und andere Termine", erzählt ein Sprecher der Universität Edinburgh. Interviews gibt Higgs dagegen eher selten. Und künftig werde er wohl auch weniger Einladungen annehmen, heißt es an der Uni. Denn mit 85, so hatte Higgs vergangenen Herbst angekündigt, will er endgültig in Rente gehen. (axk)