Bündnis: EU soll schärfer gegen Big Tech vorgehen

Die Marktkonzentration auf die Tech-Giganten gefährdet laut einem Manifest Wohlstand, Sicherheit und Demokratie in Europa. Der Digital Markets Act reiche nicht.

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Gebäude der EU Kommission in Brüssel bei Nacht

Die Kommission schläft nie – außer bei der Regulierung von Monopolkräften, meint ein Bündnis verschiedener Organisationen.

(Bild: heise online)

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Ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen warnt in einer gemeinsamen Bestandsaufnahme der EU-Wettbewerbspolitik, dass diese gegen Branchenriesen nicht effektiv genug sei. Die Monopolmacht von Big Tech gefährde Wohlstand, Sicherheit, Datenschutz und Demokratie in Europa. Auch andere kritische Industrien wie Finanzen, Energie, Transport und Pharmazie würden "von einigen wenigen Giganten kontrolliert". Nötig seien daher "mehr Schutzmechanismen gegen den einseitigen Einfluss mächtiger Konzerne".

Erst seit einem Monat ist der Digital Markets Act (DMA) voll anwendbar, mit dem die EU Machtmissbrauch durch große Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Apple, ByteDance (TikTok), Meta und Microsoft einschränken will. Die 14 Organsationen – darunter LobbyControl, AlgorithmWatch und Digitalcourage – erkennen den DMA zwar als wichtige Initiative an. Die Verordnung löse das Problem der steigenden Marktkonzentration aber nicht, heißt es in ihrem Bericht "Europa neu ausbalancieren: Eine neue Wirtschaftsagenda zur Bekämpfung der Monopolmacht".

Die Bildung von Monopolen habe vielfältige aktuelle Gefahren befördert – von Klimakrise über Inflation bis hin zu Desinformation, die die politische Meinungsbildung bedrohe. Dies stelle im Super-Wahljahr 2024 ein besonderes Risiko dar. Mit Milliardensummen versuchten Microsoft, Google, Amazon & Co. zudem, auch "einige der wichtigsten KI-Unternehmen der Welt unter ihre Kontrolle zu bekommen", kritisiert etwa AlgorithmWatch. Das verschlimmere die ausgemachten Probleme mit Blick auf Automatisierung und den Schutz von Menschenrechten im digitalen Raum zusätzlich und müsse unterbunden werden.

Das Netzwerk schlägt eine Kartellpolitik vor, die "Bürger ins Zentrum stellt und einen breiteren Ansatz verfolgt". Sie soll nicht nur auf kurzfristige Effizienz und Preise achten, sondern auch auf die Auswirkungen von Monopolmacht auf den freiheitlichen Rechtsstaat, Arbeit, Resilienz und Fragen wie Privatsphäre und Nachhaltigkeit. Die EU-Wettbewerbsvorschriften müssen laut dem Papier generell stärker mit anderen Politikbereichen wie Datenschutz oder Industriepolitik vernetzt werden.

Entscheidend sei ferner die bessere Durchsetzung bestehender Regeln wie dem DMA und dem Digital Services Act (DSA). Dafür seien zusätzliche Ressourcen wichtig, für die die Tech-Konzerne selbst aufkommen sollten. Die Unterzeichner verlangen zudem zusätzliche Instrumente gegen Monopolmacht und zur Entflechtung hochkonzentrierter Märkte ("New Competition Tool"). Kartellämter müssten zudem stärker auf "klare Prinzipien und strukturellen Abhilfemaßnahmen wie Abspaltungen sowie einer strikten Fusionskontrolle" setzen.

Das Bündnis mahnt ferner eine Demokratisierung der Wettbewerbspolitik an. Es fordert mehr Transparenz sowie eine stärkere Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen, um gegen einseitiges Lobbying und die "Fülle an Interessenkonflikten bei der EU-Wettbewerbsbehörde" vorzugehen. Am 15. April wollen die Beteiligten das Manifest mit EU-Entscheidungsträgern etwa aus Kommission und Parlament in Brüssel diskutieren.

(vbr)