Bürgerrechtler klagen gegen Chatkontrolle des Facebook Messenger

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte klagt mit einem Nutzer gegen die automatische Durchsuchung von Messengernachrichten durch Facebook-Mutter Meta.

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(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

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Mit einer Klage gegen Facebook-Mutter Meta will nun auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gerichtlich überprüfen lassen, ob Social-Media-Unternehmen die privaten Nachrichten ihrer Nutzer auf rechtswidrige Inhalte scannen dürfen. Am Donnerstag sei die Klage gemeinsam mit einem Facebook-Nutzer am Amtsgericht Passau eingereicht worden, teilte die GFF mit.

Die GFF schreibt dem Verfahren im Hinblick auf die aktuellen EU-Pläne für eine umfassende Chatkontrolle eine "besondere Relevanz" zu. Unter dem Banner der Bekämpfung des Kindesmissbrauchs treiben die EU-Kommission und einige Mitgliedsstaaten die Ausweitung der Überwachung von Onlinekommunikation voran. So sollen auch private Chats automatisch auf rechtswidrige Inhalte – konkret geht es um Abbildungen von sexuellem Kindesmissbrauch – gescannt werden können.

Die Pläne werden von verschiedener Seite – einschließlich des juristischen Dienstes des EU-Ministerrats – vehement kritisiert. Im Gegensatz zur EU-Kommission sehen die Kritiker in den Überwachungsplänen einen klaren Verstoß gegen die in der EU-Grundrechtecharta. Das ist auch die Stoßrichtung der GFF, die mit ihrer Klage auch "die Grundrechtswidrigkeit anlassloser Chatkontrollen insgesamt" feststellen lassen will.

Der Vorwurf der GFF: Meta scanne die private Kommunikation im Facebook-Messenger automatisiert und berufe sich dabei auf eine europäische Übergangsverordnung für Ausnahmen von der e-Privacy-Richtlinie. "Wenigen Personen ist bewusst, dass ihre Kommunikation über Messenger bereits jetzt überwacht werden kann, ohne dass sie dazu Anlass gegeben haben", erklärt GFF-Jurist Jürgen Bering.

Mit dem europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation fallen "nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste" in den Bereich der europäischen E-Privacy-Richtlinie. Dieser fehlt bisher eine ausdrückliche rechtliche Grundlage für die Verarbeitung von Kommunikationsinhalten zum Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen.

Unternehmen wie Facebook, Google oder Microsoft, die ihre Plattformen zuvor schon automatisch auf rechtswidrige Darstellungen durchforstet hatten, mussten ihre Scans daraufhin einstellen. Daraufhin hat das EU-Parlament im Sommer 2021 per Eilverordnung eine zunächst drei Jahre geltende Ausnahmeregelung geschaffen, die Diensteanbietern das Scannen private Nachrichten wieder ermöglichen sollte. Unterdessen arbeitet die EU daran, die Dienstanbieter zu den Scans zu verpflichten.

Dass Plattformen private Chats faktisch anlasslos mitlesen, "würde das Ende verschlüsselter Kommunikation bedeuten", warnt die GFF. Automatisierte Chatkontrollen stünden nicht nur im Widerspruch zur Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sie verletzten auch die Privatsphäre. Dies verstoße gegen das Grundrecht, über die Nutzung eigener Daten bestimmen zu können.

Vor einem Jahr hatte bereits der EU-Abgeordnete Patrick Beyer (Piratenpartei) eine Unterlassungsklage gegen Meta eingereicht, um dem Konzern die "verdachtslose automatisierte Durchsuchung der privaten Chatverläufe und Fotos" untersagen zu lassen. Das sei ein "Big-Brother-Angriff auf unsere Handys" und Schritt Richtung eines "Überwachungsstaates nach chinesischem Vorbild".

"Wer das digitale Briefgeheimnis zerstört, zerstört Vertrauen", sagte Breyer am Donnerstag. "Auf Sicherheit und Vertraulichkeit privater Kommunikation sind wir alle angewiesen: Menschen in Not, Missbrauchsopfer, Kinder, die Wirtschaft und auch Staatsbehörden."

(vbr)