CFP: IT-Standards sollen patentfreie Zone werden

Gerry Lane, Direktor Open Source und Open Standards beim Patentweltmeister IBM, hat sich gegen Ansprüche auf geistige Eigentumsrechte bei Normen im Bereich Informationstechnik ausgesprochen.

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Gerry Lane, Direktor Open Source und Open Standards beim Patentweltmeister IBM, hat sich gegen das Geltendmachen von Ansprüchen auf geistige Eigentumsrechte bei Normen im Bereich Informationstechnik ausgesprochen. Die in diesem Sektor erforderlichen offenen Standards müssten eine "patentfreie Zone" sein, erklärte der Manager auf der Konferenz "Computers, Freedom, and Privacy 2008" (CFP) in New Haven. Zugleich sei eine verbesserte internationale Kontrolle des Normierungsprozesses von Nöten, zog Lane als Lehre aus der umkämpften Zertifizierung von Microsofts Dokumentenformat Office Open XML (OOXML) durch die ISO.

Die internationale Standardisierung im Rahmen der Genfer Organisation habe mit der raschen Entwicklung im IT-Sektor generell nicht standgehalten, meinte der Vertreter von Big Blue. Computerkonzerne hätten daher spezielle Interessensgremien wie die European Computer Manufacturers Association (ECMA) benutzt, um internationale Normen zu schaffen. Es habe eine regelrechte Explosion solcher Einrichtungen gegeben, führte Lane aus. Dieser Trend sei verknüpft gewesen mit dem Vortäuschen von Effizienz, Transparenz und Offenheit beim Schaffen von Standards. Eigentlich habe man aber nur einige befreundete Firmen zusammengetrommelt, eine Spezifikation festgeklopft und diese zur Norm gekürt. IBM habe bei diesem Spiel selbst mitgemacht, fasste sich der Konzernabgesandte auch an die eigene Nase.

Brian Kahin, Forscher in den Reihen der Computer and Communications Industry Association (CCIA), bezeichnete gewerbliche Schutzansprüche auf Standards als "fundamentales Problem". Im Hard- und vor allem im Softwarebereich wüssten viele Konzerne gar nicht, wie viele Patente sie rund um eine spezielle Technik oder Programmzeilen im eigenen Portfolio hätten. Vor allem die RAND-Lizenzierung (Reasonable And Non-Discriminatory) der Schutzrechte auf Normen, denen zufolge Nutzer üblicherweise im Ausgleich Geld bezahlen oder sonstige Gegenleistungen erbringen müssen, brächten Rechtsunsicherheiten und Missbrauchsgefahren mit sich. Dritte könnten die Abschätzungen, ob eine Funktion solche in Standards eingeschlossene Patente verletze, mehrere zehntausend Dollar kosten.

Aus europäischer Sicht lobte Giovanni Battista Gallus, Vizepräsident der italienischen Vereinigung von "Cyberanwälten" CGT, das im Rahmen des eEurope-Aktionsplans verabschiedete European Interoperability Frameworks (EIF). Diese sehe vor, dass offene Standards ohne die Einforderung von Vergütungen für Patentansprüche verfügbar gemacht werden müssen. Besorgt zeigte sich der Italiener nur, dass diese klaren Vorgaben durch die gegenwärtige Überarbeitung des Rahmenwerks verwässert werden könnten.

John Morris, Justiziar der US-Bürgerrechtsorganisation Center for Democracy and Technology (CDT), kündigte derweil an, dass sich die Internet Engineering Taskforce (IETF) als wichtigstes Gremium für die Erarbeitung grundlegender Netzstandards in der kommenden Woche im Rahmen eines Workshops auf die Suche nach technischen Lösungen zur Aufrechterhaltung der Netzneutralität machen werde. Es könne nicht angehen, dass derzeit einzelne Breitbandanbeiter wie Comcast nach der umstrittenen Blockade von BitTorrent Vereinbarungen mit speziellen Betreibern von Peer-2-Peer-Netzen (P2P) abschlössen. Dies führe weit weg von der Interoperabilität, die den Kern des Internet ausmache. Die IETF wolle daher erforschen, wie Filesharing-Plattformen insgesamt besser mit Netzbetreibern zusammenspielen könnten.

Siehe dazu auch:

  • Website zur 18. Konferenz Computers, Freedom, and Privacy

Zur CFP 2007:

Zur CFP 2006:

Zur CFP 2005:

(Stefan Krempl) / (jk)