D21-Digital-Index: 91 Prozent sind online, 31 Prozent wollen mehr offline sein

Der Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland steigt weiter an. Viele beklagen aber einen Dauerdruck, mit der Online-Technik Schritt zu halten.

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(Bild: RUKSUTAKARN studio / Shutterstock.com)

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Das Verhältnis der Bundesbürger zum Internet und zu digitaler Technik bleibt zwiespältig. 2021 waren 91 Prozent der Menschen in Deutschland online. Das sind drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Der harte Kern der Bürger ohne Zugang zum Internet schmilzt so auf etwa 6,3 Millionen. 76 Prozent dieser Nonliner haben einer Analyse der D21-Initiative zufolge eine niedrige Bildung, 70 Prozent sind Frauen und 52 Prozent gehören der Generation bis 1945 an. Zugleich wollen 31 Prozent nach eigenen Angaben künftig öfter bewusst offline sein.

Das sind Kernzahlen aus dem Lagebild der digitalen Gesellschaft für 2021/22, das die Initiative D21 am Mittwoch veröffentlicht. Der Digitalisierungsgrad steigt demnach insgesamt: Der Digital-Index liegt nun bei 63 von 100 Punkten, im Vorjahr waren es 60. Dieser Anzeiger misst, wie fit die Bevölkerung im Privat- und Arbeitsleben im Umgang mit digitalen Techniken ist. Grund für das Plus ist das Wachstum in den Subindizes Zugang, Nutzungsverhalten sowie vor allem bei der Kompetenz (4 Punkte mehr). Die Offenheit gegenüber digitalen Themen sank dagegen um einen Zähler auf 51 Punkte.

Für die repräsentative Studie hat das Marktforschungsinstitut Kantar im Auftrag von D21 zwischen August 2020 und Juli 2021 18.243 Interviews durchgeführt. Dazu kam eine Tiefenbefragung mit 2024 Teilnehmern. Immer mehr Menschen halten demnach digital mindestens mit, allerdings fällt damit laut der Analyse auch der digital abseitsstehende Teil weiter zurück.

Konkret gibt es die größten Zuwächse beim Internetzugang bei formal niedrig gebildeten Personen und Nichtberufstätigen. Gleichzeitig stagniert die Nutzung bestimmter Gruppen mit bereits sehr hohen Onlinewerten: Personen aus dem hohen Bildungsbereich und in Berufstätigkeit zeigen weder bei genereller noch bei mobiler Internetnutzung Zuwächse größer als einen Prozentpunkt.

Zudem empfindet mehr als jeder Vierte (27 Prozent) ständigen Druck, mit den Entwicklungen der Digitalisierung Schritt halten zu müssen. Berufstätige stimmen hier deutlich häufiger zu als Nichtberufstätige (31 zu 20 Prozent), Teilzeitkräfte mit 35 Prozent noch häufiger. 59 Prozent glauben andererseits, dass sie persönlich vom Internet profitieren.

82 Prozent sind mobil im Internet. Diese Zugangsform steigt 2021 im Vergleich zum steilen Aufwärtstrend der Vorjahre aber nur noch leicht an. Die Forscher rechnen vor: Bis 2026 könnten alle Bürger ab 14 Jahren in Deutschland das Internet zumindest ab und zu benutzen, würde die Internetnutzung weiter im Durchschnittstempo der letzten fünf Jahre ansteigen. Betrachte man die einzelnen soziodemografischen Gruppen aber genauer, gelte dieser Zeithorizont nicht für alle gleichermaßen. So würde es für formal niedrig Gebildete und Personen ab 70 Jahren noch sieben Jahre dauern.

In Deutschland nutzen den Resultaten zufolge 82 Prozent der Menschen mindestens ein soziales Netzwerk, im Durchschnitt sind es sogar drei Dienste. Am weitesten verbreitet ist WhatsApp mit 76 Prozent Usern, es folgen YouTube und Facebook mit 49 beziehungsweise 45 Prozent. Soziale Medien und Plattformen seien generell Orte des Austauschs, heißt es. Dies könne sich aber auch in negativer Hinsicht auswirken. Es müsse sichergestellt werden, dass die digitalen Vernetzungsmöglichkeiten nicht "als Instrument für eine Destabilisierung der Demokratie" missbraucht würden.

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Ein gutes Viertel der Bevölkerung sieht eine solche Gefahr. Besonders deutlich sei diese "im Diskurs um die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie" geworden – "von der Aufwiegelung in Gruppen auf dem Messenger Telegram bis hin zur versuchten Erstürmung des Reichstags", schreiben die Verfasser. Die gezielte Verbreitung von Desinformation in Form einer Infodemie kennzeichne diese Entwicklung. Nur gut die Hälfte der Bürger (56 Prozent) traue sich zu, unseriöse Nachrichten zu erkennen, bei Menschen mit niedriger Bildung sogar nur jeder Dritte.

Im ersten Jahr der Pandemie verdoppelte sich der Anteil der Berufstätigen, die mobil arbeiteten, auf einen Rekordwert von fast einem Drittel. Der Wert hat sich weitgehend eingependelt. 31 Prozent der Beschäftigten arbeiteten 2021 von zuhause, während es 2020 noch 32 Prozent waren. Es zeigten sich nach wie vor große Unterschiede bei der Ausstattung mit entsprechender Hard- und Software, an den sicherheitsrelevanten Vorkehrungen für eine datenschützende und sichere Arbeit im Homeoffice und den digitalen Kompetenzen der Arbeitgeber wie Arbeitnehmer.

Im Vergleich zum Vorjahr, das von einem zumindest teilweise coronabedingten Schub in der Gerätenutzung geprägt war, gibt es 2021 generell nur wenig Bewegung beim Geräteeinsatz. Die Nutzung von Laptops (66 Prozent) und Desktop-PCs (47 Prozent) stagniert und auch bei Smartphones (87 Prozent), Wearables (13 Prozent) und Sprachassistenten (12 Prozent) setzt sich der Aufwärtstrend nur langsam fort. 15 Prozent verwenden noch Faxgeräte.

Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt diesmal auf dem Aspekt Nachhaltigkeit. Den Menschen fällt es demnach nicht leicht, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die ökologische Nachhaltigkeit und die zugrundeliegenden Wirkzusammenhänge einzuschätzen. Ein gutes Drittel (34 Prozent) der Bevölkerung glaubt, dass die Technik insgesamt einen eher positiven Einfluss auf die Umwelt hat.

35 Prozent gehen aber davon aus, dass negative Auswirkungen wie Elektroschrott, problematische Rohstoffgewinnung und erhöhter Verkehr überwiegen. Jeder Fünfte meint, dass der individuelle Beitrag durch das eigene digitale Verhalten am meisten zum Klimaschutz beitragen kann. 60 Prozent kaufen etwa nach Eigendarstellung bei lokalen Anbietern ein, anstatt online zu bestellen. 42 Prozent schätzten richtig, dass eine Stunde hochauflösendes Streaming genauso viel CO2 verursacht wie eine einen Kilometer lange Autofahrt.

(olb)