"Das Internet ist gegenüber solchen Angriffen relativ stabil"

Frank Felzmann, Virenexperte beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, sieht beim Love-Virus die Mitverantwortung vor allem bei den einzelnen Nutzern.

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Von
  • Florian Rötzer

Frank W. Felzmann, beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für die Abwehr von Computerviren zuständig und Mitglied der von Bundesinnenminister Otto Schily im Februar zum Kampf gegen die Netz-Kriminalität ins Leben gerufenen „Internet Task Force", wendet sich angesichts der Verbreitung und der Schäden, die der Love-Virus hervorgerufen hat, gegen eine teilweise von den Medien geschürte Internethysterie: "Das Internet selbst war ja auch nur ein bisschen betroffen, weil das Virus zu der explosionsartigen Verbreitung des Email-Verkehrs geführt hat. Ansonsten ist das Internet gegenüber solchen Angriffen relativ stabil. Was nicht davor gefeit ist, sind die PCs der einzelnen Nutzer."

Und die haben offenbar eifrig das Attachment geöffnet, besonders gerne anscheinend bei Behörden und Unternehmen. Felzmann meint, dass "gerade Mitarbeitern in Firmen und Behörden etwas komisch vorkommen müsste, wenn sie von einem bekannten Absender eine Mail mit dem Titel „I love you" bekommen. Da wäre ich schon sehr, sehr misstrauisch." (siehe auch die Glosse: Die Infektionsgefahr eines Liebesbriefs) Auf die Frage, was die Task Force machen könne, antwortete Felzmann: "Wir können die Nutzer nicht an den Ohren ziehen und auf die Schulbank zurück zwingen und ihnen sagen: Wenn ihr euch im Internet bewegt, müsst ihr dieses und jenes machen. Da gäbe es ja einen Aufschrei mit dem Tenor: Der Staat will uns alles vorschreiben. Das einzige, was das BSI, die Task Force und damit auch die Bundesregierung machen kann, ist eben, auf die Schwachstellen hinzuweisen, den Anwendern klarzumachen, welche Risiken er eingeht und Empfehlungen auszusprechen. Doch wenn der Einzelne sich nicht daran hält, haben wir keinerlei Möglichkeiten. Wir können schließlich niemanden so wie im Autoverkehr dazu zwingen, einen Sicherheitsgurt anzulegen. Und bekanntlich machen es viele trotzdem nicht."

Felzmann wendet sich aufgrund der Mitverantwortung der Anwender für den entstehenden Schaden auch gegen die oft weit übertriebenen Schätzungen der Schadenshöhe: "Wenn ich keine Sicherungskopien gemacht habe, kann ich nicht einfach sagen, dass mir ein Schaden von 200.000 Mark entstanden ist, weil soviel die Bilder wert gewesen seien. Der einzige ansetzbare Schadenswert ist letztlich nur der Aufwand für die Entfernung des Virus und die Rekonstruktion der Datensicherung – die leider vorher aber oft gar nicht vorhanden war. Das sind pro befallenem PC höchstens 2000 bis 3000 Mark, die man tatsächlich ansetzen darf." (Stefan Krempl)

Mehr in Telepolis: Viren verbreiten sich im Netz ja nicht vollkommen automatisch. (fr)