Datensammelei trotz Inkognito-Modus: Google muss vor Gericht

Selbst wenn Google-User "incognito" surfen, sammelt Google Daten. Eine US-Klage möchte das ändern. Google hat versucht, den Prozess zu vermeiden ­– vergeblich.

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Datensammelei trotz Inkognitomodus: Google soll Privatsphäre verletzen

(Bild: Google)

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Google muss sich in Sachen Datenschutz einem weiteren US-Gerichtsverfahren stellen. Einige User haben Google verklagt, weil der Konzern selbst dann Daten sammelt, wenn User den Inkognito-Modus des Chrome-Browsers verwenden. Google sei damit illegal in die Privatsphäre von Millionen von Nutzern eingedrungen. Google stellte den in den USA üblichen Antrag auf Einstellung des Verfahrens. Diesen hat die zuständige Bundesrichterin Lucy Koh nun aber abgelehnt.

Damit können sich die Prozessparteien auf das Hauptverfahren vorbereiten. Im Kern geht es darum, dass Google über eigene Webseiten und unzählige Webseiten Dritter Daten für Nutzerprofile auch dann sammelt, wenn die User den Inkognito-Modus aktiviert haben. Er hilft gegen diese Form der Datensammelei nicht. Google vertritt den Standpunkt, dass das aus dem Inkognito-Startbildschirm sowie den Datenschutzbedingungen klar hervorgehe. Die Nutzer hätten also eingewilligt.

Richterin Koh ist nicht überzeugt: Google habe entgegen der eigenen Behauptung nicht dargelegt, dass die User der Datensammlung zugestimmt haben. Die Hinweise im Eröffnungsbildschirm des Chrome-Browsers seien irreführend. Selbst wenn die Nutzer zugestimmt hätten, wäre das unwirksam, weil die Datensammlung laut Klage gegen andere Gesetze verstößt. Ob tatsächlich gegen Gesetze verstoßen wurde, ist im Hauptverfahren zu klären.

Auch bezüglich der Webseiten-Betreiber habe Google entgegen seiner Behauptung nicht dargelegt, dass diese durch Einfügen von Google-Code in ihre Webseiten implizit der Datensammelei bei Inkognito-Browsern zugestimmt hätten. Es sei noch zu klären, ob Google die Betreiber ausreichend informiert habe – denn Google lege bei der Beschreibung des Inkognito-Modus nicht offen, dass es selbst weiterhin Daten sammle. Überhaupt reiche auch hier eine implizite Zustimmung nicht aus, denn Google sammle die Daten laut Klage dafür, sie zu Nutzerprofilen zusammenzufügen, und das wäre sowieso illegal.

Googles Vorbringen, die Vorwürfe seien verjährt, lässt die Richterin ebenfalls nicht gelten. Jedes Abfangen von Daten sei ein eigenes Vergehen und lasse eine neue Verjährungsfrist beginnen. Außerdem greife die Verjährung bei betrügerischer Verheimlichung nicht. Schließlich läuft auch Googles Behauptung, die Kläger hätten keine hinreichend konkreten Vorwürfe erhoben, ins Leere. Die Richterin listet in ihrer Entscheidung vier konkrete Vorwürfe, gegen die sich Google nun im Hauptverfahren wird verteidigen müssen.

Die Kläger gehen davon aus, dass Millionen von Google-Nutzern von der möglichen Verletzung der Privatsphäre betroffen sind. Sie setzen je Nutzer eine Schadenersatzforderung von 5000 US-Dollar an, die sich letztlich auf 5 Milliarden US-Dollar summieren könnte. Google stellt alle erhobenen Vorwürfe in Abrede.

Ob das Verfahren wie von den Klägern gewünscht als Sammelklage für alle einschlägig betroffenen Amerikaner geführt werden kann, ist noch offen. Eine Anhörung dazu ist für 20. Jänner 2022 anberaumt. Das Verfahren heißt Brown et al v. Google et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien unter dem Az. 5:20-cv-03664 anhängig.

Das Verfahren ist nicht zu verwechseln mit von der selben Anwaltskanzlei beim selben Gericht ebenfalls gegen Google eingebrachten Klage Anibal Rodriguez et al v. Google et al (Az. 5:20-cv-04688). Auch dort geht es um gegen Google erhobene Vorwürfe der Irreführung bei Datenschutzeinstellungen, allerdings bei Apps. Auch diese Vorwürfe stellt Google in Abrede.

(ds)