Datenschützer fordert stärkere Begrenzung von Melderegistern

Der Bundesdatendatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich dafür ausgesprochen, das Meldewesen auf seine Kernaufgabe des Identitätsnachweises zurückzuführen. Eine Profilbildung sei auszuschließen.

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Der Bundesdatendatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich dafür ausgesprochen, Melderegister schlank zu halten und nicht durch die "Anreicherung" mit zusätzlichen personenbezogenen Informationen wie dem Besitz von Waffenscheinen von ihrem ursprünglichen Zweck des Identitätsnachweises zu "entfremden". "Das Meldewesen ist auf seine Kernaufgabe zurückzuführen und möglichst effektiv zu gestalten", erklärte Schaar auf der 5. Konferenz zu Diensten im europäischen Meldewesen, die die RISER ID Services GmbH in Berlin veranstaltete. Eine Profilbildung sei genauso auszuschließen, wie die Einführung eines allgemeinen Personenkennzeichens. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in den 1970ern entsprechende Ausführungen gemacht.

Die Problematik der Verknüpfung einer persönlichen Kennziffer mit Melderegistern sei zwar heutzutage "etwas zu relativieren", da es auch andere Möglichkeiten gebe, Daten zusammenzuführen. Ein zentrales Merkmal, das zudem noch vom Staat verteilt werde, sei dafür nicht mehr nötig. Trotzdem sei zu beachten, dass Datenbanken immer Ordnungsmerkmale für die interne Organisation abgespeicherter Elemente bräuchten. "Sprechende" Charakteristika wie Geburtsdaten, örtliche Angaben oder Geschlechtsinformationen, die von sich aus schon Aussagen über Individuen ermöglichten, dürften nur intern als Ordnungsfaktoren verwendet werden. Ein Einsatz zur "Identifikation nach außen oder gegenüber Dritten" sei nicht gestattet.

Schaar führte weiter aus, dass das Meldewesen in vielen anderen Ländern deutlich weniger entwickelt sei als hierzulande. Auch der neuen Chefin des Department of Homeland Security (DHS) der USA, Janet Napolitano, käme die Einführung eines Melderegisters nach deutschem Vorbild "nicht im Traum in den Kopf". Jenseits des Atlantiks werde schon die Einführung eines Personalausweises sehr kritisch gesehen. Angesichts der erhöhten Missbrauchsmöglichkeiten zentraler Datensammlungen zeigte sich der Datenschützer in diesem Zusammenhang erleichtert, dass die schwarz-gelbe Koalition von den Plänen der schwarz-roten Vorgängerregierung zur Einführung eines Bundesmelderegisters zunächst Abstand genommen habe. Auch dezentrale Strukturen könnten aber mit Risiken behaftet sein, was sich nicht nur beim Cloud Computing zeige.

Der IT-Staatssekretär des Berliner Senats, Ulrich Freise, unterstrich die Notwendigkeit, beim Meldewesen die hiesige "Fixierung auf einen zweifelsfreien Identitätsnachweis im Lichte anderer Länder zu betrachten". Schon in der EU seien die rechtlichen Voraussetzungen sehr unterschiedlich. Berlin habe so eine "europäische Lektion erlernt" und prüfe nun in allen Einzelfällen, ob eine strenge Identitätsprüfung für die Abwicklung einzelner Dienstleistungen tatsächlich nötig sei. Sollte dies unabdinglich sein, könne die eigene Identität im Online-Bereich vom November an mit dem elektronischen Personalausweis nachgewiesen werden. Die optionale und kostenpflichtige Zusatzfunktion der qualifizierten Signatur stelle eine "konsequente Übertragung des Ausweises" in Papierform auf die elektronische Welt dar.

Die in Berlin angesiedelte europäische Meldeauskunft RISER (Registry Information Service on European Residents) selbst beansprucht für sich, gemäß der rechtlichen EU-Vorgaben kein "Daten-Pooling" durchzuführen und Informationen nicht an Dritte weiterzugeben. Man werde bei der praktischen Ausgestaltung der Sicherung personenbezogener Informationen vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) beraten. Mittlerweile nutzten Behörden, Banken oder Inkassostellen aus knapp 20 Ländern RISER und stellten rund zwei Millionen Online-Anfragen pro Jahr, während sie 2008 noch bei etwa 1,6 Millionen Auskunftsersuchen gelegen habe. 60 Prozent der deutschen Kommunen würden derzeit von RISER versorgt. (jk)