Die Zukunft der Rechenzentren: Ab in die Cloud?

Technischer Fortschritt, Nachhaltigkeit, Chipkrise, Personalmangel: Die Kluft zwischen den Betreibern kleiner Rechenzentren und den großen Hyperscalern wächst.

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(Bild: Gorodenkoff / Shutterstock.com)

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Was kommt ab 2022 auf die Betreiber von Rechenzentren zu? Das Uptime Institute, ein auf Rechenzentren spezialisiertes Beratungsunternehmen aus den USA, hat dazu seine Prognosen veröffentlicht. Das Unternehmen befragt jedes Jahr mehrere hundert IT-Leiter in Firmen und Behörden, die Rechenzentren betreiben.

Nachdem in den letzten Jahren die Performance und Effizienz neuer Server-Prozessoren kaum noch gestiegen war, prognostizieren die Forscher des Uptime Institute für die nächsten Jahre wieder schnelleren Fortschritt bei der Prozessortechnik. Davon werden allerdings nicht alle profitieren: Immer mehr Kerne und immer mehr Speicher in Servern nutzen vor allem den Betreibern sehr großer Infrastrukturen, die ihre Hardware gut auslasten können.

Die können es sich auch leisten, in die Entwicklung passender Serverplattformen zu investieren. So entwickeln sowohl Amazon als auch Alibaba vielkernige ARM-Prozessoren für ihre Clouds. Kleinere Rechenzentren sieht das Uptime Institute hingegen zunehmend von der technischen Entwicklung abgehängt. Das könnte zu einer immer stärkeren Zentralisierung der IT bei wenigen großen Anbietern führen.

Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren ein großes Thema – und eine große Herausforderung für RZ-Betreiber. Der Druck der Behörden, den CO2-Abdruck der Rechenzentren belegbar zu vermindern, wird laut der Prognose steigen. Aber derzeit besteht nicht mal Einigkeit in der Industrie, wie Energieeffizienz im RZ korrekt zu messen ist. Zudem sehen die Marktforscher bei Herstellern, den großen Cloud-Anbietern und kleineren RZ-Betreibern noch wenig Konsens, was geeignete Regeln, Maßnahmen und Metriken sein können.

In diesem Zusammenhang vermutet das Uptime Institute, dass sich die Haltung vieler RZ-Betreiber zur Atomkraft verändert: CO2-frei produzierter Atomstrom wäre ein einfacher Weg, den eigenen CO2-Abdruck zu vermindern.

2020 und 2021 waren geprägt von Chipkrise und Lieferengpässen. Das Uptime Institute erwartet, dass sich das 2022 fortsetzt. Große RZ-Betreiber sind davon weniger betroffen, weil sie aufgrund ihrer Kaufkraft mehr Druck auf die Lieferanten ausüben können. Kleinere Rechenzentren können nach Ansicht der Marktforscher nur noch mithalten, wenn sie hoch standardisierte Komponenten und Massenware einsetzen.

Auch beim Personal gibt es "Versorgungsprobleme": Fast die Hälfte der im letzten Jahr befragten Unternehmen hat Probleme, offene Stellen zu besetzen, und ein Drittel klagt darüber, dass qualifiziertes Personal abgeworben wird. Auch hier sieht das Uptime Institute die großen Betreiber im Vorteil, da sie höhere Gehälter zahlen können.

Zwar profitieren die ganz großen RZ-Betreiber stärker vom technischen Fortschritt, können sich besser in Sachen Nachhaltigkeit positionieren und sind besser aufgestellt, wenn die Lieferkette hakt. Aber gleichzeitig sieht das Uptime Institute zunehmende Sorgen bei Unternehmen und Regulatoren, dass sich immer mehr kritische Infrastruktur in den Händen von immer weniger Anbietern konzentriert. Zwar sind die großen Cloud-Anbieter in Sachen Resilienz und Ausfallsicherheit besser als kleinere Rechenzentren, aber wenn dann doch etwas schief geht, sind die Folgen gleich viel größer. So führte der Ausfall der Amazon Web Services im Dezember 2021 zu Störungen bei zahlreichen Diensten.

Die Marktstudien des Uptime Institute zeigen, dass auch unternehmenskritische Anwendungen zunehmend in die Cloud wandern – der Anteil der Unternehmen, die das tun, stieg von 26 Prozent 2019 auf 33 Prozent 2021. Dabei sagen fast die Hälfte dieser Unternehmen, dass sie nicht genau genug wissen, wie ihr Cloud-Anbieter Ausfallsicherheit in seinem Rechenzentren sicherstellt. Die Forscher gehen davon aus, dass hier in Zukunft mehr Transparenz von den Anbietern gefordert wird und zunehmend Multicloud-Strategien die Abhängigkeit von der Infrastruktur eines Hyperscalers vermindern.

Die gesamte Studie steht gegen Abgabe von Name und Mailadresse zum Download bereit.

(odi)