Deutschlands digitale Wirtschaft zeigt sich krisenfest

Um gut zwei Prozent soll der ITK-Markt laut Bitkom-Prognose zulegen. Endgeräte aller Art erleben aber nach dem coronabedingten Höhenflug eine harte Landung.

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(Bild: SeventyFour/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Achim Born

Deutschlands digitale Wirtschaft zeigt sich weiterhin krisenfest. Der Branchenverband Bitkom blickt nach Ablauf des ersten Halbjahres trotz des schwierigen Marktumfelds vergleichsweise optimistisch in die Zukunft. Das Geschäftsklima ist im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft weiterhin positiv, der Markt wächst und es entstehen – kaum überraschend – auch jetzt noch neue Jobs.

Der von Bitkom und ifo Institut gemeinsam erstellte Digitalindex – eine Art Stimmungsbarometer der Branche - lag im Juni beispielsweise bei 12,1 Punkten. Das ist zwar weit entfernt von den überschwänglichen Stimmungswerten von 38 Punkten und mehr vor rund zwei Jahren. Dennoch hebt sich der aktuelle Index deutlich von der Gemütslage in der Gesamtwirtschaft ab, die laut ifo mit -6,6 Punkten erneut kräftig rot gefärbt ist.

Prognosen für Umsätze und Arbeitsplätze der ITK-Branche in Deutschland. Der Bitkom erwartet für 2023 ein Plus von 2,1 Prozent

(Bild: Bitkom Research, IDC, Bundesagentur für Arbeit, BNetzA)

Zu dem grundsätzlich positiven Stimmungsbild der Bitkom-Klientel passt, dass die Unternehmen größtenteils im Jahr 2023 nicht auf der Investitionsbremse stehen wollen. Im Gegenteil: 36 Prozent – drei Prozentpunkte mehr als 2022 – wollen dieses Jahr die Gelder für Software, Ausrüstung und Forschung und Entwicklung steigern. Knapp jedes Zweite plant, das Vorjahresniveau zu halten, während 15 Prozent (2022: 13 Prozent) einen Sparkurs anlegen.

Dass die Branche sich voraussichtlich auch in diesem Jahr als Job-Motor erweisen wird, dürfte niemanden überraschen. Rund 12.000 neue Jobs sollen in diesem Jahr entstehen. Bis Ende 2024 kommen voraussichtlich noch einmal rund 39.000 weitere Arbeitsplätze auf dann 1,35 Millionen hinzu. Das Job-Wachstum könnte nach Ansicht von Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst sogar noch stärker ausfallen, wenn es den Fachkräftemangel nicht gäbe.

Genährt wird die gute Stimmung der hiesigen Unternehmen der IT und Telekommunikation (ITK) sowie Unterhaltungselektronik sicherlich von den vergleichsweise soliden Wachstumsprognose. Laut Bitkom-Berechnungen dürfen sich diese Firmen im laufenden Jahr über ein Plus von 2,1 Prozent auf 213,2 Milliarden Euro freuen. Für das kommende Jahr stellt der Bitkom sogar eine Verdopplung des Wachstums auf 4,7 Prozent in Aussicht. Allerdings profitieren nicht alle gleichermaßen. So herrschen in Hardware-Segmenten eher harte Zeiten, während das Software-Geschäft floriert.

Konkret sollen 2023 in der IT insgesamt 143,6 Milliarden Euro - drei Prozent mehr als im Vorjahr – umgesetzt werden. Am stärksten wachsen die Software-Umsätze mit einem Plus von 9,6 Prozent auf 41,5 Milliarden Euro. Wenig überraschend liegen Plattformen für künstliche Intelligenz beim Zuwachs mit knapp 41 Prozent ganz vorn und erreichen etwa eine Milliarde Euro Umsatz. Sicherheits-Software soll um rund 18 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zulegen. Die Umsätze mit IT-Dienstleistungen werden voraussichtlich um 5,3 Prozent auf 49,4 Milliarden Euro steigen.

Innerhalb des ITK-Segments legt der Umsatz mit Software durchgängig zu. Treiber sind KI-Plattformen, Sicherheitssoftware und Kollaborationstools

(Bild: Bitkom Research, IDC )

Dagegen erwartet der Bitkom im IT-Hardware-Segment nach drei starken Wachstumsjahren ein Minus von 3,6 Prozent. Es sind hier insbesondere die Ausgaben für Notebooks (-15,3 Prozent), Desktop-PCs (-14,4 Prozent) und Tablets (-18,8 Prozent), die nach der coronabedingten Sonderkonjunktur deutlich wegbrechen. Steigende Investitionen im Bereich Equipment für Infrastructure-as-Service (+26,3 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro) sowie Sicherheitstechnologien (+6,6 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro) bremsen den Absturz des Hardware-Marktes immerhin ein wenig ab.

Harte Zeiten für Hardware. Der Einbruch bei Servern und Workstations ist zwar mit rund 7,5 Prozent auch schmerzhaft, härter trifft es aber Notebooks, Desktop-PCs und Tablets.

(Bild: Bitkom Research, IDC)

Für den Bereich Telekommunikation rechnet der Branchenverband in diesem Jahr lediglich mit einem minimalen Plus von 0,4 Prozent auf 69,6 Milliarden Euro. Verantwortlich für den Wachstumsdämpfer ist auch hier das Geschäft mit Endgeräten, das voraussichtlich um vier Prozent auf 11,5 Milliarden Euro schrumpft. Die Investitionen bei der Infrastruktur (+3 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro) können den Einbruch nur in Teilen auffangen, da die Wachstumsrate im Vergleich zum 2022er-Wert um zehn Prozentpunkte niedriger ausfiel. Das TK-Services-Geschäft soll sich nach Bitkom-Berechnungen mit 50 Milliarden Euro leicht über dem Vorjahresniveau bewegen. Sorgenkind der Digitalwirtschaft bleibt die Unterhaltungselektronik, der nach dem kurzzeitigen Aufschwung im ersten Pandemiejahr nun das dritte Schrumpfjahr in Folge droht. Konkret wird für 2023 ein Minus von zwei Prozent auf ein Umsatzvolumen von 8,1 Milliarden Euro prognostiziert. (ulw)