EHDS: Dringender Appell für Widerspruchsrecht bei der E-Patientenakte​

Bürgerrechtsorganisationen fordern ein Recht der Bürger, der primären und vor allem sekundären Verwendung medizinischer Daten zu widersprechen.​

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Frau hält Smartphone, aus dem Symbole wie ein weißes Kreuz kommen.

(Bild: FOTO Eak/Shutterstock.com)

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Die Verhandlungen der EU-Gesetzgebungsgremien über den geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) laufen auf Hochtouren. Einer der Knackpunkte: Die EU-Kommission will mit ihrem Vorschlag die Weiterverwendung von Informationen etwa aus elektronischen Patientenakten "für Forschung, Innovation, Gesundheitswesen, Politikgestaltung und Regulierungszwecke" im großen Stil ermöglichen ("Sekundärnutzung"). 13 Organisationen und Gewerkschaften, die erkrankte Personen, medizinische Fachkräfte und Menschen mit Behinderungen vertreten und sich für Bürgerrechte starkmachen, fordern die Unterhändler nun auf, "die Grundrechte europäischer Patienten zu wahren" und ihnen ein Widerspruchsrecht einzuräumen.

Ein entsprechender Opt-out-Anspruch soll laut dem am Donnerstag veröffentlichten Appell für den primären, allgemeinen Zugriff auf Gesundheitsdaten etwa durch Ärzte oder Kliniken, vor allem aber für die Sekundärnutzung gelten. Mit dem EHDS sollen Bürger offiziell mehr Kontrolle über ihre privaten Daten erhalten, heißt es in dem hauptsächlich an den Ministerrat gerichteten Schreiben, das unter anderem die Organisationen European Digital Rights (EDRi), Epicenter.works, die Freie Ärzteschaft und der Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit unterschrieben haben. Ohne ein Widerspruchsrecht in allen Mitgliedstaaten würde das Vorhaben aber "genau das Gegenteil" bewirken: Zur Disposition stünden nicht nur das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, sondern auch fundamentale Grundsätze aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Die Unterzeichner stellen sich so grundsätzlich hinter die im November beschlossene Position des EU-Parlaments. Demnach könnten Patienten der sekundären Nutzung ihrer Krankenakten ganz oder teilweise widersprechen. Dies sei entscheidend, da gerade sensible Gesundheitsinformationen wie DNA-Daten mit genetischen Markern oder Einträge in Biobanken nicht wirksam anonymisiert werden könnten. Die Gesetzgeber sollten zudem vorschreiben, dass Patienten "bei ihrem Besuch bei ihrem Gesundheitsdienstleister systematisch und proaktiv neutrale und zugängliche Informationen über ihre Rechte an die Hand gegeben werden".

Eine Opt-out-Klausel sei wichtig, da sonst auch Tech-Konzerne Patientendaten einfach etwa für das Training von Systemen mit Künstlicher Intelligenz verwenden könnten, fügt EDRi hinzu. Gehe es nach der Kommission, würden die Betroffenen nicht einmal über die kommerzielle Ausnutzung ihrer Akten informiert. Der Berichterstatter der EU-Abgeordneten für den EHDS, Tomislav Sokol, hat wiederholt betont, dass ein automatischer Zugriff auf Patientendaten mit ihm nicht zu machen sei. Nach Informationen von heise online will er einen Opt-out-Anspruch sogar für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend machen. Das dürfte dem Rat aber schwer abzuringen sein. Es soll zudem noch eine Klarstellung geben, dass ein Patient seinem Arzt mit dem Widerspruchsrecht die elektronische Datenverarbeitung nicht generell verbieten kann.

(mack)