EU-Beschwerde über Microsoft Teams von deutschem Videokonferenzanbieter

Missbrauch von Marktmacht. Diesen Vorwurf erhebt Alfaview gegen Microsoft, weil es seine Office-Macht dazu nutze, Wettbewerb bei Videokonferenzen zu verhindern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 40 Kommentare lesen
Handy zeigt "Microsoft 365" und Icons für Word, Excel, Powerpoint, Teams, Outlook, Onenote, Sharepoint und Onedrive

(Bild: Tada Images / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

"Der Softwaregigant Microsoft beherrscht mit seinem Office-Paket den Markt für Produktivitätssoftware. Microsoft hat seinen separaten Dienst Teams in Microsoft 365 integriert, ohne alternativen Anbietern von Video- und Kommunikationslösungen eine ähnliche Integration zu ermöglichen", schreibt das Unternehmen Alfaview aus Karlsruhe, "Damit setzt Microsoft diese beherrschende Stellung auf dem Markt für Produktivitätssoftware als Hebel ein, um Teams einen Reichweiten- und damit Wettbewerbsvorteil auf dem Markt für entsprechende Kommunikationssoftware zu verschaffen. Dieser Wettbewerbsvorteil ist ungerechtfertigt, weil er mit der Leistung oder Qualität von Teams nichts zu tun hat."

Alfaview bietet Software für Videokonferenzen und Zusammenarbeit in Unternehmen und andere Organisationen an. Damit steht die Firma im Wettbewerb mit Microsoft Teams. Microsoft vertreibt dieses Produkt seit 2017 standardmäßig zusammen mit seinem Office-Paket mit MS Word, Excel, Outlook, Powerpoint und einige weiteren Programmen (vertrieben als "Microsoft 365"). Wer Microsoft 365 abonniert, bekommt Teams ungefragt dazu. Inbegriffen sind diverse Verknüpfungen zu den Office-Programmen – solche Verknüpfungen ermöglicht Microsoft anderen Videokonferenz-Programme wie eben Alfaview aber nicht. Denn die Betriebskosten für Teams sollen ja aus den sprudelnden Office-Lizenzeinnahmen gedeckt werden.

Der deutsche Mitbewerber hält die Bündelung daher für rechtswidrig. Tatsächlich ist wettbewerbsrechtlich verpönt, wenn ein Unternehmen seine Macht in einem Markt als Hebel ausnutzt, um sich auch Vorteile in einem anderen Markt zu verschaffen. Alfaview möchte nun, dass die EU-Kommission in einem Kartellrechtsverfahren untersucht, ob so ein Rechtsverstoß gegeben ist. Also hat Alfaview am Donnerstag Beschwerde in Brüssel eingelegt.

Was das bringt, ist offen. Bereits vor drei Jahren hat das damals kanadische Unternehmen Slack Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft bei der EU eingelegt. Auch Slack wirft Microsoft vor, "illegal und wettbewerbswidrig" zu handeln. Doch erst diese Woche ist durchgesickert, dass die EU-Kartellwächter Microsoft wegen Teams auf den Zahn fühlen.

Und selbst das ist noch kein echtes Kartellverfahren. Vielmehr soll Microsoft der EU-Kommission angeboten haben, einen kleinen Preisnachlass zu gewähren, wenn ein Microsoft-365-Lizenznehmer Teams nicht braucht. Damit möchte der Datenkonzern ein Kartellverfahren vermeiden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bei Alfaview in Karlsruhe hat diese Nachricht Alarm ausgelöst. Microsofts Vorschlag sei "völlig unzureichend", sagt das deutsche Unternehmen. Die Beschwerde bei der EU-Kommission soll das unterstreichen. Alfaview schickt weitere Informationen nach Brüssel und hofft, dass die Behörde zeitnah Maßnahmen gegen Microsoft einleitet. Denn dessen derzeitiges Vertriebssystem verhindere Innovation in der EU.

Kernforderung Alfaviews ist die transparente Bepreisung von Teams anhand der realen Kosten, und zwar quer durch alle Marktsegmente. Auch in der Werbung soll Microsoft dazu gezwungen werden, Pakete mit und ohne Teams gleichermaßen herauszustellen. Und Teams soll für Interoperabilität mit anderen Office-Programmen geöffnet werden.

Teams ist keineswegs der einzige Dienst aus dem Hause Microsoft, den der Anbieter ohne technischen Grund mit Microsoft 365 zwangsbündelt. Möchten Verbraucher in Deutschland, Österreich und weiteren EU-Ländern Microsofts Cloudspeicher Onedrive nutzen, geht das nur noch mit Microsoft 365 Basic, also im Paketpreis mit den Office-Programmen.

Alfaview ist einer jener wenigen Videodienste, denen die Berliner Datenschutzbehörde 2021 bescheinigt hat, rechtskonform eingesetzt werden zu können. Durchgefallen sind bei der Überprüfung die Microsoft-Dienste Teams und Skype, aber auch andere große Namen, beispielsweise Cisco Webex und Google Meet. Inzwischen hat Google die Features aus Meet an Google Duo angeflanscht und Duo in Meet umbenannt.

Zum Tohuwabohu bei Googles Messaging-Rochade lesen Sie: Google Meet wird zu Duo wird zu Meet

(ds)