Eitel Freude über den Microsoft-Samba-Deal

Die Free Software Foundation Europe (FSFE), die EU-Kommission und Microsoft-Vertreter haben die Einigung über die Offenlegung der Protokolle und Schnittstellen für die Kommunikation mit Windows-Servern durch die Redmonder begrüßt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Offenlegung der Protokolle und Schnittstellen zur Kommunikation mit Windows-Servern für Open-Source-Entwickler durch Microsoft wird von vielen Seiten allgemein begrüßt. "Das sollte den Wettbewerb beflügeln in einem Markt, den Microsoft durch missbräuchliches Verhalten dominierte", erklärte ein Sprecher der EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde hatte die Redmonder in einem jahrelangen Kartellverfahren im März 2004 zur Öffnung von Windows unter anderem im Serverbereich verdonnert, um mehr Konkurrenz zu entfachen. Der EU-Gerichtshof erster Instanz in Luxemburg bestätigte die Sanktionen im September. Die Kommission sieht sich mit dem Abkommen zwischen Microsoft und dem freien Samba-Serverprojekt nun in ihrer Haltung bestätigt.

Auch die Free Software Foundation Europe (FSFE), welche die Kommission bei ihrem Vorgehen gegen die Redmonder unterstützte, freut sich im Großen und Ganzen über das Erreichte. "Ein Verfahren ist beendet und die Interoperabilität hat gewonnen", erklärte FSFE-Präsident Georg Greve in einer Stellungnahme. Microsoft habe offenbar keine Möglichkeit mehr gesehen, angesichts des politischen und gerichtlichen Drucks die bisherige Geheimniskrämerei um die Dokumentationen für die Protokolle und Schnittstellen aufrecht zu erhalten. Greve sieht in der Vereinbarung einen "Standard" erreicht, der künftig von allen Beteiligten eingehalten werden müsse. Als Wermutstropfen bezeichnete er die Tatsache, dass auch mit der Übereinkunft Microsofts Patentansprüche auf die Windows-Schnittstellen beachtet werden müssten. Damit würden ganz allgemeine Probleme für das Erreichen von Interoperabilität weiter bestehen.

Gemäß der Vereinbarung listen die Redmonder in einem Anhang (PDF-Datei) die aktuellen Patentansprüche rund um ihr "Workgroup Server Protocol Program" (WSPP) erstmals detailliert auf und versprechen, diese Liste mit künftigen erteilten gewerblichen Schutzrechten aktuell zu halten. Die Samba-Entwickler müssen die Ansprüche zwar nun genau analysieren, um Verletzungen der Immaterialgüterrechte zu vermeiden. Microsoft ist gleichzeitig aber die Möglichkeit aus der Hand genommen, dunkle Drohungen aufgrund möglicher Rechtsverletzungen gegen das Projekt auszustoßen. Im Mai hatten Rechtsexperten der Redmonder etwa behauptet, dass Open-Source-Software wie Linux 235 ihrer Patente verletze. Beim Namen nennen wollte oder konnte der Konzern die Schutzrechte aber nicht.

Alle offenen Angelegenheiten mit Microsoft würden mit dem Samba-Deal nicht gelöst, betont denn auch Carlo Piana, Rechtsexperte der FSFE. Zumindest stelle dieser aber teilweise eine "unfaire und rechtswidrige Situation" ab. Ferner sei das Abkommen auch mit Lizenzen freier Software voll zu vereinbaren. Gemäß FSFE-Vertretern muss das "kaputte" Patentsystem in Europa und in den USA nun auf politischer Ebene verbessert werden. Brüssel etwa könne hier nicht über die Gültigkeit einzelner Schutzansprüche befinden. Zuvor hatte Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) die Kommission für ihre Absprache mit Microsoft zur Beilegung des Kartellrechtsstreits scharf kritisiert. Firmen aus dem Bereich freier Software müssten künftig anhand der ausgehandelten Lizenzvereinbarungen eine Art "Microsoft-Steuer" zahlen. Auch bei der Vereinbarung mit Samba musste die Verhandlungsführerin der Open-Source-Seite, die Protocol Freedom Information Foundation (PFIF), gemäß der EU-Regelungen eine einmalige Gebühr von 10.000 Euro an die Redmonder hinblättern.

Der Softwarekonzern selbst zeigte sich in einer offiziellen Verlautbarung glücklich, dass die PFIF eine Lizenz für den Zugang zu den Spezifikationen für die Windows-Protokolle abgeschlossen hat. Der Leiter der Plattform- und Technologiestrategie Microsofts, Sam Ramji, betonte in einem Blogeintrag ferner, dass man mit dem Samba-Projekt schon seit Jahren zusammengearbeitet habe und die Einigung daher nicht überraschend sei. Man habe dem Open-Source-Team schon vor längerem ähnliche Lizenzbedingungen angeboten, welche dieses aber noch nicht als ausreichend betrachtet habe. Ramji sprach von einem "historischen Moment". Da beide Seiten den Fokus auf die Technologie und eine "geduldige, sorgfältige Ausführung" gelegt hätten, sei ein "echter Fortschritt" erzielt worden.

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