Elektronische Krankschreibung: Arbeitgeber müssen sie bei Bedarf digital abrufen

Ab Januar 2023 müssen Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arbeitnehmer digital abrufen, wenn Sie einen Nachweis über die Erkrankung benötigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
Frau hat Schnupfen

(Bild: Prostock-studio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Ein Jahr nach der freiwilligen Pilotphase müssen Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2023 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ihrer Arbeitnehmer bei Bedarf elektronisch abrufen. Für Erkrankte ändert sich, dass sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr an ihre Krankenkasse und ihren Arbeitgeber weiterleiten. Das erledigt die Praxis, die die Bescheinigung Ende-zu-Ende-verschlüsselt mit dem KIM-Dienst (Kommunikation im Medizinwesen) über die Telematikinfrastruktur – die zum Austausch von Patientendaten gedacht ist – an die Krankenkasse schickt. Von dort ruft sie der Arbeitgeber ab.

Patienten erhalten nur noch einen und nicht mehr drei Ausdrucke. Die Erkrankten müssen ihren Arbeitgeber allerdings weiterhin über die Erkrankung informieren. Für privat Versicherte hingegen ändert sich nichts, diese müssen die Exemplare für den Arbeitgeber und die Krankenversicherung – wie zuvor auch – selbst weiterleiten.

eAU für den Arbeitgeber

(Bild: KBV)

Mit der eAU wird nur noch ein Ausdruck der Krankschreibung für die Erkrankten selbst erstellt. Der Ausdruck für die Krankenkasse und die Durchschläge für den Arbeitgeber und den Arzt entfallen. Ist der Arbeitgeber über die Krankschreibung informiert, stellt er bei gesetzlich Versicherten digital eine Anfrage zum Abruf der eAU bei der Krankenkasse an. Ein anschließender Abruf der eAU ist laut Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) "nur dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits verpflichtet ist, eine Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt feststellen zu lassen und diese bereits vom Arzt an die Krankenkasse übermittelt werden konnte". Außerdem ist ein Abruf der eAU durch den Arbeitgeber nur dann möglich, wenn ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, nach einem Arbeitsunfall oder im Falle eines stationären Krankenhausaufenthalts.

eAU nach AU vom Arzt, nach Arbeitsunfall oder bei stationärem Krankenhausaufenthalt abrufbar

(Bild: BDA)

Gibt es während des Arztbesuchs technische Störungen bei der Übermittlung der eAU, druckt die Praxis eine AU in dreifacher Ausfertigung aus. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber in diesem Fall – wie bisher – einen Ausdruck aushändigen. Stellt die Praxis nach dem Besuch des Patienten technische Probleme fest, schickt die Praxis einen Ausdruck der eAU per Post an die Krankenkasse. Dann können die Daten laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung durch einen aufgedruckten Barcode von den Krankenkassen digitalisiert und den Arbeitgebern auf einem Kommunikationsserver bereitgestellt werden. In diesem Fall sei laut BDA mit einer mindestens zweitägigen Verzögerung der Abrufmöglichkeit durch den Arbeitgeber zu rechnen.

Ob alle Arbeitgeber die eAU ab Januar elektronisch abrufen können, wird sich zeigen. Seit Beginn der Pilotphase, am 1. Januar 2022, bis Juli 2022 haben Arbeitgeber ungefähr 1,5 Millionen eAUs angefordert. Jährlich werden im Durchschnitt jedoch ungefähr 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt. KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel fürchtet, dass sowohl Patienten als auch Arbeitgeber nicht ausreichend informiert seien, wie Nachfragen zeigten. Daher forderte die KBV eine bessere Aufklärung vom Bundesarbeitsministerium und der BDA. Praxen sollten nach Kriedels Ansicht selbst entscheiden, ob sie die eAU nutzen wollen.

Seit Oktober 2021 sind niedergelassene Ärzte bei gesetzlich Versicherten zur elektronischen Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) an die Krankenkassen verpflichtet. Da bis dahin jedoch nur die Hälfte aller Ärzte über einen für die eAU notwendigen elektronischen Heilberufsausweis verfügten, griff zunächst eine Übergangsregelung. Zwar war letztere zum 1. Juli ausgelaufen, Sanktionen drohten Ärztinnen und Ärzten laut Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) jedoch nicht. Der Start des Abrufs der eAU für Arbeitgeber hatte sich ebenfalls um ein halbes Jahr verschoben. Seit Dezember 2021 sind gemäß dem öffentlich zugänglichen Dashboard für die digitale Gesundheitsinfrastruktur 54.968.122 eAUs an Krankenkassen verschickt worden (Stand 12.12.2022). Das entspricht über 70 Prozent aller ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

(mack)