Entscheidung über Vergabe der .net-Registry vertagt

Am endgültigen Ranking der Bewerber änderte sich im Prüfbericht nichts, zumindest nicht auf den vorderen Plätzen: Nach wie vor nimmt VeriSign die Spitzenstellung im Wettlauf um die .net-Registry ein.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Direktoren der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) haben die Entscheidung darüber, wer künftig die .net-Registry betreiben soll noch einmal vertagt. In einer Telefonkonferenz stand die Entscheidung darüber, ob man VeriSign den Zuschlag geben will, eigentlich auf dem Programm. Zunächst einmal würdigten die Direktoren die Antwort von Telcordia auf die Rügen zum Prüfbericht. Die ICANN hatte Telcordia Technologies Inc. aus New Jersey als unabhängigen Gutachter für die Neuvergabe der .net-Registry ausgewählt, der die Anträge der Bewerber auf den Betrieb der Registry prüfen sollte. Die aufgestellte Rangliste hatte heftige Diskussionen ausgelöst und für einige Kritik gesorgt. Auch sorgte für Unruhe, dass Telcordia mit VeriSign und dem zweitplazierten Sentan-Konsortium teils personell, teils finanziell verbunden ist.

Am endgültigen Ranking der Bewerber änderte Telcordia allerdings nichts, zumindest nicht auf den vorderen Plätzen: Nach wie vor nimmt nach dem Prüfbericht VeriSign die Spitzenstellung im Wettlauf um die .net-Registry ein. Nur bei der .de-Registry DeNIC räumte Telcordia einen echten Fehler ein: Offensichtlich war dem Team, das die Kriterien der Bewerber bewertete, Sybase kein Begriff. Daher hatte man dem DeNIC unterstellt, es arbeite mit einer selbst gestrickten Datenbank. Das DeNIC wurde damit den einzigen "gelben" Minuspunkt los -- Telcordia benutzt in der Bewertung eine Kategorisierung mit Rot, Gelb, Grün und Blau, wobei Rot die schlechteste und Blau die beste Bewertung darstellt. Außerdem "entdeckte" Telcordia sowohl für Denic als auch für Core++ noch blaue Pluspunkte für die technischen Kapazitäten bei internationalisierten Domains, IPv6 und DNSSec. Die entsprechenden Pluspunkte für die beiden europäischen Bewerber habe man bei der Abfassung des ersten Berichtes übersehen, erklärte Telcordia,

Dies dürfte die DeNIC-Chefin Sabine Dolderer in ihrer gegenüber ICANN erhobenen Forderung bestärken, dass die Bewerber den vollständigen Bericht erhalten sollten. Die Bewerber haben bislang nur die allgemein veröffentlichte, gekürzte Fassung erhalten. Die meisten anderen Kritikpunkte der Bewerber fertigte Telcordia recht kurz ab.

Besonders unglücklich mit dem Telcordia-Bericht dürfte Sentan sein, da es nur sehr knapp hinter VeriSign lag und am ehesten darauf hoffen konnte, am ehemaligen Domain-Monopolisten vorbeizuziehen. Zu allem Unglück hatte Telcordia hier auch noch "übersehen", dass das Konsortium bei DNSSec, IDN und IPv6 eigentlich nur einen grünen statt dem besseren blauen Pluspunkt habe. In diesem Punkt wurde Sentan nun herunterqualifiziert und etwas mehr Abstand zu VeriSign geschaffen.

Völlig unbeeindruckt reagierte Telcordia schließlich auf die vielen Kommentare Dritter, die auf VeriSigns nicht eben positive Bilanz bei der Einhaltung anerkannter ICANN-Regeln hingwiesen hatten -- und auf die übergeordnete Frage nach einem Mehr an Wettbewerb. Dies liege außerhalb der Betrachtung, die Telcordia auftragsgemäß angestellt habe, hieß es.

Deutlich wurde, dass Telcordia von der Erstplatzierung von VeriSign nicht abrücken wollte. Fraglich ist nun, was die Direktoren bewogen hat, die endgültige Entscheidung aufzuschieben. Liegt es nur daran, dass man die Vertragsverhandlungen mit VeriSign noch nicht abgeschlossen hat? Oder sollten die Direktoren tatsächlich eine den Telcordia-Vorschlägen zuwiderlaufende Entscheidung erwägen? Darauf wird derzeit allerdings niemand wetten. (jk)