Europäisches Patentamt droht Gewerkschaftsführung

In einem seit langem schwelenden Konflikt um die Arbeitsbedingungen beim Europäischen Patentamt hat die Behörde jetzt der Leiterin der Gewerkschaftsorganisation mit Kündigung und rechtlichen Schritten gedroht.

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Benoît Battistelli

EPO-Präsident Benoît Battistelli

(Bild: epo.org)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Christian Kirsch

Nachdem SUEPO, die Gewerkschaft der Mitarbeiter des Europäischen Patentamts (EPO), mehrmals zu Streiks aufrief und an den EPO-Standorten München und Den Haag demonstrierte, droht jetzt die Behörde der Münchener SUEPO-Leiterin Elizabeth Hardon mit "rechtlichen Schritten" wegen Verbreitens "vertraulicher Informationen". Darunter fällt nach Auffassung des EPO bereits die Information über die Vorladung vor die Investigative Unit.

Seit Benoît Battistelli 2010 EPO-Präsident wurde, klagen Mitarbeiter über sich verschlechternde Arbeitsbedingungen. Wer in das Visier einer von Battistelli gegründeten Abteilung zur Prüfung von Regelverstößen (Investigative Unit) gerät, hat ihr gegenüber kein Recht auf Aussageverweigerung oder anwaltlichen Beistand. Vom Präsidenten erlassene Regeln erlauben Streiks zwar prinzipiell, behalten ihm aber das Recht vor, über ihre Zulässigkeit zu entscheiden. Auch außerhalb des EPO erregte er Irritationen mit neuen Regeln, die die Beförderung von Patentprüfern mit deren zügiger Bewilligung von Anträgen verknüpft. Kranke Mitarbeiter müssen sich zu festen Uhrzeiten zu Hause aufhalten, damit ein vom Patentamt beauftragter Arzt ihren Gesundheitszustand prüfen kann.

Als zwischenstaatliche Behörde unterliegt das Europäische Patentamt (EPO) nicht dem Recht eines einzelnen Landes. Zuständig für arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen ist allein die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf. Dort allerdings dauert es bis zu zehn Jahre, bis eine Beschwerde entschieden wird.

Aufsichtsbehörde des EPO ist ein Verwaltungsrat (AC), in den die 38 Staaten des Europäischen Patentabkommens Vertreter entsenden. Er stellte sich zuletzt im Dezember 2014 hinter Battistelli. Zuvor hatte dieser den Richter einer EPO-Berufungskammer ohne nähere Begründung suspendiert. Kritiker vertraten die Auffassung, dabei seien die bestehenden Regeln missachtet worden, das Vorgehen somit illegal. Auf derselben Sitzung Ende 2014 verlangte der AC die Anerkennung von SUEPO als Gewerkschaft und Verhandlungen mit ihr – Ziel sollte der Abbau der "sozialen Spannungen" sein. (ck)