Halbleiterproduktion: Regierung sieht deutlichen Fachkräftemangel

Die Ausbildungskapazität im Bereich Mikroelektronik muss deutlich gesteigert werden, betont die Regierung mit Blick auf geplante Halbleiterwerke von Intel & Co.

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Nahaufnahme einer Maschine, die Chips von einem Silizium-Wafer entnimmt und auf ein Substrat aufbringt.

(Bild: IM Imagery/Shutterstock.com)

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Die Bundesregierung geht von anhaltenden Fachkräfte-Engpässen im Bereich Halbleitertechnik aus. Sie sieht daher den Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland durch die geplanten Ausbauten und Neuansiedlungen von Chip-Fabriken insbesondere in den östlichen Bundesländern "vor großen Herausforderungen". Dies schreibt das Bundesforschungsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Kapazitäten in der beruflichen und akademischen Aus- sowie Weiterbildung müssten daher "deutlich gesteigert werden, um den Bedarf an Fachkräften decken zu können". Nachhaltig werde das nur gelingen, "wenn alle beteiligten Akteure, insbesondere Unternehmen und Betriebe, Länder und Kommunen, Bildungs- und Weiterbildungsträger sowie der Bund ihre Beiträge leisten".

Der Fachkräftemangel wirkt sich Studien zufolge auch auf die Chip-Fertigung hierzulande aus. Im Jahresdurchschnitt zwischen Juli 2021 und Juni 2022 fehlten in Berufen, die für die Halbleiterindustrie entscheidend sind, laut dem Wirtschaftsinstitut IW Köln rund 62.000 Spezialisten. Die Regierung verweist in ihrer Antwort auf das Fachkräftemonitoring des Arbeitsministeriums. Demnach seien in der Berufsgruppe Elektrotechnik, zu der auch die Mikroelektronik gehört, bis 2027 circa 65.000 Arbeitsplätze aufgrund des alterungsbedingten Ausscheidens von Beschäftigten neu zu besetzen. Gleichzeitig würden die bis 2027 neu aus dem Bildungssystem kommenden Arbeitskräfte (89.000) diesen Bedarf nicht decken können, da rund 29.000 von ihnen das Berufsfeld "aufgrund von beruflicher Mobilität verlassen werden". Der Sektor gehöre so "in der Mittelfristprognose zu den Fokusberufen mit Engpässen".

Mit Blick vor allem auf die Investitionsvorhaben von Intel in Magdeburg sowie des Joint Ventures von TSMC mit NXP Deutschland, Infineon und Bosch in Dresden fordert das Bildungsministerium daher gemeinsame Anstrengungen, um potenzielle Lücken zu füllen. Allein durch die Intel-Megafabs sollen dauerhaft 3000 Hightech-Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden. Langfristig könnte die Zahl der Beschäftigten dort auf bis zu 20.000 anwachsen. Die beteiligten Unternehmen müssten bei Förderungen im Rahmen von "wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" (IPCEI) oder des European Chips Acts "Anforderungen zur Arbeitsplatzsicherung beziehungsweise -gewinnung erfüllen", unterstreicht die Regierung. Die Regelungen zu den Fachkräften würden hier individuell für das jeweilige Projekt festgelegt.

Um die Länder und Konzerne in ihrer Verantwortung zu unterstützen, will die Exekutive "in enger Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren und aufbauend auf bestehenden Angeboten übergreifende Strukturen und praxisorientierte Lern- und Schulungsangebote mitentwickeln und erproben". Das Bildungsressort fördere die Aus- und Weiterbildung für die Chip-Industrie sowie die Forschung insbesondere mit dem Rahmenprogramm für eine vertrauenswürdige Mikroelektronik, heißt es. Dabei gehe es etwa um den Aufbau einer einschlägigen Akademie, der "Initiative Forschungslabore" für die Halbleiterbranche und des Bundeswettbewerbs InnoVET. Man erarbeite zudem gerade eine Chip-Forschungs- und Weiterbildungsstrategie im Austausch mit verschiedenen Interessensträgern.

Nach Informationen der Regierung wird der Fachkräftebedarf im Bereich Mikroelektronik in der ganzen EU in den Jahren 2022 bis 2030 um insgesamt 200.000 Personen steigen. Die Gemeinschaft fördere etwa mit dem Programm Digitales Europa den Aufbau von Fähigkeiten in der Mikroelektronik. Mit dem Chip-Gesetz solle ein europäisches Netz von Kompetenzzentren entstehen, das auch die Entwicklung eines Talentpools durch verschiedene Maßnahmen unterstütze. Generell strebe man "eine enge Verzahnung mit der europäischen Ebene an, insbesondere auch um Fachkräfte aus dem europäischen Ausland in den Blick zu nehmen".

(olb)