Gigabit-DSL: Breko will eigene Feldversuche starten

Die für Telefonleitungen entwickelte Highspeed-Technik erscheint vielen Netzbetreibern attraktiv. Doch die im Breko organisierten Mitbewerber der Deutschen Telekom warnen bereits davor, dass G.fast-Monopole entstehen könnten.

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Die alternativen Netzbetreiber des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) wollen noch in diesem Jahr einen Praxistest der für Kupferdoppeladern entwickelten G.fast-Technik starten. Die im Breko organisierten Festnetz-Wettbewerber der Deutschen Telekom wollen dafür mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in Gießen zusammenarbeiten.

G.fast nutzt zur Übertragung ein noch viel breiteres Frequenzband als VDSL. Deshalb sind auch die Übersprechstörungen der Telefonleitungen in einem Kabelbündel stärker, sodass auch die mit G.fast betriebenen Leitungen per Vectoring aufeinander abgestimmt werden müssen, um so den Störpegel zu senken und damit die Übertragungsrate zu erhöhen. Außerdem gilt: Je höher die Frequenzen einer DSL-Technik, desto stärker verschlechtert der Dämpfungseffekt auf Kupferleitungen das Signal-Rauschverhältnis. Deshalb eignet sich G.fast auch mit Vectoring nur für sehr kurze Strecken von maximal 250 Metern ab dem Einspeisepunkt, dem DSLAM. Zum DSLAM liefern die Netzbetreiber die Daten per Glasfaser an.

Der Breko sieht im Prinzip zwei Anwendungsszenarien: Eine Nutzung direkt am Hausanschluss (Abschlusspunkt, APL, meist im Keller eines Gebäudes) und die Nutzung an der Straße, in der Regel unter dem Gehweg (FTTdp - Fibre To The Distribution Point). Daher wird die zweite Variante auch als FTTS bezeichnet (Fibre To The Street). In Deutschland gibt es bislang nur sehr wenige Distribution Points; diese müssten für G.fast also eigens errichtet werden.

Der Übergabepunkt, FTTdb, (Fiber-To-The-distribution-point), rückt mit G.fast noch etwas näher an den Teilnehmer heran. Aber erst mit DSLAMs, die direkt in Gebäuden installiert werden, liefert G.fast Datenraten auf Gigabit-Niveau.

(Bild: Lantiq)

G.fast liefert aber nur in der Hausanschluss-Konfektionierung Datenraten auf Gigabit-Niveau. Fachleute bezeichnen G.fast daher auch gern Tuning-Technik für Hausverkabelungen. Bei der FTTdp-Konfiguration sinken Datenraten drastisch. "Aus diesem Grund kann G.fast per FTTdp technologiebedingt nur wenig zum flächendeckenden Ausbau mit schnellen Breitbandanschlüssen im ländlichen Raum beitragen", erläutert Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. "Gerade hier haben wir es in der Regel mit sehr hohen Leitungslängen zu tun, sodass es wirtschaftlich und auch für den Kunden deutlich sinnvoller erscheint, die Glasfaser als zukunftssichere Technologie nicht nur auf die Straße bis vor das Gebäude, sondern direkt bis in die Häuser (FTTB/FTTH) zu legen."

Bis die Glasfaser direkt in jede Wohnung gelegt werden kann, stellt G.fast einen sinnvollen Weg dar, um Menschen und Unternehmen sehr hohe Bandbreiten zu wirtschaftlichen Konditionen zur Verfügung stellen zu können, meint Albers.

Der Verband warnt nach den Erfahrungen bei VDSL2-Vectoring davor, einzelnen Unternehmen exklusive Nutzungsrechte – etwa der Hausinfrastruktur – zur Verwendung des kommenden Standards einzuräumen. Technologiebedingt kann G.fast durch die Koppelung mit dem Vectoring-Verfahren immer nur von einem Unternehmen zwischen DSLAM und den daran angeschlosssenen Endkunden eingesetzt werden.

Breko-Vizepräsident und Versatel-Chef Johannes Pruchnow meint: "Es muss von vornherein sichergestellt werden, dass G.fast von allen Netzbetreibern zu fairen und chancengleichen Bedingungen eingesetzt werden kann. Quasi-Monopole darf es im Jahr 15 der Tk-Liberalisierung nicht mehr geben."

Um einen wettbewerbsverträglichen Einsatz zu gewährleisten, müsse die G.fast-Einführung von Beginn an regulatorisch eng begleitet werden. Vor allem müsse sichergestellt werden, dass Investitionen am HVt (Vermittlungsstelle) beziehungsweise am Kabelverzweiger (der graue Kasten an der Straße) durch G.fast nicht beeinträchtigt werden, zum Beispiel durch Störeinflüsse auf ADSL-Leitungen, die derzeit neben VDSL mit und ohne Vectoring unproblematisch weiterbetrieben werden können.

G.fast wird gegenwärtig von der International Telecomunication Union standardisiert (ITU). Die Spezifikation soll unter der Bezeichnungen G.9701 gegen Jahresende festgeklopft werden. Weil sie schon so weit fortgeschritten ist, haben Lantiq und Broadcom bereits Router-Prototypen und Chip-Sätze angekündigt. G.fast könnte mit ihrer neuartigen Auslegung den Markt für Internet-Anschlüsse in Bewegung bringen. Die Telekom hat bereits angekündigt, G.fast zu testen. Regulatorische Vorgaben der Bundesnetzagentur stehen noch aus, sind aber ebenso erforderlich wie für die gerade eingeführte VDSL-Vectoring-Technik. (dz)