Glasfaser für alle bis 2030: Über ein Viertel des Wegs ist geschafft

26 Prozent der deutschen Haushalte konnten Mitte 2022 Glasfaser beziehen, melden die Netzbetreiber. Die Ausbauprognose ist positiv, aber es gibt einige Hürden.

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(Bild: ChiccoDodiFC/Shutterstock.com)

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Der Glasfaserausbau in Deutschland hat in den vergangenen Monaten deutliche Fortschritte gemacht: Die Zahl der Haushalte mit direkten Zugang zum Glasfasernetz ist zwischen Ende 2020 und Juni 2022 um 4,4 auf insgesamt 12,7 Millionen angestiegen. Die Glasfaserquote liegt damit bei 26 Prozent, während sie 2019 erst 13,5 Prozent betrug. Mehr als jeder vierte Haushalt hierzulande hat also inzwischen die Option, auf die hochleistungsfähige Anschlusstechnik im Festnetz zuzugreifen.

Die Zahlen stammen aus der Analyse des Telekommunikationsmarkts 2022, die der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) am Dienstag zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Jens Böcker vorgestellt hat. Die 12,7 Millionen Anschlüsse schließen solche ein, bei denen der Hausstich noch fehlt, beziehungsweise bei denen noch Baumaßnahmen im öffentlichen Raum nötig sind ("Homes Passed"). Den größten Teil dieser Verbindungen realisieren mit 8,8 Millionen beziehungsweise 71 Prozent die alternativen Netzbetreiber, also die Wettbewerber der Deutschen Telekom.

8,1 Millionen Heime sind tatsächlich ans Glasfasernetz angeschlossen. Neu dazugekommen sind im Untersuchungszeitraum 3,8 Millionen. Diese sogenannte Take-up-Rate der Buchungen liegt so bei 47 Prozent, während sie in der Vorjahresstudie nur 40 Prozent betrug. Über 1,4 Millionen Kunden buchen bereits jetzt einen Anschluss mit einer Bandbreite von 1 GBit/s oder mehr. Das sind etwa vier Prozent der vertraglich gebundenen Verbraucher. Böker schloss daraus: "Da sind wir auf dem Weg zum neuen Standard."

Allein 2021 ist die Take-up-Rate um 54 Prozent gestiegen. Die Netzbetreiber schufen 4,8 Millionen direkt verfügbare Glasfaseranschlüsse, bei denen 2,6 Millionen Verträge tatsächlich abgeschlossen wurden. Mit dem Wachstum liegt Deutschland europaweit auf dem dritten Platz nach Frankreich und Großbritannien. Das Plus bei breitbandigen TV-Kabelanschlüssen betrug zwischen 2020 und 2021 nur noch 1,1 Prozent, das bei VDSL-Verbindungen 6,5 Prozent.

Großen Substitutionsdruck durch den Mobilfunk und 5G sieht der Breko bislang nicht. 2021 seien durchschnittlich 256 Gigabyte (GB) pro Anschluss und Monat im Festnetz übertragen worden, bis 2025 sei aufgrund Trends wie Streaming mit 811 GB zu rechnen. Dies sei der Trigger für die Glasfasernachfrage. Mobil würden aktuell pro Monat und SIM-Karte nur 4,3 GB umgesetzt. Bisher verzichteten auch lediglich fünf Prozent der Haushalte auf einen Festnetzanschluss, auch wenn sich die Quote zuletzt erhöht habe.

Die Investitionen in die digitale Infrastruktur sind 2021 auf insgesamt 11 Milliarden Euro gestiegen. Sie liegen so erneut auf Rekordniveau. Hier dominieren ebenfalls die alternativen Netzbetreiber. Ihre finanziellen Einsätze in Höhe von 6,5 Milliarden entsprechen 59 Prozent des gesamten Volumens. Die jährlichen Investitionen der Telekom in Breitband-Infrastrukturen haben sich seit 2018 auf rund 4,5 Milliarden Euro jährlich eingepegelt.

Der staatliche Förderanteil durch das Breitbandprogramm des Bundes liegt 2021 bei rund 9 Prozent. Mit 2480 geförderten Ausbauprojekten sollen insgesamt drei Millionen Anschlüsse realisiert werden. 1,2 Millionen davon sind fertig. Von den bereitgestellten Mitteln sind bisher etwa 22,5 Prozent ausgezahlt worden, was 2,4 Milliarden Euro entspricht. Breko und andere Branchenverbände der Telekom-Herausforderer warnen seit Langem vor einem "Förder-Tsunami", der private Investitionen bremsen und den Ausbau etwa wegen langwieriger Genehmigungsphasen sogar bremsen könnte. Die Politik will die Verfahren beschleunigen und vereinfachen.

Der Umsatz der alternativen Netzbetreiber betrug 2021 insgesamt 53,13 Milliarden Euro. Der Ausblick auch auf den weiteren Ausbau ist zwar prinzipiell positiv, doch der Breko verweist auf einige Risiken, zu denen neben politischen Weichenstellungen hierzulande vor allem die "schwer abschätzbare Entwicklung im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands in der Ukraine" sowie die Folgen der Coronapandemie zählten. Lieferengpässe, Fachkräftemangel und die hohe Inflation könnten das Tempo beim Legen von Glasfaseranschlüssen bremsen. Im Frühsommer brachten Betreiber bereits steigende Preise auch bei ihren Produkten ins Spiel.

Die Bundesregierung peilt mir ihrer Gigabitstrategie "Glasfaser für alle" bis 2030 an. 2025 sollen 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen mit der Anschlusstechnik versorgt sein. Grundsätzlich sei dies zu schaffen, geht aus der Marktanalyse hervor: Die prognostizierte Abdeckung liegt in drei Jahren demnach zwischen 40 und 53 Prozent.

Breko-Präsident Norbert Westfal mahnte hier: "Der größte Hebel ist und bleibt dabei die Gestaltung einer den eigenwirtschaftlichen Ausbau sinnvoll ergänzenden – und nicht behindernden – staatlichen Förderung." Wichtig sei daher vor allem eine gründliche Potenzialanalyse zur Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Steuergeldern zum Schließen weißer Flecken. Generell rolle der Ausbau. Die Branche sei der Meinung, dass sie die Herausforderungen meistern könne.

Die Studie zeigt auch, dass das Open-Access-Kooperationsmodell, in dem ein ausbauendes Unternehmen sein Netz zu fairen Bedingungen für Wettbewerber öffnet, an Bedeutung gewinnt. 81 Prozent der Breko-Netzbetreiber setzten bereits darauf. Open Access bietet laut dem Geschäftsführer des Verbands, Stephan Albers, eine gute Lösung, um "nachhaltig auszubauen, Überbau zu vermeiden und Ressourcen zu schonen".

Bei den Bundesländern steht Schleswig-Holstein unangefochten an der Spitze beim Glasfaserausbaus Bundesländern. Mit einer Quote von 61 Prozent liegt es knapp vor Hamburg und den dortigen 59 Prozent. Sachsen-Anhalt landet mit 33 Prozent den dritten Platz. Das Schlusslicht bildet Berlin mit einer Glasfaserabdeckung von 10 Prozent.

(mho)