Gnome 46: Variable Wiederholraten und besseres RDP

Die Desktop-Umgebung Gnome 46, die in die kommenden Releases der großen Distributionen einzieht, bringt einige Neuerungen und verzichtet auf Streichkonzerte.

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Gnome-Desktop auf Laptop

Der neue Gnome-46-Desktop auf einem Laptop.

(Bild: David Wolski)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • David Wolski
Inhaltsverzeichnis

Im üblichen Turnus von sechs Monaten hat die Gnome Foundation eine neue Version der freien Desktop-Umgebung veröffentlicht. Gnome 46 ist dabei eine der wichtigeren Ausgaben in diesem Jahr, denn diese Version wird auch dem kommenden Fedora 40 und Ubuntu 24.04, dort mit Modifikationen, als primäre Oberfläche dienen. Gnome 46 erlaubt also auch schon einen Blick darauf, was diese tonangebenden Linux-Distributionen auf ihren Standard-Desktops zu bieten haben. Und dieses Mal liefert das aktuelle Gnome auch nennenswerte Neuerungen.

Gnome schließt zu KDE Plasma auf und bietet unter Wayland nun auch variable Bildwiederholraten (VRR, Variable Refresh Rate) an. Zumindest, wenn eine Grafikkarte von AMD sowie ein VRR-fähiger Bildschirm vorhanden sind. Variable Bildwiederholraten nennt AMD auch in den Linux-Treibern FreeSync. VRR sorgt dafür, dass sich die Bildwiederholrate von Bildschirm und Grafikkarte synchronisieren. Üblicherweise läuft ein Monitor fest mit 60 oder 120 Hertz. Liefert der Grafikchip weniger Bilder pro Sekunde, ruckelt es, etwa beim Abspielen von Videos. Die Gnome-Foundation hatte unter anderem zur Umsetzung von VRR eine einmalige Spende von einer Million Euro des Souvereign Tech Fund erhalten, hinter dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz steht. In Gnome 46 gilt VRR noch als experimentell, denn die Wayland-Unterstützung gilt noch nicht als ausgereift und bei bestimmten Bildwiederholraten kann der Mauszeiger springen. Im Terminal wartet die VRR deshalb noch mit diesem Befehl auf ihre Aktivierung:

gsettings set org.gnome.mutter experimental-features "['variable-refresh-rate']"

Erst dann zeigen die Gnome-Einstellungen unter "Bildschirme" die Punkte "Variable Refresh Rate" und "Preferred Refresh Rate" an. Ab Gnome 47 soll VRR dann per Standard aktiviert sein.

Eine Schnittstelle per RDP bietet Gnome seit Version 42, deren Konfiguration in den Einstellungen unter "System, Bildschirmfreigabe" untergebracht ist. Ab jetzt funktioniert eine Anmeldung nicht nur an einem bereits laufenden Desktop, sondern auch am Log-in-Manager GDM. Das vereinfacht per RDP den Zugriff auf Gnome-Desktops, die im Netzwerk oder auch nur in einer Cloud-Instanz ohne angeschlossenen Bildschirm "headless" laufen. Diese Aufgabe übernehmen Pipewire sowie der Systemd-Dienst "gnome-remote-desktop" und präsentieren die GDM-Anmeldung, wenn der verwendete Benutzeraccount noch nicht angemeldet ist. Das verwendete RDP-Protokoll entspricht jetzt jenem von FreeRDP 3.1.

Unter den Gnome-Anwendungen hat dieses Mal der Dateimanager Nautilus beziehungsweise Gnome-Files die meisten Änderungen erfahren. Per Rechtsklick gibt es eine Möglichkeit, Ordner mit einem individuellen Symbol auszustatten. Es gibt in Gnome 46 noch eine Suchfunktion neben der Ordner-Suchfunktion, die ganz links oberhalb der Seitenleiste untergebracht ist und den Dialog "Überall suchen" im Hauptfenster öffnet.

Suchen und Finden: Der Gnome-Dateimanager hat eine zweite Suchfunktion links über der Seitenleiste erhalten, die eine indexbasierte Dateisuche auch ausserhalb des eigenen Home-Verzeichnisses, auf Mount-Punkten, erlaubt.

(Bild: Screenshot / David Wolski)

Der Vorteil ist, dass sich über die ebenfalls eingeblendeten "Sucheinstellungen" auch weitere Verzeichnisse von eingehängten, lesbaren Datenträgern angeben lassen, die nicht unterhalb von "Home" verfügbar sind, sondern etwa unter den Mount-Punkten /media, /run/media oder /mnt. Auch überprüft Nautilus nun im Voraus, ob bei Dateioperationen auf dem Zieldatenträger genug Platz ist und ob ein Dateisystem wie das ältere FAT32 die vorliegenden Dateigrößen überhaupt unterstützt.

Über die Gnome-Einstellungen und "Online-Konten" gibt es mit "Microsoft 365" eine neue Schnittstelle zum Cloudspeicher von OneDrive, welcher dann im Dateimanager unter den Netzwerk-Speicherorten erscheint. Die Anbindung erfolgt über GVFS und war rund ein Jahr in der Entwicklung.

OneDrive und WebDAV: Die neuen Account-Typen "Online-Konten" in den Gnome-Einstellungen können nun nativ, ohne weitere Clients, OneDrive sowie WebDAV per GVFS als Netzwerk-Speicherort in Gnome 46 einbinden.

Für Selbst-Hoster gibt es auch den neuen Konten-Typ "WebDAV", welcher je nach Server-Fähigkeiten dessen Speicherort, aber auch Kontakte und einen CalDAV-Kalender in Gnome 46 einbindet.

In den Einstellungen für die üblichen Touchpads von Notebooks findet sich jetzt die leichter zu findende Option, das Touchpad bei Tastatureingaben automatisch vorübergehend zu deaktivieren. Diese Funktion war bislang nur per Gnome-Shell-Erweiterung oder über eine Änderung per dconf oder gsettings im Terminal aktivierbar.

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Schon seit Gnome 40 gibt es ein kleines, internes Entwicklerteam zu "Gnome on Mobile", das GTK4 und eine optimierte Version des Gnome-Desktops fit für Smartphones machen will. Von diesem Team stammen neue Gesten im Compositor zur Bedienung per Touchscreen, die von anderen Mobilsystemen wie Android inspiriert sind. Nachdem seit dem letzten größeren Update zu Gnome on Mobile schon über ein Jahr vergangen ist, zeigt die recht späte Aufnahme des Codes für Gesten in Gnome 46, dass dieses Unterfangen weiterhin lebendig, wenn auch längst nicht fertig ist.

Die Release Notes zu Gnome 46 "Kathmandu" präsentieren die wichtigsten Änderungen aus Sicht der Gnome-Entwickler noch kleinteiliger. Wer nicht auf Ubuntu 24.04 oder Fedora 40 warten will, erhält vom Gnome-Team ein minimales, installierbares System namens Gnome OS als ISO-Datei speziell für virtuelle Maschinen oder zur Installation auf einem Testcomputer. Um das neue Gnome aber als Live-System erst einmal unverbindlich in einer VM oder auf einem realen Rechner anzusehen, ist Fedora Linux 40 Workstation in der Nightly-Beta-Version eine gute Alternative. Fedora hat allerdings die Remote-Desktop-Komponente bislang nicht auf die Version von Gnome 46 aktualisiert und eine RDP-Anmeldung an GDM funktioniert hier daher derzeit nicht.

Update

Wir haben den Codenamen "Kathmandu" korrigiert.

(dmk)