Google erläutert IPv6-Strategie

Beim Treffen der europäischen IP-Registry RIPE erzählte der Google-Entwickler Lorenzo Colitti aus dem Nähkästchen des Google-IPv6-Starts und die seiner Ansicht nach nächsten wichtigen Schritte bei der Einführung des neuen Internet-Protokolls.

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Von
  • Monika Ermert

Wesentlich besseres Zusammenschalten der verschiedenen Netze (Peering), weniger Tunneling von IPv4-Datenverkehr und ein ordentliches Monitoring sind wichtige nächste Schritte auf dem Weg zur netzweiten Umstellung auf das neue Internet-Protokoll IPv6. Mit diesen Empfehlungen wandte sich Lorenzo Colitti, Entwickler bei Google und für die IPv6-Strategie des Suchmaschinenriesen mit verantwortlich, an Provider und Netzwerkexperten beim 56. Treffen von RIPE, der regionalen IP-Registry für Europa. Googles Suchmaschine lässt sich über ipv6.google.com mit tanzendem Logo abrufen. Die gelieferten Suchergebnisse lassen sich freilich noch kaum über IPv6 abrufen. Colitti sprach wie auch bei Googles IPv6-Start im März davon, dass der Einsatz des neuen Protokolls machbar sei. Er lud dazu ein, über den direkten Austausch von IPv6-Applikationen mit Google ins Gespräch zu kommen, da es mit dem Peering übers Netz noch sehr hapert.

Beim RIPE-Treffen erzählte der Entwickler aus dem Nähkästchen des Google-IPv6-Starts und berichtet über eine interne Google-Konferenz Anfang des Jahres, bei dem man neben der Suchmaschine auch andere Dienste wie Google Mail und Google Calender mit dem neuen Protokoll vorgestellt habe. Um diese für die Nutzer anbieten zu können, müsste man aber entsprechende AAAA-Einträge für die Google-Seiten machen; und davor schreckt man wegen der möglichen Probleme für zahlreiche IPv4-Nutzer zurück. Einschränkungen für die Nutzer seien keine Option. Im Netz kursieren allerdings in verschiedenen Blogs bereits Hinweise, wie man die IPv6-Versionen von Mail und Calender schon heute nutzen kann, meinte Colitti.

Colitti beschrieb auch eine ganze Reihe von Problemen, die man seit dem Start der IPv6-Suchseite noch beobachten konnte. Das Filtern von TCP Header Extensions und das Load-Balancing funktioniern nicht gut, bei NAT-PT (Network Address Translation – Protocol Translation) gab etwa die Internet Engineering Task Force regelrecht auf. Im Prinzip sei NAT-PT als Technik zur Umsetzung von IPv4- auf IPv6-Adressen (siehe RFC 2766 und RFC 4966) aber machbar und besonders für die Übergangszeit, in der IPv6 neben IPv4 an Raum gewinnt, unerlässlich. Zum Entsetzen von Colitti und seinen Kollegen fielen beim Start von Googles IPv6-Angebot gleich drei Router aus. Die Antworten der Hersteller zu den Ursachen zitierte Colitti genüsslich: Bei IPv6 sei ein Crash eher möglich, weil die Adressen länger seien.

Als ein besonders ärgerliches Hindernis für den Start von IPv6 bezeichnete Colitti allerdings das mangelnde Peering. Er habe kein Verständnis für große Backbone-Provider, die keinerlei Peering für das Netz der nächsten Generation vorsähen. "Peering, Peering, Peering", so Colittis Mantra – er bot denn auch die direkte Zusammenarbeit mit den anwesenden Providern an, um Dienste auszutauschen. Damit kann verhindert werden, was Google beim IPv6-Start passierte, dass sein ganzer /32 Adressraum (nach CIDR-Terminologie) für viele Nutzer gar nicht sichtbar ist. Wenig hilfreich sind aus Colittis Sicht auch Tunnels für den Verkehr. "Die machen die Fehlersuche wirklich extrem schwierig. Bitte vermeidet das Tunneln."

Obwohl man die fortgesetzte Arbeit mit IPv6 nicht offiziell angekündigt habe, will man weiter entwickeln. "Wir bleiben dran und hoffen, dass wir mehr bieten können", betonte Colitti. Anfragen bekamen er und sein Kollege Erik Kline gleich von mehreren offiziellen Stellen. Die Europäische Kommission interessierte sich so etwa, Google für ihr im Rahmen des Aktionsplans geplantes "thematisches Netz" mit IPv6-Seiten zu gewinnen. Auch aus Großbritannien gab es eine Anfrage, bei einer kommenden IPv6-Veranstaltung der Regierung die ökonomische Seite des IPv6-Engagements vorzustellen.

Siehe dazu auch:

(Monika Ermert) / (jk)