LTE-Patente: Ford lenkt ein und lizenziert von Avanci

Nach dem Urteil des Münchener Landgerichts droht dem US-Hersteller in Deutschland ein Verkaufsverbot. Mit einer Lizenz für LTE-Patente wendet Ford das ab.

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Ford

(Bild: dpa, Uli Deck/Archiv)

Lesezeit: 3 Min.

Um ein drohendes Verkaufsverbot abzuwenden, hat der Autohersteller Ford eine Patentlizenzvereinbarung über Mobilfunktechnologien mit den Patentpool Avanci abgeschlossen. Das teilte Avanci am Dienstag in Dallas (US-Bundesstaat Texas) mit. Damit erhält Ford eine Lizenz für standardrelevante Mobilfunkpatente von derzeit 49 Patentinhabern.

Einer dieser Patentinhaber hatte Ford in Deutschland verklagt, ein anderer in den USA. Ford wird vorgeworfen, mit den Mobilfunkmodulen in Fahrzeugen und insbesondere der Funktion "FordPass-Connect" ein Patent zu verletzen, das ein Verfahren zur Steuerkanalsignalisierung in Mobilfunknetzen beschreibt (EP 2294737B1). Das ursprünglich von Panasonic angemeldete Patent war als essenziell für den LTE-Standard erklärt worden.

Das Landgericht München I hatte vor elf Tagen entschieden, dass Ford dieses Patent verletzt. Als standardessenzielles Patent unterliegt es bei der Lizenzierung den FRAND-Bedingungen, die faire, angemessene und nicht-diskriminerende Lizenzbedingungen vorschreiben. Weil Ford eine solche Lizenz nicht erworben hatte, wurde der Autohersteller zu Schadensersatz und Unterlassung verurteilt. Es drohte ein Verkaufsverbot für zahlreiche Ford-Modelle in Deutschland.

Bei der Entscheidung hat auch eine Rolle gespielt, dass der Autohersteller sich nach Ansicht des Gerichts nicht wirklich um eine Lizenz bemüht habe. Die Kammer habe nicht feststellen können, dass Ford "hinreichend lizenzwillig" sei, hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung. Das untermauerten die Richter unter anderem damit, dass Ford ein Lizenzangebot von Avanci ausgeschlagen und kein Gegenangebot unterbreitet hatte.

Nun also doch: "Avanci heißt Ford, einen der weltweit führenden Automobilhersteller, herzlich willkommen", lässt sich CEO Kasim Alfalahi in einer kurzen Mitteilung zitieren. Avanci ist ein Patentpool, in den zahlreiche Inhaber von standardrelevanten Patenten für 2G, 3G, 4G und auch 5G ihre Schutzrechte einbringen. Zu den Lizenzgebern gehören Schwergewichte wie Nokia, Siemens oder Panasonic.

Avanci vermarktet die Schutzrechte dann im Bündel an die Fahrzeughersteller – für 15 US-Dollar pro Fahrzeug. "Ford ist der fünfte US-amerikanische Automobilhersteller, der sich der wachsenden Liste von Unternehmen anschließt", sagte Alfalahi. Zu den Lizenznehmern gehören inzwischen auch die drei großen deutschen Autohersteller. Nach BMW und Volkswagen hatte im Dezember 2021 auch Daimler eine Vereinbarung mit Avanci geschlossen – nach einer jahrelangen Patentschlacht mit Nokia.

Während eine Lizenzgebühr von 15 US-Dollar angesichts eines Neufahrzeugpreises von 20.000 Euro und mehr nicht viel scheint, steckt hinter den harten Auseinandersetzungen um Patentrechte ein Grundsatzstreit: Bemisst sich die Lizenzgebühr am Preis des Endgeräts (hier: Auto), oder des Bauteils, das die strittige Funktion zur Verfügung stellt, und welcher Hersteller ist für die Lizenzierung zuständig?

Es ist einem Sonderweg des deutschen Patentrechts geschuldet, dass sich Patentinhaber in Deutschland aussuchen können, wen sie vor Gericht zerren – mit hohem Risiko für die Hersteller. "Nur in Deutschland sind diese Art Unterlassungsklagen möglich", betont der Patentexperte Roman Bonn, der beim Zulieferer Continental die Abteilung für gewerblichen Rechtsschutz leitet. Diese Verfahren zeigten, "dass wir dringend einen europäischen Rechtsrahmen für standardessentielle Patente brauchen".

Zuletzt hatte Daimler in einem Patentstreit mit Nokia die Chance, diese Grundsatzfrage vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen. Das Düsseldorfer Landgericht hatte in einem Verfahren den EuGH hinzugezogen. Befasst hat sich das höchste europäische Gericht mit dem Fall dann aber nicht mehr: Im Dezember 2021 hat Daimler die strittigen 4G-Lizenzen von Avanci erworben.

(vbr)