Made in Germany Zwei: Junge Kunst aus Deutschland

Während in Kassel bald die Weltkunst im Mittelpunkt steht, richtet Hannover den Blick auf Zeitgenössisches aus Deutschland. Made in Germany Zwei zeigt Fotografien, Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Installationen, Video-, Film- und Videoarbeiten.

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Von
  • Dr. Jürgen Rink

Sven Johne: Leipzig aus der 59-teiligen Serie Following the Circus, 2011

(Bild: Courtesy Klemm's, Berlin; Christian Nagel, Antwerpen/Berlin/Köln© VG Bild-Kunst, Bonn 2012)

Zum zweiten Mal setzt Hannover einen Kontrapunkt zur Documenta. "Made in Germany Zwei " will mit 44 Künstlern einen Querschnitt durch die junge deutsche Kunst zeigen, ganz im Unterschied zur Weltschau der zeitgenössischen Kunst in Kassel. Kuratoren aus den drei Häusern in Hannover für zeitgenössische Kunst, dem Sprengel Museum, der Kestner Gesellschaft und dem Kunstverein wählten aus mehreren hundert Künstlern 44 Positionen aus. Die meisten Künstler sind zwischen 30 und 40 Jahre alt, etwa die Hälfte ist im Ausland großgeworden, alle leben sie in Deutschland.

Neben Malerei, Installationen und digitalen Medien ist auch die Fotografie vertreten: Sven Johne stellt eine Serie von kleinformatigen Bildern aus, die leere, trostlose Flächen zeigen. Johne ist einem Wanderzirkus nachgereist und hat die bereits verlassenen Auftrittsorte fotografiert. In einem Video, das zu der Installation gehört, preist es Zirkussensationen an, ohne dass eine davon gezeigt wird – leere Versprechungen.

Wer offenkundig Provokantes, skandalträchtige Happenings oder politische Parolen erwartet, wird enttäuscht. Während die aktuelle Berlin Biennale so politisch ist wie keine vor ihr, wird in Hannover allenfalls subtil Gesellschaftskritik geübt. "Die Berlin Biennale ist sehr dokumentarisch, an der Realität klebend", meint der Kunstvereins-Direktor und Kurator, René Zechlin. "Bei uns gibt es die Hinwendung zur Fiktion, zum Theatralen. Das heißt aber nicht, dass dies nichts mit der Realität zu tun hat."

Jan Paul Evers Schwarzer Schwan I, 2009

(Bild: Privatsammlung Düsseldorf Courtesy Galerie Max Mayer, Düsseldorf)

So findet Agata Madejska Ihre Motive in der Stadt – Monumente, die so aufgenommen sind, dass sie ihre repräsentative Funktion verlieren. Sie sind kaum noch als Monumente erkennbar. Und die zum Teil großformatigen Schwarzweiß-Fotografien von Jan Paul Evers wirken wie Zeichnungen, strenge geometrische Formen, aber auch ein Südseebild. An vielen weiteren Ausstellungswänden ist künstlerische Fotografie zu sehen, darunter von Mike Bouchet, Cyprien Gaillard und Ricarda Roggan.

Shannon Bool aus Kanada, die wie viele andere Künstler der Ausstellung in Berlin lebt, stellt zwei Fotogramme mit Zebras aus. Der Titel "Gaza Zebra" gibt einen Hinweis auf das Werk: Im Zoo in Gaza starb das Zebra, ein Neues war wegen geschlossener Grenzen nicht aufzutreiben, also bemalte man einen Esel.

Viele Werke erschließen sich erst aus der Kenntnis solcher Zusammenhänge. Das Grundproblem vieler zeitgenössischer Werke begegnet dem Besucher der Schau auch hier: Bildung allein reicht nicht, um mit dem Kunstwerk in Dialog treten zu können. Erst mit dem notwendigen Spezialwissen über den Kontext, Entstehungsprozess oder weitere Aspekte von Kunst und Künstler erschließt sich das Werk. Alle drei beteiligten Häuser – das Sprengel Museum Hannover, die Kestner Gesellschaft und der Kunstverein Hannover – stellen deshalb erfreulicherweise Audio-Guides zur Verfügung, die im Eintrittspreis bereits enthalten sind.

Geöffnet sind die Ausstellungen täglich und an Feiertagen von 12 bis 18 Uhr, Montags ist geschlossen. Es gelten zusätzliche Öffnungszeiten der jeweiligen Häuser.Shuttle-Busse verkehren zwischen den Ausstellungsstätten.

Zur Ausstellung stellt der Madsack-Verlag innerhalb seiner "Sonntags-App" eine kostenlose "In-App" zur Verfügung, die Informationen, Interviews, einen Audio-Guide und Berichte über Atelierbesuche enthält. Achtung: Diese In-App ist über 200 MByte groß und die Ladezeit entsprechend.

Zur Ausstellung erschien ebenfalls ein Katalog: "Made in Germany Zwei. Internationale Kunst in Deutschland", Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 272 Seiten, 28 Euro, 35 Euro im Buchhandel, ISBN 978-3-86984-334-6 (keh)